2023 wurden die knapp 400.000 deutschen Landwirte von mehr als 240.000 Saisonarbeitskräften unterstützt – vom Spargelstechen im April bis zur Weinlese im Oktober. Die mobilen Arbeitskräfte kommen zu fast 100 Prozent aus dem osteuropäischen Ausland.
Initiativen der Bundesregierung und auf EU-Ebene
Ein Report der Forschungsabteilung Prekarisierung, Regulierung, Arbeitsqualität (PreRA) am Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE) untersucht, wie sich die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft seit der Corona-Pandemie verändert haben und ob die verstärkte Regulierung durch neue Gesetze die Situation der migrantischen Beschäftigten verbessert hat.
Als zentrale Ergebnisse fassen die Wissenschaftler Dr. Georg Barthel und Dr. Conrad Lluis nach Interviews mit Saisonarbeitern und Experten sowie der Auswertung von Regulierungsprojekten und Gesetzen zusammen: Die Pandemie habe sich als Treiber für den Reformprozess der Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft erwiesen. Sowohl die Bundesregierung als auch die EU-Institutionen (vor allem das EU-Parlament) hätten Initiativen ergriffen. Diese sollten grundlegende Standards bei den Arbeitszeiten, der Entlohnung, der Sozialversicherung und der Unterbringung in der deutschen wie europäischen Landarbeit erreichen.
Viele Befragte mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden
Doch Barthel und Lluis behaupten, es könne „allenfalls von partiellen Korrekturen“ die Rede sein. Die Arbeitsbedingungen der Saisonarbeiter seien weiterhin „prekär“. Dabei umfassten die Mängel unter anderem Niedriglöhne, häufige Verstöße gegen Arbeitszeitgesetze, mangelhafte und überteuerte Unterkünfte, hohen Arbeitsdruck, eine oftmals unzureichende Krankenversicherung und eine „nur bruchstückhafte Einbindung in die sozialen Sicherungssysteme“, etwa im Hinblick auf den Erwerb von Rentenansprüchen.
Dr. Georg Barthel meint: „Neue rechtliche Regelungen bedeuten nicht, dass diese auch konsequent durchgesetzt werden. Damit Letzteres erfolgt, bedarf es regelmäßiger Kontrollen, aber auch eines funktionierenden Systems der Industriellen Beziehungen, also starker Gewerkschaften und aktiver Betriebsräte.“ Beides sei in der Landwirtschaft „sehr schwach ausgeprägt“.
Barthel räumt ein: „Saisonkräfte in der Landwirtschaft messen die Arbeitsbedingungen meist nicht am Lohnniveau und den Mindeststandards in Deutschland, sondern vergleichen diese mit den Gegebenheiten ihrer osteuropäischen Herkunftsländer. Folglich zeigten sich viele Befragte mit ihren Arbeitsbedingungen zufrieden.“