Die CDU im Niedersächsischen Landtag fordert eine Notfallzulassung von Insektiziden zum Schutz der Ernte heimischer Kartoffeln und Zuckerrüben vor gefährlichen Erregern. Diese Erreger überträgt die Schilf-Glasflügelzikade. Die Lebensmittel Praxis berichtete ausführlich über das Thema.
Marco Mohrmann, agrarpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, betonte die Dringlichkeit der Lage. „Die Schilf-Glasflügelzikade ist ein Problem und sie wird auch bei uns zu einem Problem“, sagte er. „Deshalb müssen wir uns sofort richtig aufstellen.“
Die von der Zikade übertragenen bakteriellen Krankheitserreger machen Kartoffeln und Zuckerrüben unverkäuflich und ungenießbar, obwohl sie für Menschen ungefährlich sind. Einige wirksame Insektizide haben bereits eine Zulassung im Weinbau, jedoch bislang nicht für den Kartoffel- oder Zuckerrübenanbau.
Landesregierung warnt vor massiven wirtschaftlichen Folgen
In Niedersachsen, dem größten deutschen Kartoffelanbaugebiet und der größten Anbauregion für Zuckerrüben, fanden Experten die Zikade bisher nur vereinzelt. Bei einem flächendeckenden Monitoring im vergangenen Jahr entdeckten sie lediglich drei Einzeltiere in den Landkreisen Helmstedt und Goslar, wie aus einer Antwort der Landesregierung auf eine Anfrage Mohrmanns hervorgeht.
Trotz der zurzeit geringen Verbreitung warnt die Landesregierung: „Bei der Schilf-Glasflügelzikade und den von ihr übertragenen Krankheiten handelt es sich um eine besonders außergewöhnliche und sehr besorgniserregende Befallssituation.“ Eine Ausbreitung könnte massive wirtschaftliche Folgen haben. Die Regierung erwartet eine weitere Verbreitung in den kommenden Jahren, auch wenn niedrigere Temperaturen und Wind das Tempo verlangsamen könnten.
Regulär zugelassenes Insektizid gibt es derzeit nicht
Zur Bekämpfung des Problems diskutieren Experten verschiedene Maßnahmen. Die Landesregierung erwähnt in ihrer Antwort Schutznetze für die Kulturen, weist jedoch auf deren hohe Kosten hin. Ein regulär zugelassenes, wirksames Insektizid gegen die Zikade gibt es derzeit nicht. Die Regierung betont, dass selbst bei einem Einsatz von Insektiziden ein vollständiger Schutz unwahrscheinlich sei, da der Zeitraum des Zikaden-Flugs sehr lang dauere und die Übertragung der Erreger sehr schnell erfolge.
Mohrmann sieht den Einsatz von Insektiziden nur als kurzfristige Lösung. „Langfristig müssen wir uns für sogenannte neue Züchtungsmethoden öffnen“, erklärte er.
In Süddeutschland bereits teils massive Ertragseinbußen
Mohrmann verweist auf Verfahren wie die sogenannte Genschere Crispr/Cas, die laut der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung die Züchtung von krankheitsresistenten Nutzpflanzen präziser, schneller und günstiger machen könnten. Allerdings sehen Kritiker in dieser Methode eine weitere Form ungewollter Gentechnik, während Befürworter von einer Revolution in der Pflanzenzüchtung sprechen.
Das Landvolk Niedersachsen warnte bereits im November des Vorjahres vor der existenziellen Bedrohung des Anbaus durch die Zikade. In Süddeutschland verzeichneten Landwirte bereits teils massive Ertragseinbußen. Auch der Deutsche Bauernverband fordert die Zulassung von Insektiziden und Saatgutbehandlung zur Bekämpfung des Problems.