Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel hat seine Nachhaltigkeitsaktivitäten in den vergangenen drei Jahren verstärkt, bleibt aber hinter den Möglichkeiten zurück. Dies zeigt eine aktuelle Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau im Auftrag des Umweltbundesamts (UBA).
Die acht umsatzstärksten Handelsunternehmen Aldi Nord, Aldi Süd, Edeka, Kaufland, Lidl, Netto Markendiscount, Penny und Rewe haben laut der Untersuchung vor allem ihr Nachhaltigkeitsmanagement verbessert. Die Unternehmen analysieren Defizite im Umweltbereich systematischer und setzen sich messbarere Ziele, wie das Umweltbundesamt mitteilte. Einzelne Händler haben nach eigenen Angaben angekündigt, künftig auf Lebensmittel zu verzichten, die per Flugzeug importiert werden.
„Für mehr Nachhaltigkeit im Ernährungssystem ist es sinnvoll und logisch bei dem Schlüsselakteur der Wertschöpfungskette – dem Lebensmitteleinzelhandel – anzusetzen“, sagte Umweltbundesamt-Präsident Dirk Messner laut der Mitteilung. Der Handel übe großen Einfluss auf die Landwirtschaft und das Einkaufsverhalten der Bevölkerung aus.
Umweltbundesamt sieht Defizite bei Beschaffung
Die Studie zeigt allerdings auch deutliche Defizite auf. Bei der Beschaffung von Rohstoffen und Produkten bestehen den Angaben zufolge die größten Schwächen. Zudem fehlt es oft an einer wirksamen Verzahnung zwischen Unternehmensführung und operativem Geschäft. „Allerdings müssen die gestiegenen Umwelt- und Klimaanforderungen auch mit entsprechenden finanziellen Kompensationen durch den Einzelhandel begleitet werden“, betonte Messner.
Händler bleiben bei Tierwohl-Versprechen zurück
Die Unternehmen schneiden im Bereich Umwelt besser ab als bei sozialer Verantwortung und Tierwohl. Eine konsistente Nachhaltigkeitsstrategie, die eine grundlegende Transformation vom Einkauf bis zur Konsumentenansprache umfasst, konnte die Studie bei keinem der untersuchten Unternehmen erkennen. Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass der Handel trotz seiner Marktmacht eine Transformation des Ernährungssystems nicht aus sich heraus anstoßen kann.
Besonders kritisch sehen die Forscher die Kluft zwischen öffentlichem Auftreten und Unternehmenspraxis. So bekennen sich zwar alle untersuchten Händler seit Jahren zu mehr Tierwohl in ihrem Sortiment, bleiben aber wirksame Schritte oft schuldig. Die vom Handel eingeführte Kennzeichnung der Haltungsformen berücksichtige wichtige Aspekte wie Aufzuchtphase, Transport und Schlachtung nicht.
Fehlende interne Anreize für Einkäufer
Die Verbesserungen im Nachhaltigkeitsmanagement habe sich bisher nur unzureichend in den umsetzungsorientierten Handlungsfeldern niedergeschlagen. Zwar ist die Verantwortung für Nachhaltigkeitsthemen bei der Unternehmensführung angesiedelt, es mangele jedoch an wirksamen internen Anreizmechanismen für Einkäufer.
Impulse für Verbesserungen kamen in den vergangenen Jahren laut Studie vor allem durch gesetzliche Vorgaben wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz und den Pakt gegen Lebensmittelverschwendung. Die Wirkung dieser Maßnahmen auf die Weiterentwicklung der Handelsunternehmen konnte die Studie eindeutig nachweisen.