„Je früher sich die Unternehmen der verladenden Wirtschaft ihre Transportkapazitäten vertraglich sichern, desto erholsamer werden die Weihnachtsfeiertage.“ Mit diesen Worten stimmt Präsident Professor Dr. Dirk Engelhardt vom Bundesverband Güterkraftverkehr, Logistik und Entsorgung gegenüber der LP grundsätzlich den Warnungen des Logistik-Experte Gunnar Gburek vor massiven Problemen bei den Transportkapazitäten zu. Wer auf Nummer Sicher gehen wolle, so Engelhardt, der sollte 2024 seinen Weihnachtsversand „besonders frühzeitig angehen“.
Kampf um Transportkapazitäten kurz vor Weihnachten
Gburek, Head of Business Affairs beim Freight-Tech-Unternehmen Timocom, hatte prognostiziert: Der Einzelhandel wird in den Wochen vor Weihnachten um Transportkapazitäten kämpfen müssen. Mit deutlich höheren Preisen muss gerechnet werden. Außerdem werden einige Waren gar nicht oder zu spät angeliefert werden.
Die Firma Timecom bietet einen Marktplatz für den europäischen Straßengüterverkehr an, in dem 55.000 Kunden täglich bis zu eine Million internationale Fracht- und Laderaumangebote einstellen.
Bereits das gesamte Jahr 2024 über beobachtet Gburek auf dem Spotmarkt für LKW-Transporte eine hohe Nachfrage nach Transportkapazitäten. Dem stehe ein immer geringer werdendes Angebot an Frachtkapazitäten gegenüber.
Allerdings sei die Nachfrage auf dem Spotmarkt nicht aufgrund wirtschaftlicher Entwicklung so hoch, sondern weil viele Spediteure in den vergangenen Monaten eigene Kapazitäten abgebaut hätten, die sie nun auf dem freien Transportmarkt beschaffen müssten.
Transport ist für die Wirtschaft essenziell
Im laufenden Jahr wurden in dem Marktplatz des Unternehmens europaweit insgesamt rund 18 Prozent weniger LKW-Kapazitäten angeboten als im selben Zeitraum 2023. Unter den Transportunternehmen aus Deutschland betrug der Rückgang an Laderaumangeboten rund 14 Prozent.
Gunnar Gburek: „Werden sich die Zuversicht in stabile Rahmenbedingungen und die infrastrukturellen Gegebenheiten 2025 nicht ändern, droht auch die Gefahr, dass ein möglicher wirtschaftlicher Aufschwung anhand der fehlenden Kapazitäten schnell wieder abgewürgt wird. Transport ist für die Wirtschaft essenziell. Eine Rechnung kann man nur stellen, wenn die verkauften Waren beim Empfänger angekommen sind.“
Fahrer oder Fahrzeug - eines von beiden fehlt immer
Die Gründe für die Engpässen bei den Lkw-Kapazitäten habe Timocom „sehr zutreffend beschrieben“, bestätigt Engelhardt. Er führt aus: „Die Knappheit bei den Lkw-Kapazitäten kommt sowohl von der Fahrzeugseite, als auch von der Fahrerseite her.“ So seien laut Kraftfahrt-Bundesamt in den ersten zehn Monaten des laufenden Jahres 23,2 Prozent weniger Sattelzugmaschinen neu zugelassen worden als im Vorjahr. Diese Fahrzeuge machten aber den Löwenanteil im Straßengüterverkehr aus.
Engelhardt weiter: „Hinzu kommt der nach wie vor exorbitant hohe Fahrermangel – es fehlen jenseits der 100.000 Lkw-Fahrer. Bei vielen unserer Mitgliedsunternehmen heißt es immer öfter: Fahrer oder Fahrzeug – eines von beiden fehlt immer.“
Konkrete Forderungen an die zukünftige Bundesregierung
Der Verbandspräsident betont: „Wir möchten es nicht beim Beklagen des Ist-Zustandes belassen, sondern treten mit ganz konkreten Forderungen auch an die zukünftige Bundesregierung heran, um die Situation endlich spürbar zu verbessern.“ Unter anderem fordert der Verband eine EU-weit einheitliche Liste von Staaten, die identische oder ähnliche Anforderungen an den Erwerb der Fahrerlaubnis und der Berufsqualifikation haben. Erfolgreiche Abschlüsse sollten dann weitestgehend prüfungsfrei in der Europäischen Union anerkannt werden.
Ausbildungsrichtlinie muss praxisrelevanter werden
Erforderlich sei ein EU-Programm zur Gründung von Ausbildungszentren in der Europäischen Union. Es soll Drittstaaten ermöglicht werden, nach europäischen Standards Fahrer dort auszubilden (inklusive Führerscheinerwerb und Berufskraftfahrer-Qualifikation) und auf dem EU-Arbeitsmarkt einzusetzen.
Die Richtlinie für die Ausbildung von Berufskraftfahrern sollte aus BGL-Sicht überarbeitet werden, damit diese praxisrelevanter werde. Eine flexiblere Weiterbildungspflicht für Aushilfskräfte, wie zum Beispiel Rentner, zum Abfedern von Auftragsspitzen wäre ebenso sinnvoll wie eine Überprüfung des 24-Stunden-Zeitraums zur flexibleren Gestaltung der Ruhezeiten: Der individuelle Biorhythmus müsse besser beachtet werden.
Mangel an Parkplätzen drängendes Problem
Darüber hinaus verlangt der BGL verstetigte EU-Fördermaßnahmen für Parkplätze entlang der Autobahnen und der für den grenzüberschreitenden Verkehr relevanten Bundesstraßen; der Zugangs zu den Fördermitteln müsse angesichts eines europaweiten Mangels von 100.000 Parkplätzen einfacher werden.
Die Mindestausstattung von Lkw-Fahrerhäusern brauche EU-weit verbindliche Anforderungen. Und die Rückkehr zu früheren Führerschein-Regelungen würde nach Auffassung des Verbandes und seines Präsidenten ebenfalls helfen. Gemeint ist die Erlaubnis, mit dem Pkw-Führerschein auch Fahrzeuge bis 7,5 Tonnen fahren zu dürfen. Ferner sollte der Lkw-Führerschein wie der Pkw-Führerschein durchgehend dauerhaft gültig sein.