Der EU-Agrar- und Fischereirat hat auf die Tagesordnung seiner heutigen Sitzung erneut die Einführung verpflichtender Verträge zwischen Molkereien und Milchbauern gesetzt. Der Rat als Gremium der Agrarminister in der EU tagt in Brüssel.
Hintergrund: Die EU-Kommission will Molkereien und Milchviehbetriebe verpflichten, vor der Ablieferung der Milch einen schriftlichen Vertrag abzuschließen. Dieser soll die Liefermenge, den Preis, die Qualität und die Dauer der Vereinbarung festlegen.
Eine Umsetzung des Vorschlags gilt derzeit allerdings als unwahrscheinlich. Das liegt in hohem Maße an Deutschland.
Özdemir-Verordnungsentwurf war noch nicht im Kabinett
Ein Verordnungsentwurf von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zur Umsetzung des Vorschlags der EU-Kommission, der Anfang Dezember vorgelegt wurde, hat es bislang nicht ins Bundeskabinett und in den Bundesrat geschafft. Deutschland steht bei dem Thema also auf der Bremse.
Die Landwirte in Deutschland sind in der Frage gespalten. Landvolk-Vizepräsident Frank Kohlenberg lehnt die Vertragspflicht ab. „Eine solche Knebelung schadet uns Milchbauern, weil nicht mehr auf aktuelle Märkte reagiert werden könnte und zum Beispiel Hochpreisphasen am Weltmarkt nicht sofort beim Landwirt ankommen“, erklärte er.
Landvolk warnt vor zusätzlicher Bürokratie
Das Landvolk sieht keine Nachfrage nach einer solchen Vertragspflicht. Schon jetzt könnten Landwirte, die bei einer Molkereigenossenschaft Mitglied sind, solche Verträge anregen. Die Praxis zeige jedoch, dass es dafür keine Mehrheiten gebe.
Das Landvolk warnt vor zusätzlicher Bürokratie durch die Vertragspflicht. Die Molkereien könnten zudem tendenziell niedrige Erzeugerpreise festlegen, um sich gegen Markteinbrüche abzusichern, so der Verband. Bei guter Nachfrage kämen die besseren Preise erst mit Verzögerung bei den Erzeugern an. Der Verband will, dass die Entscheidung über Preis- und Mengenfestlegungen weiterhin bei den Landwirten liegt.
AbL: Erlöse nie hoch genug für Rücklagenbildung
Hingegen unterstützen die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) und der Bund deutscher Milchviehhalter den Vorschlag. Gemeinsam mit Umweltorganisationen wie dem BUND, der Deutschen Umwelthilfe und dem Deutschen Tierschutzbund haben sie Bundeskanzler Olaf Scholz in einem offenen Brief aufgefordert, er solle sich für die Vertragspflicht einsetzen.
Der niedersächsische AbL-Landesvorsitzende Ottmar Ilchmann kritisiert, dass die Erzeugerpreise im derzeitigen System über längere Zeiträume unterhalb der Kostendeckungsschwelle lägen. „Während der Krisen ist das besonders krass, aber auch in den besseren Zeiten geht es nie darum, dass die Milchpreise eine Kostendeckung ermöglichen“, so Ilchmann. Die Erlöse seien auch in Phasen mit guten Erzeugerpreisen nie so hoch, dass die Betriebe große Rücklagen bilden könnten.