Eine aktuelle Konsumstimmungsstudie der Boston Consulting Group (BCG) zeigt ein komplexes Bild der deutschen Verbraucherstimmung: Trotz wirtschaftlicher und politischer Sorgen blicken die Deutschen zuversichtlich auf ihre persönliche Situation. Die Umfrage, für die im Juli 2024 rund 1.400 Personen in Deutschland im Alter von 18 bis 65 Jahren befragt wurden, offenbart eine deutliche Diskrepanz zwischen der Einschätzung der individuellen Lage und der gesamtwirtschaftlichen Situation.
Laut der Mitteilung beurteilen mehr als zwei Drittel (71 Prozent) der Befragten ihr psychisches Befinden als gut oder sehr gut – der höchste Wert unter den fünf von BCG untersuchten Ländern. Auch ihre finanzielle und gesundheitliche Situation schätzen die deutschen Verbraucher positiv ein. Im Gegensatz dazu bereitet die politische Atmosphäre 64 Prozent der Deutschen Sorgen, deutlich mehr als im europäischen Durchschnitt. Nur in Frankreich ist dieser Wert mit 75 Prozent noch höher. Mit der wirtschaftlichen Situation Deutschlands erklärt sich eine knappe Mehrheit (52 Prozent) unzufrieden.
Die anhaltende Inflationserwartung beeinflusst das Konsumverhalten spürbar. Trotz rückläufiger Inflation im ersten Halbjahr 2024 haben die meisten Verbraucher dies nicht wahrgenommen. 58 Prozent der Studienteilnehmer rechnen auch im zweiten Halbjahr 2024 mit Preissteigerungen, während nur eine Minderheit (19 Prozent) glaubt, dass sich ihr Einkommen in dieser Zeit erhöht. Dies führt zu reduzierten Ausgaben für nicht-essenzielle Güter: 29 Prozent der Befragten gaben an, weniger für Kleidung auszugeben, 26 Prozent sparten bei Haushaltsgeräten. Auch bei Snacks (23 Prozent) und Alkohol (22 Prozent) wurde gespart.
„Die Menschen halten angesichts der anhaltenden Verunsicherung ihr Geld zusammen. Die gefühlt anhaltende Preisspirale verstärkt diesen Effekt und bremst die Kauflaune bei nicht-essenziellen Konsumgütern weiter“, erläutert Karin von Funck, Senior Partnerin bei BCG und Co-Autorin der Studie.
Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung – Zahlungsbereitschaft bleibt gering
Trotz der wirtschaftlichen Herausforderungen gewinnt Nachhaltigkeit beim Konsum an Bedeutung. Allerdings zeigt sich eine Diskrepanz zwischen Bewusstsein und Zahlungsbereitschaft: Während viele Verbraucher bereits nachhaltig handeln, etwa durch die Verwendung eigener Einkaufstaschen (53 Prozent), die Wiederverwendung leerer Getränkeflaschen (40 Prozent) oder das Reparieren von Kleidung (27 Prozent), zeigen sie wenig Bereitschaft, für nachhaltige Produkte mehr zu zahlen. Nur 17 Prozent würden teurere Snacks in wiederverwendbaren Verpackungen kaufen, und lediglich 12 Prozent sind bereit, für Mode aus Naturtextilien einen Aufpreis zu zahlen.
Bei der Kaufentscheidung ist für deutsche Verbraucher ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis das wichtigste Kriterium, gefolgt von Bequemlichkeit und Zweckmäßigkeit. Ein möglichst niedriger Preis steht erst an fünfter Stelle der Prioritäten. Den geringsten Einfluss auf die Kaufentscheidung haben unter den von BCG abgefragten Faktoren die Aspekte Regionalität, Exklusivität sowie Weiterempfehlungen.
Stationärer Handel bleibt Favorit der Deutschen
Der stationäre Einkauf bleibt in Deutschland besonders beliebt. Zwischen 85 und 90 Prozent der Befragten kaufen Lebensmittel, Getränke und Haushaltswaren am liebsten im Geschäft. Dies ist der höchste Wert unter den untersuchten Ländern. Besonders in diesen Kategorien assoziieren die Verbraucher den stationären Einkauf mit der Möglichkeit, Inspirationen und Produkte zu finden sowie persönlichen Kundenservice zu erleben.
BCG empfiehlt Einzelhändlern, ihr Produktsortiment stärker an lokale Kundenpräferenzen anzupassen und parallel online ein breiteres Angebot bereitzustellen, um die Kundenzufriedenheit zu erhöhen. Zudem rät das Beratungsunternehmen zu einer flexiblen Preisgestaltung, die sich schnell an Marktbedingungen und Verbraucherverhalten anpasst. Mögliche Indikatoren können beispielsweise Konkurrenzpreise, Lagerbestände, Nachfrage oder auch Tageszeit sein. Personalisierte, datengetriebene Treueprogramme könnten laut BCG Kundenbindung und Umsatz steigern.
Die Studie wurde in insgesamt fünf Ländern durchgeführt: Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Schweden und Dänemark. Insgesamt wurden 7.000 Konsumenten befragt, davon 1.400 in Deutschland zwischen dem 3. und 11. Juli 2024.