Übernahme von Just Eat Takeaway Experte rechnet mit neuer Dynamik auf dem deutschen Liefermarkt

Der südafrikanische Investor Prosus will den europäischen Essenslieferdienst Just Eat Takeaway (Marke Lieferando) übernehmen. Experte Mike Schwanke (Foto) von der Unternehmensberatung Atreus erläutert exklusiv für die Lebensmittel Praxis, worauf sich die Branche einstellen muss.

Dienstag, 25. Februar 2025, 10:29 Uhr
Thomas Klaus
Erfahrener Experte: Mike Schwanke betrachtet die weitere Entwicklung am Lieferdienste-Markt genau. Bildquelle: Atreus

Der südafrikanische Technologieinvestor Prosus, der bereits mit mehr als 20 Prozent an Delivery Hero beteiligt ist, plant die Übernahme des europäischen Essenslieferdienstes Just Eat Takeaway mit der Marke Lieferando. Dies könnte eine neue Dynamik im fragmentierten europäischen Markt für Essenslieferungen entfachen, meint Mike Schwanke, Direktor im Bereich Konsumgüter & Handel bei der Münchner Unternehmensberatung Atreus, exklusiv im Austausch mit der LP.

Prosus bietet 4,1 Milliarden Euro

Prosus will Just Eat Takeaway für 4,1 Milliarden Euro übernehmen, wie am Montag publik wurde. Das Angebot werde von der Geschäftsführung und dem Aufsichtsrat von Just Eat Takeaway unterstützt, heißt es. Just Eat Takeaway bringt es auf 61 Millionen Kunden und 365.000 lokale Partner in 17 internationalen Märkten.

Bislang war Prosus vor allem in Ländern wie China und Indien stark aufgestellt. Vorstandsvorsitzender Fabricio Bloisi wurde auch dadurch bekannt, dass er das brasilianische Unternehmen Ifood zum größten Online-Lieferdienst für Lebensmittel des Landes aufbauen konnte. Prosus ist eine Beteiligungsgesellschaft, die mehrheitlich dem Medienkonzern Naspers mit Sitz in Kapstadt gehört.

Experte hält neue Dynamik für möglich

Anders als in den USA und China, wo Doordash beziehungsweise Meituan den Markt dominieren, ist der europäische Markt bisher zersplittert geblieben. Das liegt laut Schwanke an verschiedenen nationalen Anbietern, regulatorischen Unterschieden und einer heterogenen Gastronomielandschaft.

Der Einstieg von Prosus könnte hier nach Einschätzung des Experten eine neue Dynamik entfachen. Denn Prosus sehe darin die Chance, einen europaweiten Marktführer zu formen. Mit der Übernahme von Just Eat Takeaway würde Prosus schließlich den deutschen Marktführer Lieferando erhalten.

Skalierung reicht für Profitabilität nicht aus

Für den Verbraucher wird es nach Meinung von Schwanke mittelfristig keine spürbaren Veränderungen im Markenauftritt geben. Allein aus Kostengründen werde die etablierte Marke Lieferando weiterbestehen.

Die aktuellen Zahlen von Just Eat Takeaway unterstreichen jedoch aus Sicht von Schwanke die Herausforderungen der Branche. Der Umsatz sank um 1 Prozent auf 5,1 Milliarden Euro. „Skalierung allein reicht nicht aus, um profitabel zu werden“, erklärt Schwanke. Selbst Marktführer kämpften mit dem Erwirtschaften nachhaltiger Gewinnspannen. Ein wichtiger Aspekt sei dabei, dass Lieferfahrer in Deutschland direkt angestellt würden, was die Kostenstruktur erheblich belaste.

Der Deal mit Prosus werde daher nicht nur eine strategische Übernahme sein, sondern auch eine Wette darauf, ob es überhaupt möglich sei, die europäischen Essenslieferdienste auf lange Sicht profitabel zu gestalten.

Vorteile durch Kooperationen mit Herstellern

Schwanke verweist auch auf die Möglichkeiten der technischen Optimierung. Angesichts der extrem komplexen Systeme von Lieferando hätte ein erfahrener Investor wie Prosus ein erhebliches Potenzial für Effizienzsteigerungen.

Der Deal könnte auch eine Verschiebung des Geschäftsmodells bedeuten, sagt Schwanke. Neben Restaurantlieferungen könnte sich das Angebot in Richtung eines umfassenden E-Commerce-Angebots entwickeln. Kooperationen mit großen Herstellern wie Unilever oder Procter & Gamble könnten Prosus bei besseren Einkaufskonditionen und optimierten Logistikstrukturen einen Vorteil gegenüber kleineren Wettbewerbern verschaffen.

„Es bleibt abzuwarten, ob Prosus die richtigen Stellschrauben findet – oder ob auch dieser Versuch an den grundlegenden Problemen des Lieferdienstsektors scheitert“, fasst Mike Schwanke den Ausblick zusammen.

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