Die deutschen Winzer ernten in diesem Jahr deutlich weniger Trauben als im Vorjahr. Die Weinlese fällt mit voraussichtlich 7,9 Millionen Hektolitern Weinmost so niedrig aus wie seit 2017 nicht mehr. Das teilt das Deutsche Weininstitut mit. Dies entspricht einem Rückgang von rund neun Prozent gegenüber 2023.
An der Mosel kleinste Erntemenge seit 50 Jahren
Die Erträge liegen damit auch etwa zehn Prozent unter dem zehnjährigen Mittel von 8,8 Millionen Hektolitern. Einen ähnlich niedrigen Ertrag verzeichneten die Winzer zuletzt 2017 mit 7,5 Millionen Hektolitern.
Besonders stark betroffen sind die östlichen Anbaugebiete. In Sachsen brach die Erntemenge um 70 Prozent ein, im Weinbaugebiet Saale-Unstrut sogar um 73 Prozent. Auch die Winzer an der Ahr verzeichnen mit einem Minus von 64 Prozent außergewöhnlich hohe Verluste. An der Mosel erwarten die Winzer nach großflächigem Hagelschlag im Mai die kleinste Erntemenge seit 50 Jahren. Der Rückgang beträgt dort 30 Prozent.
Rheinhessen und Pfalz mit stabilen Erträgen
Die beiden größten deutschen Weinbaugebiete Rheinhessen und Pfalz blieben weitgehend verschont. In der Pfalz sank die Erntemenge um vier Prozent. Rheinhessen verzeichnet als einziges der 13 deutschen Anbaugebiete sogar ein leichtes Plus von sieben Prozent.
Für die starken Ertragseinbußen sind nach Angaben des Deutschen Weininstituts vor allem Wetterextreme wie Spätfröste, starke Niederschläge und Hagel verantwortlich. Das regenreiche Jahr werde aber „extraktreiche Weine mit ausgeprägter Mineralität“ hervorbringen. Die lange Reifephase habe sich zudem positiv auf die Aromabildung in den Beeren ausgewirkt.
Zu hohe Produktionskosten und sinkender Konsum
Hinzu kommt, dass viele Winzer ihre Produktionskosten nicht mehr decken können. Der Fassweinpreis in der Pfalz liegt aktuell bei etwa 70 Cent pro Liter, während die Produktionskosten mindestens 1,20 Euro betragen, wie Professorin Simone Loose von der Hochschule Geisenheim University berichtet. Auch bei Weingütern, die direkt an Endverbraucher und Handel verkaufen, sinkt die Nachfrage.
„Trotz eines kleineren Jahrgangs 2024 bleibt der Preisdruck auf dem deutschen Markt hoch, da vielerorts noch große Weinbestände vorhanden sind“, erläutert Loose. Der Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbands, Christian Schwörer, schlägt als Lösung sogenannte Rotationsbrachen vor. Nach der Rodung eines Weinbergs könnten Winzer die Flächen sechs Jahre lang für Blühstreifen nutzen. Allerdings müsste die EU-Förderung dafür von derzeit 200 Euro auf etwa 3000 Euro pro Hektar steigen.
Der Weinkonsum in Deutschland geht insgesamt zurück. Junge Menschen trinken weniger Wein, Ältere sollen aus gesundheitlichen Gründen oft weniger trinken. Das Deutsche Weininstitut verweist darauf, dass in Deutschland doppelt so viel Wein konsumiert wie produziert wird. Von 100 gekauften Flaschen stammen allerdings nur 42 aus deutschen Regionen.
„Der Winzer von heute und morgen muss nicht nur ein guter Weinmacher sein – er muss auch Unternehmerqualitäten mitbringen“, betont Loose. Eine gut gepflegte digitale Kundendatenbank sei heute wertvoller als die Rebfläche selbst. Höhere Preise lassen sich nach Einschätzung der Experten allerdings nur schwer durchsetzen. „Wir werden es nicht schaffen, dass die Leute, die jetzt im Supermarkt zwei, drei Euro ausgeben, plötzlich acht, neun Euro für eine Flasche ausgeben“, sagt Schwörer.