Die Geschäfte der Landwirte trüben sich nach zuletzt guten Gewinnen ein. „Unsere Betriebe sind wieder in ein wirtschaftlich schwierigeres Fahrwasser geraten“, sagte Bauernpräsident Joachim Rukwied. Für das laufende Wirtschaftsjahr 2023/24, das Ende Juni endet, sei mit einem Gewinneinbruch von 30 bis 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahr zu rechnen - damals waren die Ergebnisse dank höherer Preise deutlich gestiegen. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) rechnet nun wegen sinkender Preise ebenfalls mit geringeren Einkommen und will der Branche weiterhin stabilere Bedingungen verschaffen.
Im vergangenen Wirtschaftsjahr 2022/23 waren die Unternehmensergebnisse auf ein Rekordniveau gestiegen. Nach amtlichen Daten, die Özdemir in Berlin vorstellte, stieg der durchschnittliche Gewinn auf 113.900 Euro und lag damit um 39 Prozent über dem Vorjahreswert. Hintergrund war nach Angaben des Ministeriums vor allem ein starker Preisanstieg bei fast allen Erzeugnissen, der sich infolge von Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine noch beschleunigte. Dadurch hätten die meisten Höfe erhebliche Kostensprünge bei Energie, Futter und Dünger mehr als ausgleichen können.
Der Bauernverband hat nach eigenen Daten bereits für das vergangene Wirtschaftsjahr einen durchschnittlichen Gewinn von 115.400 Euro ermittelt. Davon sind aber unter anderem noch Investitionen zu bezahlen. Generell müssen die Höfe mit teils starken Schwankungen etwa wegen des Wetters oder der Entwicklung der Preise umgehen, die längst maßgeblich von internationalen Märkten bestimmt sind.
Rukwied sagte, die Erzeugerpreise bei den meisten wichtigen pflanzlichen und tierischen Produkten seien nun deutlich niedriger. Özdemir erklärte, für die Betriebe seien die Schwankungen wie eine „Achterbahnfahrt“. Dass viele Höfe zuletzt zum zweiten Mal starke Betriebsergebnisse erzielen konnten, sei eine gute Nachricht. „Wir dürfen uns aber nicht in falscher Sicherheit wiegen.“ Für die Politik gehe es daher um Verlässlichkeit und Planbarkeit für die harte Arbeit der Landwirte.
Nach den bundesweiten Bauernprotesten wegen der Streichung von Agrardiesel-Vergünstigungen zu Jahresbeginn hat die Ampel-Koalition der Branche andere Entlastungen zugesichert - unter anderem Erleichterungen bei bürokratischen Auflagen und bei Steuerregelungen, die vor dem Sommer umgesetzt werden sollen. Özdemir bekräftigte, dass der Umbau der Tierhaltung auf höhere Standards dauerhaft finanziert werden müsse, damit die Betriebe nicht auf den Mehrkosten sitzen bleiben. Dies sei mit den derzeitigen Ladenpreisen nicht zu finanzieren.
Der Minister warb erneut für Vorschläge für eine höhere Mehrwertsteuer oder einen Tierwohlcent auf tierische Produkte. Keiner der drei Koalitionspartner habe dies auf der Spitzenebene eindeutig vom Tisch genommen, die Gespräche würden weiter geführt. In der Koalition hatte vor allem die FDP Einwände erhoben. Özdemir sagte, der Weg der deutschen Landwirtschaft sei es, „mit Qualität am Markt den Unterschied zu machen.“ Für bessere Bedingungen in den Ställen hat die Bundesregierung vorerst eine Milliarde Euro reserviert, die allerdings nur für Schweinehalter vorgesehen ist.