Verdi sieht beim Streit um die Bäderregelung in Mecklenburg-Vorpommern klar das Wirtschaftsministerium am Zug. Wie Verdi Nord-Vize Cornelia Töpfer in Schwerin sagte, hat die Gewerkschaft vor mehr als zwei Jahren Klage gegen die Bäderverkaufsverordnung eingereicht, die seit Anfang 2016 in Kraft ist. Am 11. Juli soll die Klage nun vor dem Oberverwaltungsgericht in Greifswald verhandelt werden. „Wir sind nach wie vor gesprächsbereit“, betonte Töpfer. „Es muss am 11. Juli nicht zur Gerichtsverhandlung kommen.“
Der Gewerkschaft geht es dem DGB Nord-Vize Ingo Schlüter zufolge vor allem um den Sonntagsschutz, ein Verfassungsgut. „Wir verteidigen sowas wie den gesellschaftlichen Biorhythmus.“
In Mecklenburg-Vorpommern dürfen zwischen Mitte März und Anfang November in 77 Orten die Läden auch sonntags öffnen – außer Baumärkte, Möbel- und Autohäuser. Der Landesfachbereichsleiter Handel bei Verdi Nord, Matthias Baumgart, schätzt die Zahl der von Sonntagsarbeit betroffenen Mitarbeiter auf bis zu 20 000. Die Zahl sei so hoch, weil im Handel viele nur teilzeitbeschäftigt seien.
Der Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Rostock, Claus Ruhe Madsen, appellierte an Verdi, im Streit um die Bäderregelung ihre harte Haltung zu verlassen. „Es lässt uns staunen, wie man in Schleswig-Holstein eine Vereinbarung mittragen kann und im Nachbarbundesland Mecklenburg-Vorpommern bereit ist, dagegen zu klagen.“ In Schleswig-Holstein sei die Regelung wesentlich liberaler.
Dort dürften in den kommenden fünf Jahren Läden in 95 Städten und Gemeinden vom 15. März bis zum 31. Oktober und vom 17. Dezember bis zum 8. Januar sonntags jeweils sechs Stunden lang öffnen.
Die Gewerkschafter sagten in Schwerin, die Situation in Schleswig-Holstein sei nicht mit der in Mecklenburg-Vorpommern zu vergleichen. In Schleswig-Holstein habe die neue Landesregierung im vorigen Jahr die Bäderregelung ausweiten wollen. Verdi habe gedroht, dagegen zu klagen. Daraufhin habe man sich auf die Verlängerung der bestehenden Bäderregelung um weitere fünf Jahre geeinigt.
Laut Gewerkschaft sind die Voraussetzungen in beiden Ländern völlig unterschiedlich. So fallen in Mecklenburg-Vorpommern ganze Städte und Inseln unter die Regelung. Die Welterbestädte Wismar und Stralsund seien komplett einbezogen, Lübeck und Kiel dagegen nicht. Der Warenkorb sei in Mecklenburg-Vorpommern wesentlich größer. Es gebe mehr Einrichtungen, die automatisch öffnen dürften, wie Kioske und Freizeitparks. Verdi forderte, den Warenkorb zu überprüfen.