Maul- und Klauenseuche Dauern Handelsbeschränkungen noch Monate an?

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Nach dem bestätigten Erstausbruch der Maul- und Klauenseuche (MKS) im Landkreis Märkisch-Oderland gibt das zuständige Landwirtschaftsministerium weiter keine Entwarnung. Derweil wird in der Agrar- und Ernährungswirtschaft weiter über die befürchteten wirtschaftlichen Folgen diskutiert.

Mittwoch, 15. Januar 2025, 10:50 Uhr
Thomas Klaus (mit dpa)
Die Übertragungswege der MKS sind auch in dem konkreten Fall noch ungeklärt (Symbolbild). Bildquelle: Getty Images

Das brandenburgische Landwirtschaftsministerium bestätigt: Nach dem MKS-Erstausbruch im Landkreis Märkisch-Oderland gibt es nach dem aktuellen Stand im unmittelbaren Umkreis von einem Kilometer keine weiteren positiven Befunde des Virus, aber die Analyse der Proben sei noch nicht abgeschlossen. Entwarnung könne noch nicht gegeben werden, so die Ministerin Hanka Mittelstädt. Das Tiertransportverbot in Brandenburg wurde bis einschließlich Freitag, 17. Januar, verlängert.

Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche war am vergangenen Freitag auf einem Büffel-Betrieb in Hönow bei Berlin festgestellt worden.

Deutscher Bauernverband spricht von dramatischem Schaden

In der Landwirtschaft und der restlichen Ernährungswirtschaft sind Sorge und Verunsicherung nach wie vor groß. Es geht auch um viel Geld. Der Verband der Fleischindustrie teilt auf Anfrage mit, dass in den ersten zehn Monaten des vergangenen Jahres knapp zwei Millionen Tonnen Schweine- und Rindfleisch in die EU und in Drittländer exportiert wurde. Der Umsatz allein in den Drittländern beläuft sich demnach im Jahr auf rund eine Milliarde Euro. Die wichtigsten Exportländer sind Großbritannien, Südkorea und Vietnam.

Joachim Rukwied, Präsident des Deutschen Bauernverbandes, geht davon aus, dass die Handelsbeschränkungen für die Agrarbranche noch Monate andauern werden. Für ein realistisches Szenario hält er ungefähr sechs Monate. Im Best Case wären es drei Monate. Allein nach Großbritannien belaufe sich das Exportvolumen jährlich auf 850 Millionen Euro.

Auch Milchindustrie befürchtet deutliche Einschnitte

Der Milchindustrie-Verband kommentiert: „Die wirtschaftlichen Folgen werden sich in nächster Zeit zunehmend herauskristallisieren. Über die Auswirkungen auf den Milchmarkt können wir derzeit noch keine verlässlichen Zahlen bieten. Teils sind deutliche Einschnitte bei Molkereiunternehmen zu befürchten.“

Deutschland exportiere rund 50 Prozent seiner Milch und Milchprodukte. Von diesen 50 Prozent gehen etwa 18 Prozent in den direkten Export mit Drittländern außerhalb der EU. Dies unterstreicht aus Verbandssicht, wie wichtig ein „zielgerichtetes und konstruktives Vorgehen zwischen Politik, Ministerium und Wirtschaftsbeteiligten“ ist.

Europäische Kommission schafft Grundlage für Regionalisierung

Unterdessen hat die Europäische Kommission heute in einem Durchführungsbeschluss die von Brandenburg bereits eingerichteten 3- beziehungsweise 10-Kilometer-Zonen bestätigt und damit die Grundlage für die Regionalisierung geschaffen. Dazu erklärt Cem Özdemir, Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft: „Bei den Nachrichten der vergangenen Woche ist die Entscheidung aus Brüssel ein Lichtblick für die Landwirtinnen und Landwirte. Die Kommission hat den von Brandenburg gesperrten Bereich nicht vergrößert. Fleisch und auch Milchprodukte, die außerhalb der Sperrzone erzeugt wurden, können damit weiter in der EU gehandelt werden.“

Ziel müsse weiterhin sein, eine Ausbreitung des Virus zu verhindern, um die Tiere zu schützen und Schäden für unsere Land- und Lebensmittelwirtschaft zu minimieren. 

Özdemir will auf Grüner Woche für Regionalisierung werben

Der Minister verwies darauf, dass einige Länder außerhalb der EU ihre Märkte wegen der Tierseuche für Fleisch aus ganz Deutschland geschlossen haben. Er werde auch Gespräche mit Amtskollegen bei der Agrarmesse Grüne Woche in Berlin nutzen, um für die Regionalisierung zu werben, also dafür, dass Produkte aus dem übrigen Deutschland außerhalb der Sperrzone normal exportiert werden könnten. 

„Der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche in Brandenburg bedroht die Existenz der tierhaltenden Betriebe, insbesondere in den derzeit als Sperrbezirk und Beobachtungsgebiet ausgewiesenen Gebieten.“ Das hat der Landesbauernverband Brandenburg (LBV) unterstrichen. Er lädt deshalb heute zu einer Informationsveranstaltung für alle interessierten Landwirte ein.

Bauernverband will über Mehraufwendungen reden

LBV-Präsident Henrik Wendorff betont: „Wir haben im Zuge der Afrikanischen Schweinepest schmerzhaft eine Vielzahl schweinehaltender Betriebe verloren, ohne dass auf ihren Höfen jemals die ASP ausgebrochen war. Ein für lange Zeit ungelöstes Problem waren dabei die seuchenbedingten Mehraufwendungen für die Betriebe. Darüber müssen wir heute leider wieder reden, jetzt, wo ähnliche Verwerfungen drohen.“ Auf dem Weg aus der Seuche dürften nicht noch mehr Tierhalter verloren werden, so der Präsident.

Als Mehraufwendungen kommen zum Beispiel Kosten für die zusätzliche Aufstallung und Fütterung der verbliebenen Tiere, für die möglichen längeren Transporte (wenn sie dann wieder erlaubt sind) oder zusätzliche Untersuchungen zu den abnehmenden Schlachthöfen in Betracht.

Wendorff: Es geht um Existenzen von Menschen

Wendorff: „Unser Appell an alle politischen Entscheidungsträger ist es, schnellstmöglich Ruhe in die Situation zu bekommen, damit es nicht zu einer unbegründeten Blockadehaltung von verarbeitenden Unternehmen kommt. Dabei müssen die Behörden weiterhin klar und deutlich mit allen Marktbeteiligten kommunizieren. Auf der anderen Seite sind schnelle und unbürokratische Schadensersatzzahlungen für die Landwirte in den Restriktionszonen erforderlich.“ Henrik Wendorff ergänzt: „Es ist eine schwierige Zeit, und es geht um Existenzen von Menschen. Die Tierhalterinnen und Tierhalter stehen zur Seuchenbekämpfung, dürfen hierbei aber nicht alleingelassen werden.“

MKS ist eine hoch ansteckende Viruserkrankung bei Klauentieren wie Rindern, Schafen, Ziegen oder Schweinen. Betroffene Tiere zeigen häufig hohes Fieber und Bläschenbildung im Maul- und Klauenbereich.

Deutschland und die EU galten zuvor als amtlich anerkannt frei von MKS; die letzten Fälle in Deutschland waren 1988 aufgetreten. Die Seuche kommt nach wie vor häufig in der Türkei, im Nahen Osten und in Afrika, in vielen Ländern Asiens und in Teilen Südamerikas vor.

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