Wer bei der Brot-Produktion Treibhausgase sparen will, der muss aufs Feld. Den höchsten CO₂-Eintrag bei der Herstellung hat die vorgelagerte Wertschöpfungskette, sprich die Herstellung des Düngers und die Stickstoffverluste auf dem Acker. In einem Pilotprojekt, das 2023 startete, wollten Harry-Brot, Düngemittelhersteller Yara Deutschland und die Müller von Bindewald & Gutting wissen: Was bringt der grüne Dünger innerhalb der Wertschöpfungskette Brot? Wie sich jetzt zeigt: eine Menge. Damit gibt es eine erste Antwort auf eine Frage von hoher praktischer Relevanz für die gesamte backende Branche.
Was macht den Dünger grün?
Den sogenannten grünen Dünger (Yara Climate Choice Renewable Dünger) stellt Yara im Werk Rostock aus grünem Ammoniak her. Das Ammoniak stammt aus Norwegen und wird laut Yara mittels Wasserenergie produziert. Er gilt damit als grün. Der für die Ammoniaksynthese notwendige Wasserstoff seinerseits wird durch Elektrolyse gewonnen. Ausgebracht wurde der Dünger im Frühjahr 2024 bei zehn Vertragslandwirten auf etwa 1.200 Hektar Anbaufläche in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Geerntet wurden 8.630 Tonnen Weizen, die zu etwa 7.000 Tonnen Mehl verarbeitet wurden. Daraus lassen sich etwa 13 Millionen Packungen von „Sammy‘s Super Sandwich“ herstellen.
Gutes Feld-Management wichtig
Gemeinsam stellten die Projektbeteiligten Kernergebnisse des Projekts vor. Danach ist der CO₂-Fußabdruck des Weizens durch gutes Management auf den Feldern und dem grünen Yara-Dünger 24 Prozent kleiner als auf Yara-Vergleichsflächen. 202 CO₂-Äquivalente stehen 266 gegenüber. Deutschlandweit liegt der Wert nach der JKI-Studie der Uni Hohenheim bei durchschnittlich 358 Einheiten (2007 bis 2021): Die 202 CO₂-Äquivalente aus dem Pilotprojekt liegen damit 43 Prozent niedriger. Gutes Management heißt hier eine intensive (digitale) Betreuung des Landwirts, um die für Boden und Witterung optimierte Weizensorte sowie angepasste Düngung aufzubringen.
Trockenheit wurde zum Problem
Die Bedeutung einer CO₂-Reduktion beim Weizenanbau im Rahmen der gesamten Wertschöpfungskette verdeutlichte Norbert Lötz, Geschäftsführer Produktion bei Harry-Brot: „62 Prozent des CO₂-Fußabdruckes eines Sandwiches kommt aus den Zutaten, also im Wesentlichen dem Weizen.“ Der CO₂-Fußabdruck des „Sammy’s Super Sandwich“ über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg reduzierte sich in diesem Pilotprojekt gegenüber dem JKI-Durchschnittswert um 17 Prozent. Gegenüber den von Yara bewirtschafteten Vergleichsfeldern waren es 8 Prozent. Norbert Lötz war die Enttäuschung über den letzten Wert schon anzumerken. Aber mehr war in diesem Jahr nicht drin, wie auch Yara-Deutschland CEO Marco Fleischmann verdeutlichte: „Wir haben Pech mit dem Wetter gehabt, die Trockenheit hat den CO₂-Gehalt in die Höhe getrieben.“ Alle waren sich einig: „Es ist wichtig, dass wir über den Tellerrand hinaus gemeinsam auf die Wertschöpfungskette schauen“, sagte Lötz. Verbacken wird der Weizen derzeit im Harry-Brot-Werk in Wiedemar (Sachsen).
Der Handel ist am Zug
Für das Harry-Brot-Team kommt es jetzt auf die Gespräche mit dem Handel über die Regalpreise an, verdeutlichte Lötz: „Uns ist klar, dass wir nicht einfach einen Preis obendrauf setzen können.“ Das sei utopisch: „Wir können nicht am Verbraucher vorbei produzieren“, schließlich stehe das Unternehmen im Wettbewerb. Lötz: „Wir haben schon im Vorfeld mit dem Handel Gespräche geführt. Bei einigen Handelspartnern sind wir auf starkes Interesse für dieses Thema gestoßen und haben uns schon sehr konkret dazu ausgetauscht. Diese Gespräche werden jetzt mit den konkreten Ergebnissen zur CO₂-Reduktion weitergeführt.“ Michael Gutting, Gesellschafter der Bindewald & Gutting-Gruppe: „Wenn die Handelspartner mitspielen, dann sind wir eigentlich alle bereit, weiterzumachen.“ Die Projektbeteiligten hatten zuvor mehrfach betont, dass sie keine Angaben zu den entstandenen Mehrkosten durch den grünen Dünger und das verstärkte Feld-Management machen werden. Sie tragen diese gemeinsam.
Lötz formulierte ein weiteres Problem: „Wir müssen auf die Verpackung schreiben dürfen, dass und wie wir CO₂ gespart haben.“ Der Verbraucher interessiere sich durchaus für diese Themen. Er müsse aber informiert sein, um eventuelle höhere Kosten zu akzeptieren. Gutting sieht auch die Politik in der Pflicht, eine klare Kennzeichnung klimafreundlicher Produkte zu ermöglichen.