Lebensmittelverband Werbeverbot fehlt wissenschaftliche Grundlage

Bundesernährungsminister Cem Özdemir (Mitte) musste sich auf der Mitgliederversammlung des Lebensmittelverbandes deutliche Kritik zum Werbeverbot anhören. René Püchner (Foto, l.) wurde als Präsident erneut gewählt und wird in den kommenden zwei Jahren an der Seite von Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff (Foto, r.) den Verband führen. 

Donnerstag, 27. April 2023 - Handel
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: Lebensmittelverband Deutschland

Die größten Herausforderungen der Branche sieht Püchner in den Folgen der Krisen der letzten drei Jahre, auf europäischer Ebene mit der Umsetzung des Green Deals und auf nationaler Ebene mit der Ernährungsstrategie.

Als Gastredner legte Cem Özdemir Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, die Grundzüge seiner Ernährungspolitik dar und bekräftigte unter anderem seine Position zum geplanten Kinderlebensmittel-Werbegesetz (KWG), konstatierte aber auch seine Gesprächsbereitschaft. Dabei ging er auf die Aktion www.lieber-mündig.de ein, die sich kritisch mit den Werbeverbotsplänen befasst. Dennoch bekräftigte er seine Position eines weitreichenden Werbeverbots gegenüber Kindern für zu süße, zu salzige und zu fette Lebensmittel. Zugleich lobte er das bisherige Engagement der Branche in Sachen Reduktions- und Innovationsstrategie und formulierte die Erwartung, dass dieses auch weiter vorangetrieben werde.

Auch der neue Präsident gab an, man wolle nach einer gemeinsamen Lösung für mehr Kinderschutz suchen. Dabei sei es laut Püchner hilfreich, dass das Ministerium zur ursprünglichen Formulierung des Koalitionsvertrags zurückkehre und es tatsächlich nur um Lebensmittelwerbung gehe, die Kinder unter 14 Jahren adressiere. Er appellierte daran, dass er die gesamtgesellschaftliche Aufgabe darin sehe, Verbraucher zu befähigen, anstatt zu bevormunden.

Professor Dr. Martin Burgi, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht, Wirtschaftsverwaltungsrecht, Umwelt- und Sozialrecht der Ludwig-Maximilians-Universität München sprach von einem beispiellosen Vorgehen des BMEL und einem Dammbruch: „Erstmals soll ein Werbeverbot für Produkte, deren Herstellung und Vertrieb in keiner Weise verboten ist und die als solche auch nicht gesundheits- oder lebensgefährdend sind, implementiert werden, auch für Werbung, die an Erwachsene adressiert ist. In vergleichbarer Weise könnte in Zukunft beispielsweise auch Werbung für Flugreisen oder für bestimmte Sportarten verboten werden.“

Burgi monierte, dass der aktuell vorliegende Referentenentwurf massive Einschränkungen der Kommunikations- und Wirtschaftsfreiheiten vorsehe, die dafür notwendige wissenschaftliche Grundlage aber fehle: „Solange das BMEL keine belastbaren und nachvollziehbaren Anhaltspunkte liefert, dass Werbeverbote tatsächlich zu weniger Übergewicht bei Kinder führen, ist ein derart massiver Eingriff auf dem Boden unserer Verfassung und des Europarechts nicht möglich.“ Stattdessen würde das Ministerium „ins Blaue hinein“ entscheiden und auf Basis einer bloß gefühlten und bislang nicht belegten Gefahr weitreichende Freiheitsbeschränkungen vornehmen. Außerdem würde der Gesetzentwurf die Schutz- und Förderfunktion der Eltern komplett ausblenden.

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