Bestandsmärkte klimafreundlicher machen
Händler erklären, wie sie ältere Supermärkte zukunftsfähig aufstellen und wie schnell sich Investitionen amortisieren.

HIT 2014 Die Wachstums-Motoren

Neue Produkte beleben das Geschäft – für den ein oder anderen gibt es deshalb zu wenig davon. Das ist aber eine Frage des Blickwinkels. Die HIT-Befragung der LP hilft.

Freitag, 18. Juli 2014 - HIT-Produkte 2014
Reiner Mihr
Artikelbild Die Wachstums-Motoren

„Die Lebensmittelindustrie ist zu innovationsscheu.“ Der, der das schon öfter sagte, ist kein Geringerer als Markus Mosa, Vorstandsvorsitzender der Edeka AG und damit der größten deutschen Lebensmittel-Handelsgruppe. Es fehle der Industrie an Mut zu wirklich Neuem, stattdessen liefere man Me-too-Produkte. Das ist starker Tobak, der noch schwerer verdaulich wird, weil die Konsequenz aus dieser Erkenntnis der intensive Ausbau der Eigenmarken bei Edeka ist – verbunden mit dem Anspruch, selber höchst innovativ sein zu wollen.

Andererseits ist die angebliche Übervorsicht der Hersteller von Gütern des täglichen Bedarfs für Beobachter der Branche aber auch gut nachvollziehbar. Werden ihnen doch seit Jahren die hohen Fehler- bzw. Flopquoten vorgeworfen, taxiert zwischen 70 und 90 Prozent. Da darf man schon mal vorsichtig sein. Andererseits: „Auf der Suche nach guten Ideen müssen wir aushalten, dass wir erst am Ende wissen, ob es sich gelohnt hat!“ Sagt derInnovations-Psychologe Christoph Burkhardt, der an verschiedenen Universitäten lehrt und Organisationen in ganz Europa zum Innovationsmanagement berät. Und er meint auch, dass Fehler gemacht werden müssen, um die wirklich guten Ideen zu finden. Ein gewisses Maß an Fehlern – oder Flops – ist dabei geradezu systembedingt, denn um einen bestimmten Bedarf zu decken oder ein Problem zu lösen, werden zunächst verschiedene Ansätze gebraucht, um letztlich den richtigen zu finden.

Die Notwendigkeit von Innovationen als Treiber von Wachstum ist – unabhängig von der Branche – unstrittig. Aber gerade Handel und Konsumgüterhersteller sehen innovative Produkte und Dienstleistungen zu einem wettbewerbsfähigen Preis als Umsatzbringer, selbst dann, wenn die Verbrauchernachfrage insgesamt stagniert, heißt es in einer Studie der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PricewaterhouseCoopers (PwC) aus dem vergangenen Jahr. Demnach wollten fast 40 Prozent der Hersteller Investitionen in Produktentwicklung und Innovation steigern.

An Studien zum Innovationsprozess, zur Innovationskultur oder zum Innovationsmanagement herrscht übrigens kein Mangel. Die Erkenntnisse sind meist einleuchtend. Innovative Unternehmen wachsen schneller, heißt es da beispielsweise in der schon erwähnte PwC-Innovationsstudie. Innovationen machen Unternehmen erfolgreich, wettbewerbs- und zukunftsfähig, heißt es völlig überraschend in einer Studie der Berater von Horváth & Partners. Dazu bedürfe es aber einer Innovationsstrategie, durchgängige und verzahnte Innovationsprozesse, effiziente Organisationsstrukturen und ganzheitliche Innovationssteuerungsinstrumente. Wer wollte da widersprechen.


Interessanter erscheint da schon die Untersuchung des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn, welches kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) im Vergleich zu den Großunternehmen in Deutschland bescheinigt, seltener an Forschung und Entwicklung (FuE) beteiligt zu sein, einen geringeren Anteil der Patentanmeldungen und Registrierungen anderer gewerblicher Schutzrechte auf sich zu vereinen und seltener technologische Innovationen zu bringen. Auch das Fraunhofer Institut hatte 2010 den Lebensmittelbereich genauer unter die Lupe genommen. Damals war das Fazit, dass der Sektor Lebensmittel und Ernährung über ein enormes Innovationspotenzial verfüge, das es noch zu erschließen gelte. Wie auch immer: Die Vielzahl der Untersuchungen, Forschungsprojekte und Ratschläge zum Thema Innovationen macht deutlich, wie wichtig das Thema ist. Was nichts daran ändert, dass Umsetzung und Erfolg beim Kunden gesucht, also am Regal im Supermarkt gefunden werden muss.

Dass wiederum macht die Rolle der Kaufleute, Verkäufer und Verkäuferinnen umso gewichtiger. Wenn diese nicht von einem Produkt überzeugt sind, wird Erfolg zumindest schwerer. Listungsgelder, WKZ oder riesige Werbebudgets mögen kurzfristig darüber hinwegtäuschen. Dabei dürften nicht unbedingt die revolutionären Innovationen allein im Fokus stehen. Denn zu einer Innovation gehört nicht nur Neuartigkeit, sie muss aus der Sicht von Anwendern auch nützlich erscheinen und so einen Bedarf decken. Die Meinung der Frauen und Männer am Ort des Geschehens ist also wichtig, eigentlich unverzichtbar. Deshalb sollten sie öfter gefragt werden.

Die LEBENSMITTEL PRAXIS fragt sie seit mehr als 25 Jahren zur Einschätzung der Erfolgsaussichten neuer Produkte. Die Befragung HIT zu Produktneueinführungen im Lebensmittelhandel lässt die Akteure in Geschäften und Zentralen zu Wort kommen. Sie schätzen die Erfolgsaussichten neuer Produkte ein. Bauchgefühl – zugegeben. Aber viele HIT-Produkte der vergangenen Jahre haben heute ihren festen Platz im Regal. Blanchet zum Beispiel oder Balisto, Pringles oder Brunch, Cremissimo oder Crunchips.

Die Einschätzung der Händler wird bei HIT dann noch einem weiteren, genau definierten Bewertungsprozess durch das Marktforschungsunternehmen Nielsen unterzogen. Die Spezialisten von Nielsen analysieren die Top-Produkte nach den Kriterien Umsatz und Distribution, Marktanteil in der Warengruppe sowie den Werbespendings. Zusammen mit der Handels-Meinung ergibt sich das hier publizierte Endergebnis (siehe Kasten „Zur Methode“).

Zur Methode

HIT 2014 ist eine seit 27 Jahren von der LEBENSMITTEL PRAXIS durchgeführte Befragung des deutschen Lebensmittelhandels zu den Erfolgsaussichten von Produkt-Neueinführungen der vergangenen 12 Monate. Die Befragung wird um einen weiteren Bewertungsprozess durch das Marktforschungsunternehmen Nielsen ergänzt.

Die repräsentative Befragung erfolgt analog der Einzelhandelsstruktur nach Nielsen-Gebieten und Verkaufsgrößenklassen. Sie erfolgt gestützt auf dem Wege des Direct-Mailings. Die Hersteller hatten die Möglichkeit, in jeder Warengruppe pro Marke bis zu drei Produkte zu melden.

Befragt wurde in zwei Etappen. In einer 1. Welle vom 7. April bis 24. April 2014 wurden der 1., 2. und 3. Platz innerhalb von 40 Warengruppen erfragt. Der Fragebogen (1. Welle) umfasst 579 Produkte aus 40 Warengruppen. Die Produkte wurden zwischen 01.03.2013 und 28.02.2014 im LEH eingeführt.

In der zweiten Welle von 2. Mai bis 12. Mai 2014 werden die Top 20 erfragt.

Die Top 20 Votings des Handelspanels wurden dann einem definierten Bewertungsprozess durch Nielsen unterzogen. Dabei wurden für diese Produkte folgende Kennzahlen herangezogen: durchschnittlicher Umsatz / Listungsmonat, durchschnittliche Distribution 1. W./ Listungsmonat, durchschnittlicher Marktanteil Warengruppe Umsatz / Listungsmonat sowie die Werbespendings.

Diese Ergebnisse von Nielsen wurden mit dem Bewertungsschlüsse 40 Prozent Handelsvotings, 60 Nielsen-HIT-Index zu einem Endergebnis zusammengeführt.

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