„Mit dem Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz drängen wir gerade die Schwächsten aus unseren Lieferketten“, sagte die stellvertretende Vorstandsvorsitzende des Deutschen Tee & Kräutertee Verbands, Annemarie Leniger, der Deutschen Presse-Agentur. Zwei Drittel der Rohwaren stammen laut Verband von Kleinbauern in Wildsammlungen, die die gesetzlichen Nachweise nicht erbringen können. Daher könnten deutsche Unternehmen aus Haftungsangst ihre Geschäftsbeziehungen zu diesen Bauern aufgeben. Verbandsvize Leniger fordert, die Anforderungen komplexer Lieferketten im Lieferkettengesetz zu berücksichtigen. „Nur so wird das Gesetz künftig nicht die eigenen Ziele konterkarieren und Unternehmen in Deutschland tatsächlich dabei unterstützen, die Nachhaltigkeit in den Lieferketten sinnvoll zu verbessern.“
Die Entwicklungsorganisation Oxfam hält die Sorge des Teeverbands dagegen für unbegründet. Franziska Humbert, Teamleiterin Gerechtes Wirtschaften bei Oxfam Deutschland, betonte, dass die Nachweispflicht gemäß dem EU-Lieferkettengesetz bei den Unternehmen liege, nicht bei den Kleinbauern. „Sofern dafür Belege notwendig sind, die die Situation vor Ort betreffen, können die Unternehmen diese selbst mit Hilfe von Nachhaltigkeitsinitiativen wie dem Fairen Handel besorgen.“ Das Gesetz sehe zudem vor, dass Unternehmen im Rahmen ihrer Sorgfaltspflicht kleine und mittelständische Unternehmen durch angemessene finanzielle Unterstützung und Kapazitätsaufbau fördern müssen. „Demnach ist das betreffende deutsche Teeunternehmen ohnehin verpflichtet, bei der Erstellung möglicherweise erforderlicher Belege und anderen Maßnahmen, seine kleinbäuerlichen Geschäftspartner zu unterstützen“, sagte Humbert.
Im Jahr 2022 tranken die Deutschen laut dem neuesten Tee-Report des Verbands durchschnittlich 69,1 Liter Tee pro Kopf, davon 41,3 Liter Kräuter- und Früchtetee sowie 27,8 Liter Schwarz- und Grüntee. Der Bio-Anteil betrug 15,6 Prozent. Die Importmenge aus 82 Ländern, hauptsächlich aus China, Indien und Sri Lanka, belief sich auf fast 60.000 Tonnen. Die Ostfriesen führen mit einem Jahresverbrauch von 300 Litern pro Kopf, fast doppelt so viel wie in Großbritannien mit 167 Litern.