Deutschlands Verbraucher müssen einen weiteren Preisanstieg verkraften. Mit 3,9 Prozent im August kratzt die Inflationsrate in Europas größter Volkswirtschaft erstmals seit fast 30 Jahren an der Vier-Prozent-Marke. Von Juli auf August 2021 stagnierte das Niveau der Verbraucherpreise, wie das Statistische Bundesamt anhand vorläufiger Berechnungen mitteilte. Einen höheren Wert für die jährliche Teuerungsrate hatten die Wiesbadener Statistiker zuletzt für Dezember 1993 mit damals 4,3 Prozent ermittelt. Im Juni 2021 lag die Rate noch bei 2,3 Prozent, im Juli zog das Preisniveau sprunghaft auf 3,8 Prozent an. Angeheizt wird die Teuerung seit Monaten von überdurchschnittlich steigenden Energiepreisen. Während sich Nahrungsmittel im August im Jahresvergleich um 4,6 Prozent verteuerten, mussten Verbraucher fürs Heizen und Tanken nach Berechnungen des Bundesamtes 12,6 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor. Zudem schlägt die Rücknahme der temporären Mehrwertsteuersenkung nun voll zu. „Ohne die Sondereffekte der Mehrwertsteuererhöhung, der Energiepreise und des ungewöhnlichen Sommerwetters läge derzeit die Inflation bei rund 2 Prozent“, rechnete Sebastian Dullien, wissenschaftlicher Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) der Hans-Böckler-Stiftung vor. „Hinzu kommen derzeit Lieferschwierigkeiten von Vorprodukten, die ebenfalls die Teuerung etwas nach oben treiben.“ Volkswirte rechnen damit, dass die Verbraucherpreise in Deutschland in den nächsten Monaten weiter steigen werden. Vorübergehend gelten Teuerungsraten von an die fünf Prozent als möglich. „Der Inflationsdruck bleibt in Deutschland bis mindestens zum Jahresende sehr hoch. Erst im Januar 2022 wird die Erhöhung der Mehrwertsteuer zu Anfang des Vorjahres aus der Statistik herausfallen und für eine vorübergehende Beruhigung sorgen“, erklärte ZEW-Ökonom Friedrich Heinemann. „Aber auch danach ist eine Rückkehr zu moderaten Inflationsraten unter zwei Prozent keineswegs sicher.“