Neuer Aktionsplan des Bundes Geht es ausländischen Shopping-Portalen an den Kragen?

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Die Bundesregierung will Shopping-Portale wie Temu und Shein schärfer kontrollieren. Vor allem deshalb hat sie einen „Aktionsplan E-Commerce“ verabschiedet. Dieser stößt zum Teil jedoch auf Kritik.

Donnerstag, 30. Januar 2025, 07:15 Uhr
Thomas Klaus (mit dpa)
Mehr Regeln für den E-Commerce: Der neue Aktionsplan des Bundes schlägt entsprechende Pflöcke ein. Bildquelle: Getty Images

Mit den Maßnahmen aus ihrem neuen „Aktionsplan E-Commerce“ will die Bundesregierung in erster Linie bestehendes Recht im Onlinehandel gegenüber Anbietern aus Drittstaaten durchsetzen.

Zu den vorgesehenen Maßnahmen gehören unter anderem eine engere Zusammenarbeit und mehr Befugnisse der nationalen und europäischen Marktüberwachungsbehörden und des Zolls. Diese sollen koordinierte Kontrollen durchführen.

Steht 150-Euro-Zollfreigrenze vor der Aufhebung?

Außerdem werde die Aufhebung der 150-Euro-Zollfreigrenze unterstützt, heißt es. Hintergrund: Online-Plattformen wie Temu und Shein nutzen hauptsächlich Luftfracht. Bei Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern müssen für Pakete mit einem Warenwert unter 150 Euro bei der Einfuhr keine Gebühren bezahlt werden. Den Anbietern wird vorgeworfen, dass viele Sendungen falsch deklariert seien, um die Grenze einzuhalten. Diese weisen das zurück.

Experten beklagen, dass der Zoll mit der Kontrolle überlastet sei. Nach Schätzungen der EU-Kommission sind 2024 vier Milliarden Pakete über E-Commerce-Plattformen in die Europäische Union gelangt.

Plattformen sollen mehr Verantwortung übernehmen

Darüber hinaus sollen die Plattformen künftig stärker als bislang für die von ihnen vermittelten Waren verantwortlich sein. Das meint neben dem Umweltschutz auch das Vorgehen gegen manipulierende, irreführende und suchterzeugende Designs, Praktiken und Prozesse sowie unlautere Personalisierungsmaßnahmen.

Die Bundesregierung fordert außerdem die Europäische Kommission auf, den Sanktionsrahmen im Gesetz über digitale Dienste (Digital Services Act) auszuschöpfen, so dass „Geldbußen eine abschreckende Wirkung entfalten können“. Hierzu zählt unter anderem das Einhalten des „Know your business customer“-Prinzips, nach dem Onlinehandelsplattformen nur solche Unternehmen zulassen dürfen, die zuvor Mindestangaben zur Identifizierbarkeit gemacht haben.

Habeck: Hohe europäische Standards müssen für alle gelten

Mit dem Plan werde ein starkes Zeichen für fairen Wettbewerb und den Schutz der Verbraucher vor unsicheren und gefährlichen Produkten gesetzt. Das sagt Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Niemand dürfe einen Vorteil dadurch erlangen, dass er geltendes Recht missachte. Habeck: „Unsere hohen europäischen Standards müssen für alle gleichermaßen gelten.“ Sein Ministerium hatte im Sommer eine erste Version des Plans erarbeitet.

HDE: Auf Kampfansage müssen Taten folgen

Der Handelsverband Deutschland (HDE) begrüßt den Aktionsplan weitgehend. „Unsere Botschaft ist angekommen, wonach die ständigen Regelbrüche von Temu und Shein ein Ende haben müssen.“ Das meint HDE-Chef Alexander von Preen. Auf die Kampfansage müssten nun aber Taten folgen.

Offen bleibt demnach, wie die Gesetzgebung letztlich gegenüber Drittstaatenhändlern durchgesetzt werden kann und welche Konsequenzen ihnen drohen.

HDE stellt Bedingungen an Verkäufer

„In der EU dürfen Produkte nur dann verkehrsfähig sein, wenn der Verkäufer auch einen gesetzlichen Vertreter in der EU benannt hat“, führt von Preen aus. Der verantwortliche gesetzliche Vertreter müsse hierfür als physische, in der EU ansässige Person Ansprechpartner sein und über die notwendige Solvenz verfügen. Es müsse sichergestellt werden, dass an ihn Dokumente in Gerichtsverfahren, entsprechende Verfahren einleitende Abmahnungen, gerichtliche Entscheidungen und sonstige Schriftstücke zugestellt werden sowie Zustellungen im Vollstreckungs- und Vollziehungsverfahren erfolgen könnten. Sei dies nicht der Fall, dürften Pakete dieser Verkäufer nicht mehr an den Endkonsumenten zugestellt werden.

HDE kritisiert neue Regen auch für deutsche Unternehmen

Kritisch sieht der Verband, dass der Plan neue Regeln und Bürokratie auch für deutsche Handelsunternehmen vorsieht. Von Preen findet hier deutliche Worte: „Dieses Draufsatteln bereits sattsam diskutierter Regulierungsphantasien geht völlig am bestehenden Problem mit den Drittstaatenhändlern und -plattformen vorbei. Es wird die Wettbewerbsfähigkeit der im Binnenmarkt ansässigen und rechtskonform agierenden Unternehmen negativ beeinträchtigen.“ Das sei ein Widerspruch zu „allen Lippenbekenntnissen zum Bürokratieabbau“ und stärke am Ende noch die „unlauter agierende Konkurrenz aus den Drittstaaten“. Die Bundesregierung sei gut beraten, sich möglichst zügig wieder von diesen Plänen zu verabschieden.

BEVH: Nicht die ganze Branche in Misskredit bringen

Zum Aktionsplan „E-Commerce“ äußert sich ebenfalls der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH). Daniela Bleimaier, Leiterin Public Affairs Deutschland & Regionales meint: „Positiv ist, dass das Strategiepapier entsprechend unserer Forderung prüft, wie bereits bestehende Gesetze effektiver durchgesetzt werden und die vielen Einzelmaßnahmen besser zusammenwirken können.“

Falsch sei hingegen der Ansatz, „wegen einzelner Anbieter den gesamten E-Commerce in Misskredit zu bringen“. Stattdessen sollte man sich nach Auffassung des Verbandes darauf konzentrieren, die Chancen des Onlinehandels zu nutzen, „um Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft zu fördern“. Schließlich sei der Onlinehandel „die am schnellsten wachsende Drehscheibe für die Aufbereitung und den Weiterverkauf gebrauchter Waren“. Darüber hinaus sei kein Grund dafür vorhanden, Verbraucher im Onlinehandel pauschal als besonders schutzbedürftig einzustufen.

Temu erweitert Qualitätssicherungsprogramm

Unterdessen hat die Plattform Temu ihr Qualitätssicherungsprogramm stark erweitert. Zu diesem Zweck wurde nach Unternehmensangaben die Zusammenarbeit mit weltweit führenden Prüf- und Compliance-Unternehmen wie TÜV SÜD, TÜV Rheinland, SGS und Bureau Veritas deutlich verstärkt.
„Durch den Ausbau dieser Partnerschaften möchte Temu die höchsten Standards für Produktsicherheit und -konformität auf der Plattform sicherstellen“, so ein Temu-Sprecher.

Portale weisen gegen sie gerichtete Vorwürfe zurück

Das neue Qualitätssicherungssystem von Temu umfasst eine umfassende Überprüfung der Händler, algorithmische und manuelle Überprüfungen der Produkte, Stichproben und Sanktionen sowie ein Notice-and-Takedown-Verfahren, das potenzielle Verstöße schnell und transparent aufgreifen soll.

Onlinehändler wie Shein und Temu erfreuen sich hierzulande großer Beliebtheit. Das liegt vor allem an den niedrigen Preisen. Die Portale sind jedoch umstritten. Handelsvertreter, Politiker und Verbraucherschützen kritisieren unter anderem Produktqualität, mangelnde Kontrollen und unfaire Wettbewerbsbedingungen. Die Portale weisen die Vorwürfe zurück.

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