Weil die EU-Kommission Dokumente zum Nutri-Score geheim hält, wurde sie von der Europäischen Bürgerbeauftragten Emily O´Reilly kritisiert. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hatte die Veröffentlichung beantragt. Doch die Kommission lehnte eine vollständige Herausgabe ab. Dies stelle einen „Missstand in der Verwaltungstätigkeit dar“, kritisierte die EU-Ombudsstelle in einer offiziellen Erklärung. „Angesichts der klaren Rechtsprechung, die die Organe der Union verpflichtet, auf legislative Dokumente ein besonders hohes Maß an Transparenz anzuwenden“, sei die Argumentation der Kommission „unzureichend“. Das schrieb die Europäische Bürgerbeauftragte.
Zentraler Baustein im Kampf gegen Adipositas
Bereits im Februar hatte die Bürgerbeauftragte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen aufgefordert, die Dokumente zu veröffentlichen. Bislang folgte die Kommission dem jedoch nicht.
Die zuständige Foodwatch-Referentin Luise Molling fragt: „Was will die EU-Kommission verheimlichen? Warum gibt es noch immer keinen Entwurf für eine europaweite verbindliche Nährwertkennzeichnung? Die EU-Kommission schuldet uns Bürgern eine Erklärung.“
Die Verbraucherorganisation sprach sich erneut dafür aus, den Nutri-Score als europaweit verpflichtende Nährwertkennzeichnung einzuführen. Dies wäre ein zentraler Baustein im Kampf gegen Adipositas und andere nicht übertragbare Krankheiten. Molling meint: „Die Nutri-Score-Ampel ist von unabhängigen Wissenschaftlern entwickelt, leicht zu verstehen und führt erwiesenermaßen dazu, dass Verbraucher im Supermarkt zu gesünderen Produkten greifen.“
Stellungnahmen für die EU-Kommission nicht bindend
Die EU-Kommission wollte ursprünglich schon Ende 2022 einen Vorschlag für ein EU-weit einheitliches und verbindliches Nährwert-Modell vorlegen. Nachfragen von Foodwatch zu der Verzögerung beantwortete die Kommission nach Foodwatch-Angaben nicht, beziehungsweise nicht komplett – diese Informationen seien „nicht im öffentlichen Interesse“. Foodwatch reichte daher im Dezember 2023 Beschwerde bei der europäischen Ombudsstelle ein. Diese gab Foodwatch Recht.
Allerdings sind die Stellungnahmen nicht bindend für die EU-Kommission.