Seit Oktober 2021 ermittelt die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) unter anderem wegen des Verdachts auf Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung gegen die größte Brau-Gruppe des Landes: die Brau Union AG (100-prozentige Tochter von Heineken). Im April 2022 hatte es nach zahlreichen Beschwerden von Wettbewerbern eine Hausdurchsuchung in der Zentrale in Linz gegeben, was der Brauer damals auch bestätigte. Im Zuge der Ermittlungen hätten sich die Verdachtsmomente nun laut der Behörde erhärtet.
Die konkreten Vorwürfe gegen den Hersteller von Marken wie Zipfer, Edelweiss und Gösser beziehen sich unter anderem auf den sogenannten Markenzwang (Händler werden dazu verpflichtet, nur Marken der Brau Union in das Sortiment aufzunehmen) und Kopplungsbindungen (bestimmte Produkte sind nur im Paket zu beziehen) sowie den Austausch wettbewerbssensibler Daten. Laut BWB würden diese Kartellverstöße bis heute teilweise andauern, weshalb man beim Kartellgericht am Oberlandesgericht in Wien Antrag auf Verhängung einer „angemessenen Geldbuße“ gestellt habe. Das Gericht kann nach eigenen Angaben Geldbußen in Höhe von bis zu 10 Prozent des Konzernumsatzes des Vorjahres verhängen. Bemessungsgrundlage ist hier der Umsatz der niederländischen Mutter Heineken. Der Konzern haftet mit, obwohl er ausdrücklich nicht von den Ermittlungen betroffen ist. 2023 erwirtschaftete Heineken 36 Milliarden Euro.
In einer Stellungnahme der Brau Union heißt es: „Wir sind überrascht, dass uns noch andauernde Verletzungen vorgeworfen werden, da wir – trotz mehrfacher Anfragen – von der BWB keine konkreten Hinweise für unmittelbar notwendige Maßnahmen erhalten haben.“ Es handele sich um ein grundlegendes Missverständnis hinsichtlich der Organisation der Zusammenarbeit mit den Distributions- und Logistikpartnern. „Die vollumfängliche und transparente Kooperation mit allen zuständigen Behörden standen und stehen für uns an erster Stelle und wir haben höchstes Vertrauen in die Kompetenz des österreichischen Kartellgerichts im nun folgenden Verfahren.“
Das letzte große Kartellverfahren gegen Bierbrauer in Deutschland war 2014. Das Bundeskartellamt verhängte damals zwei Strafen über insgesamt 338 Millionen Euro. 106,5 Millionen Euro mussten Bitburger, Krombacher, Veltins, Warsteiner und Ernst Barre zahlen. 231,2 Millionen Euro Carlsberg Deutschland, die Radeberger Gruppe, die Bolten-Brauerei, die Erzquell Brauerei, Cölner Hofbräu Früh, die Privatbrauerei Gaffel Becker & Co und der Verband Rheinisch-Westfälischer Brauereien.