„Die Lage ist vor allem bei vielen Bekleidungshändlern in den Stadtzentren weiterhin kritisch. Das solide Umsatzwachstum von 1,5 Prozent auf 551,8 Milliarden Euro für den gesamten Handel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass in einzelnen Branchen nach wie vor viele Unternehmen und Arbeitsplätze in ihrer Existenz gefährdet sind“, erläutert Genth. Die vom Lockdown betroffenen Geschäften hätten ein Minus von 11,1 Prozent zu erwarten; der Online-Handel wachse um 14,8 Prozent.
Eine derartige dramatische Schere zwischen den Branchen habe es noch nie gegeben, so Genth weiter. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes verlor der Bekleidungshandel in den ersten sieben Monaten im Vorjahresvergleich fast 30 Prozent seines Umsatzes. Der Lebensmittelhandel (LEH) kann dagegen laut HDE-Zahlen ein Plus von 6,7 Prozent verzeichnen. Diese positive Entwicklung im LEH hält Stefan Genth für nachhaltig; die Corona-Krise habe gezeigt, dass es eine Entwicklung zum Kauf von mehr Qualität bei Lebensmitteln gebe.
Ebenso zeigt eine aktuelle HDE-Umfrage unter 1.000 Händlern aller Branchen, Standorte und Unternehmensgrößen, dass für das erste Halbjahr 2020 mehr als 90 Prozent der Bekleidungshändler eine Verschlechterung der Geschäftslage feststellen. Im Elektronikhandel liegt dieser Anteil bei 45 Prozent. Insbesondere an den innerstädtischen Standorten sind die Herausforderungen groß. So beurteilen mehr als drei Viertel der Händler in den Hauptgeschäftslagen der Stadtzentren ihre Geschäftslage in den ersten sechs Monaten des Jahres schlechter als im Vorjahr.
Mit Blick auf die durch die Corona-Krise schwierige Lage für viele Bekleidungshändler und die negativen Auswirkungen auf die Innenstädte fordert der Handelsverband Deutschland (HDE) ein stärkeres Entgegenkommen der Vermieter sowie entsprechende Anpassungen im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). „Angesichts der Umsatzrückgänge können viele Händler ihre Mieten nicht in voller Höhe bezahlen. Vor allem große institutionelle Vermieter kommen dem Handel dabei oft nicht ausreichend entgegen“, betont Genth. Deshalb sei eine Anpassung im BGB unerlässlich. Es müsse klargestellt werden, dass die in der Corona-Pandemie angeordneten staatlichen Maßnahmen ein Grund zur Anpassung des Mietvertrags wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 sind. In der HDE-Umfrage hatte ein Drittel der Bekleidungshändler angegeben, dass der Mietzins wegen Corona angepasst wurde, knapp ein Viertel konnte Stundungen ausverhandeln.
Um den vielerorts weiter voranschreitenden Niedergang der Innenstädte aufzuhalten, erneuert der HDE seine Forderungen außerdem nach einem Innenstadtfonds von 500 Millionen Euro jährlich (insgesamt 2,5 Mrd. Euro über die kommenden fünf Jahre) und einem staatlichen Förderprogramm von 100 Millionen Euro zur Digitalisierung des mittelständischen Einzelhandels.