Galeria Karstadt Kaufhof Vielleicht letzte Chance für Warenhausriesen

Die Gläubiger machen den Weg frei für die Sanierung des angeschlagenen Warenhausriesen. Der Preis dafür ist hoch. Tausende Mitarbeiter verlieren ihren Arbeitsplatz und viele Lieferanten und Vermieter Geld. Der Erfolg ist dennoch ungewiss.

Mittwoch, 02. September 2020, 07:00 Uhr
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: Getty

Mehr als 16.000 Beschäftigte bei Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) können aufatmen: Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern bekommt noch eine Chance. Die Gläubigerversammlung des Warenhauskonzerns stimmte am Dienstag dem von der Unternehmensführung erarbeiteten Insolvenzplan zur Rettung des Traditionsunternehmens mit großer Mehrheit zu und machte damit den Weg frei für die Sanierung der ums Überleben kämpfenden Handelskette.

Durch das Ja der Gläubiger würden weit mehr als 16.000 Arbeitsplätze bei GKK erhalten, sagte der Sachwalter Frank Kebekus. Wäre der Plan abgewiesen worden, hätte dem Warenhausriesen nach seinen Worten die sofortige Liquidation gedroht – und damit der Verlust aller Arbeitsplätze. Nun bestehe eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Insolvenzverfahren schon Anfang Oktober erfolgreich beendet werden könne.

In einem Mitarbeiterbrief betonte GKK-Chef Miguel Müllenbach: „Der heutige Tag ist der Startschuss für einen Neuanfang, denn unser Unternehmen hat jetzt wieder eine gesunde Basis und die Aussicht auf eine sichere Zukunft.“ Der Warenhausriese könne sich voraussichtlich schon im Oktober wieder ohne irgendwelche insolvenzrechtlichen Einschränkungen und schuldenfrei dem Wettbewerb um die Kunden stellen, betonte Müllenbach. „Wir werden dann stärker und besser aufgestellt sein als vor der Corona-Krise, die voraussichtlich schon im Herbst noch einige Unternehmen in Schieflage bringen wird, die sich, anders als wir, hoch verschuldet haben.“

Nach wie vor gibt es auch noch Hoffnung für einige Schließungsfilialen, wie Kebekus betonte. „Aktuell sollen 47 von 171 Filialen geschlossen werden. Damit bleiben deutlich mehr als zwei Drittel der Warenhäuser erhalten und es gibt vielleicht noch eine Hand voll, wo dass allerletzte Wort noch nicht gesprochen ist“, sagte er. Insgesamt hätten viel mehr Filialen erhalten werden können, als ursprünglich erhofft. Dennoch würden durch die Schrumpfung rund 4.000 Mitarbeiter ihren Arbeitsplatz verlieren.

Für die Gläubiger bedeutet die Zustimmung zu dem Insolvenzplan allerdings den Verzicht auf einen Großteil des Geldes, das ihnen der Warenhauskonzern noch schuldet. Insgesamt müssen die Lieferanten, Vermieter und sonstigen Gläubiger nach dpa-Informationen auf mehr als zwei Milliarden Euro verzichten.

Für die Gläubiger gab es trotz der hohen finanziellen Einbußen kaum eine andere Wahl, als dem Plan zuzustimmen. Denn bei einer Ablehnung des Insolvenzplans hätten sie wohl überhaupt nichts von ihrem Geld wiedergesehen. Bei einer Weiterführung können sie dagegen – auch durch einen dreistelligen Millionen-Zuschuss des GKK-Eigentümers René Benko – zumindest damit rechnen, knapp 5 Prozent ihrer Forderungen zu bekommen.

Galeria Karstadt Kaufhof war durch die coronabedingte vorübergehende Schließung aller Filialen in eine schwere Krise geraten und hatte Anfang April Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Das Unternehmen berichtete damals, es erwarte allein in diesem Jahr durch Corona einen Umsatzverlust von einer Milliarde Euro.

Nach den Plänen der Geschäftsführung soll Galeria Karstadt Kaufhof in den nächsten Jahren zum „vernetzten Marktplatz der Zukunft“ ausgebaut werden und als „Anker-Einzelhändler und gesellschaftliche Anlaufstelle in jeder relevanten deutschen Innenstadt“ zu finden sein.

Die Herausforderungen auf dem Weg dorthin sind allerdings beträchtlich. Denn Galeria Karstadt Kaufhof leidet nicht nur unter der Corona-Krise. Schon vor der Pandemie machten der Siegeszug des Onlinehandels und die seit Jahren sinkenden Besucherzahlen in den Innenstädten dem Konzern zu schaffen. Der Warenhausriese selbst macht bislang nicht einmal 5 Prozent seiner Umsätze im Internet. Der Nachholbedarf auf diesem wichtigen Wachstumsmarkt ist groß.

„Ich glaube, das ist die letzte Chance“, sagte denn auch GKK-Betriebsrat Gerhard Löpke bei der Demonstration vor der Gläubigerversammlung. Löpke arbeitet in der Karstadt-Filiale in Dortmund, die in letzter Minute der Schließung entging. Und er blickt durchaus mit gemischten Gefühlen in die Zukunft: „2009 hatten wir bei Karstadt schon einmal einen Insolvenzplan. Der hat damals die Krise nicht beendet. Ich hoffe, dass der neue besser funktioniert.“

Bis Freitag werden in Essen für mehrere Tochtergesellschaften von GKK weitere Gläubigerversammlungen stattfinden. „Ich hoffe sehr, dass wir für den Sportbereich, die Gastronomieeinheiten und unser Lebensmittelgeschäft ein gleiches positives Ergebnis erreichen werden und drücke allen Beteiligten die Daumen“, schrieb Müllenbach.

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