Artikelbild Das Ende der Verbundfolie rückt näher

Recyclingfähige Verpackungen

Das Ende der Verbundfolie rückt näher

Ein Blick in die Regale im Supermarkt zeigt: Markenartikler und Handel setzen auch bei Wurst immer mehr auf nachhaltige Verpackungen. Sei es durch recyclingfähige Verpackungen, den Einsatz von ressourcenschonenden Lösungen oder den Verzicht auf Kunststoff, es gibt eine Vielzahl von Beispielen, auf die hier eingegangen wird.Im Bereich der Fleisch- und Wurstwaren arbeiten die Hersteller an verbraucher- und umweltfreundlichen Verpackungslösungen. Da Verpackungen im Fleischsektor jedoch ganz spezielle Eigenschaften für den Produktschutz mitbringen müssen, lässt sich Kunststoff nicht so einfach durch andere Packstoffe ersetzen. Doch da die Europäische Union die Hersteller per Verordnung verpflichtet, ab 2030 nur noch umweltfreundliche Verpackungen zu produzieren, wird die Forderung nach recyclingfähigen Verpackungen schon jetzt immer lauter.

Das haben immer mehr Firmen wie auch die zur Mühlen Gruppe erkannt. „Die zur Mühlen Gruppe verfolgt das fest definierte Ziel, nachhaltig Lebensmittel zu produzieren. Dazu gehört auch die schrittweise Umstellung der Produkte auf nachhaltige und umweltbewusste Verpackungen. Daran arbeiten und forschen wir seit Jahren gemeinsam mit verschiedenen Verpackungsmittel-Herstellern“, sagt Jürgen Kowalski, Leiter Verpackungsentwicklung & Optimierung bei der zur Mühlen Gruppe. Zum Einsatz kommen in der zur Mühlen Gruppe schon heute mehrere nachhaltige Verpackungsideen: Chemcycling, also das chemische Recycling von Kunststoffabfällen, RPET, also recyceltes PET, sowie von PaperSeal-Kartonverpackungsschalen. Die genannten Maßnahmen haben allesamt das Ziel, den Verbrauch natürlicher Ressourcen wie zum Beispiel Öl für die Herstellung der Verpackung so weit wie möglich zu reduzieren.

ZMG: 90 Prozent Recycling
Unter der Marke Gutfried konnte die zur Mühlen Gruppe beispielsweise schon eine bedeutende Menge an Aufschnitt-Artikeln von der herkömmlichen auf die nachhaltige Verpackung umstellen. „Unser Bestreben ist es, weitere Alternativen mit Verpackungsmittel-Herstellern zu erforschen, um diese bei weiteren Lebensmitteln der Unternehmensgruppe einzusetzen“, sagt Jürgen Kowalski. So wird derzeit mit einem Projektpartner eine zu 90 Prozent recyclingfähige Verpackung erforscht. Je nach Verpackungsart liegt die Verteuerung laut Kowalski im Vergleich zur herkömmlichen Verpackung zwischen 10 und 100 Prozent. „Durch die momentane Situation geht die Kostenschere zwischen ‚normaler‘ und nachhaltiger Verpackung weiter auseinander, weil die Verfügbarkeit der Rohstoffe abnimmt und der Preis im Einkauf weiter steigt. Wir stellen die Verpackungsarten kontinuierlich infrage und suchen immer wieder nach noch optimaleren Lösungen“, so Jürgen Kowalski.

Das Unternehmen Bell Deutschland setzt für seine Abraham-Faltpackungen eine zu 93 Prozent recyclingfähige Monomaterialfolie ein. „Diese Verpackungslösung wurde 2022 mit dem WorldStar der World Packaging Organisation (WPO) ausgezeichnet und damit mit einer der bedeutendsten internationalen Auszeichnungen für Verpackungen“, sagt Stephan Holst, Bereichsleitung Marketing/Kommunikation bei Bell Deutschland. Durch die Umstellung auf das neu entwickelte Verpackungsmaterial wurde eine nicht recycelbare Kunststofflösung aus mehreren Materialien ersetzt. Neben der Recyclingfähigkeit ist das neue Material laut Holst leichter. Dank dieser Umstellung auf die neue und leichtgewichtigere Monomaterial-Lösung wird der Kunststoffabfall für Bell um 35 Tonnen jährlich reduziert. „Ganz grundsätzlich verbraucht eine Faltpackung 37 Prozent weniger Material als vergleichbare Standardverpackungen mit Schutzatmosphäre. Der Nutzen ist also in mehrerer Hinsicht gegeben“, so Holst.

Das Unternehmen Cornelius GmbH setzt auf umweltfreundliche FSC-zertifizierte Papierverpackungen aus natürlich nachwachsenden Rohstoffen. „Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Verpackungen können als normales Papier entsorgt und somit leichter recycelt werden. Mit der Vermeidung von Plastik unterstreichen wir unseren Nachhaltigkeits-anspruch. Auch erwarten wir eine hohe Verbraucherakzeptanz“, sagt Peter Cornelius, Inhaber der Cornelius GmbH, die vor allem für ihre Pfälzer Spezialitäten bekannt ist. Für die Papierverpackungen kalkuliert Cornelius 5–10 Prozent mehr Kosten ein. Wiederverwertbare Folien kommen bei Cornelius nicht zum Einsatz. „Das Problem, das sich bei Folien generell stellt, ist die fachgerechte und nachhaltige Sortierung. Aber: Schon jetzt haben wir bei allen Produkten die Dicke der Folie so weit wie möglich reduziert, ohne dass die Produktqualität darunter leidet“, sagt Peter Cornelius, dessen Firma dabei ist, Schlüsselprodukte auf nachhaltige Verpackungen umzustellen.

Nachhaltigkeit bei Verpackungen ist auch der Campofrio Food Group Deutschland GmbH (CFGD) ein wichtiges Anliegen. „In unserer Gruppe wird daher zentral auf europäischer Ebene an nachhaltigeren Verpackungslösungen für unsere Produkte gearbeitet. Dabei liegt der Fokus – wo möglich – zunächst auf der Reduzierung von Plastik und im zweiten Schritt auf der Umstellung auf recycelfähige Verpackungen. Unser Ziel ist es, unsere Verpackungen in Europa mittelfristig, das heißt bis 2024/2025, auf recycelbare Verpackungen umzustellen“, sagt Sybille Jech, Senior Brand Manager, Campofrio Food Group Deutschland GmbH. Gegen Ende des Jahres wird CFGD zunächst die Verpackungsfolien der Aoste-Dauerwurst-Artikel Zug um Zug auf ein Mono-PP-Material umstellen, das voraussichtlich zu 88 Prozent recycelbar ist. „Der genaue Grad der Recyclingfähigkeit wird für jede Folie durch ein unabhängiges Institut zertifiziert. An recyclingfähigen Verpackungen für die Aoste Stickado und unsere Campofrio-Produkte wird intensiv gearbeitet, die Umstellungen sind für das kommende Jahr geplant“, sagt Jech. Auf ein volles Jahr gerechnet kann durch die Umstellung auf Recycling-Folie laut Verpackungsexpertin Jech allein mit dem Aoste-Dauerwurst-Sortiment mehr als eine Tonne Kunststoff dem Recycling-Kreislauf zugeführt werden. „Aktuell liegen die Preise für Monokunststoff-Verpackungen etwas über denen der derzeitigen Verbundfolien. Wir sehen es aber als unsere Verpflichtung, unseren Teil zu mehr Nachhaltigkeit beizutragen. Die dadurch bedingt höheren Kosten geben wir nicht an unsere Kunden weiter“, sagt Sybille Jech.

Wolf: Pilotprojekt gestartet
Bei der Firma Wolf Wurstspezialitäten steht Nachhaltigkeit bei den Verpackungen ganz oben auf der Agenda. „Bei unseren Slicer-Verpackungen konnten wir bereits 17 Prozent Kunststoff einsparen. Wir arbeiten außerdem gemeinsam mit Wissenschaftlern an einem Pilotprojekt mit IntelliPack“, sagt Bernhard Oeller, Geschäftsführer Produktion Wolf. Hier geht es um eine intelligente Etikettenlösung mit zusätzlichen Informationen für den Verbraucher, dank der die Kühlkette entlang der Supply Chain dargestellt werden kann, wodurch unter anderem Lebensmittelabfälle reduziert und damit auch deren Verpackungen eingespart werden können. „Ziel ist die Optimierung der Ressourceneffizienz kühlpflichtiger Produkte entlang der Supply Chain. Hierdurch gewinnen wir wertvolles Know-how“, sagt Bernhard Oeller.

In ihrer Convenience-Sparte konnte die Firma Wolf die Recyclingfähigkeit der Verpackungen erhöhen. „Wir haben von der schwarzen PP-Schale auf eine opake PP-Schale umgestellt, sodass unsere Verpackungen zu einem großen Teil recyclingfähig sind. Momentan entwickeln wir opake PP-Schalen mit PP-Monofolie und PP-Etiketten, womit wir eine vollständige Recyclingfähigkeit erreichen“, sagt Oeller.

Die Firma Wolf arbeitet auch am Einsatz wiederverwertbarer Papierformen. Heute schon sind die Kartons ausschließlich FSC-zertifiziert. „Beim Einsatz von wiederverwertbaren Folien bei der Wurst werden wir bald einen Durchbruch erzielen“, sagt Oeller. Aktuell sei die Recyclingquote der Primärverpackungen bei der Wurst noch niedrig, da Verbundfolien im Einsatz sind. Allerdings arbeitet Wolf mit Priorität daran, die vakuumierten und begasten Verpackungen auf eine nachhaltigere und zu 100 Prozent recyclingfähige Verpackung umzustellen. „Wir sehen die Zukunft in Monomaterial und nicht in Papierverbund: Seit mehreren Jahren laufen intern und extern hierzu Forschung und Entwicklung, und wir befinden uns jetzt in der finalen Abstimmung mit einem Technologiekonzern“, betont Geschäftsführer Oeller. „Was wir damit auch erreichen werden: eine Materialreduktion um fast 35 Prozent und volle Recyclingfähigkeit.“

Auch bei Wiesenhof stehen nachhaltige Verpackungen hoch im Kurs. „Wir verfolgen zwei Strategien, um die Nachhaltigkeit unserer Kunststoffverpackungen zu verbessern: Kunststoffreduzierung durch Verringerung der Folienstärken und Optimierung der Recyclingfähigkeit der Verpackungen.

Wiesenhof: zwei Strategien
Alles unter der Prämisse der absoluten Produkt- beziehungsweise Lebensmittelsicherheit, was zu einem Spannungsfeld führt“, sagt Dr. Ingo Stryck, Geschäftsführer Marketing der PHW-Gruppe. Wird diese nicht gewährleistet, läuft dies laut Stryck dem Nachhaltigkeitsgedanken beispielsweise in Hinblick auf die Food-Waste-Thematik sogar entgegen. „In enger Abstimmung mit unserem Verpackungsmittellieferanten konnten wir die Folienstärke kontinuierlich reduzieren und so jährlich einige Tonnen Material einsparen“, sagt Ingo Stryck. Diesen Weg führt Wiesenhof laut Stryck auch zukünftig konsequent weiter und arbeitet kontinuierlich an Verbesserungen der Recyclingfähigkeit der Verpackungen, beispielsweise durch den Einsatz von Monomaterialien. Laut Stryck gibt es für die meisten Verpackungsmaterialien bereits einige Lösungen zur Wiederverwertung der Folien. Zur Gewährleistung der Produktsicherheit sowie Nachhaltigkeit und zum Handling der Verpackung in der Produktion sind laut Stryck allerdings weitere Tests notwendig. So existieren zum Beispiel Verbundmaterialien aus Zellstoff plus Folienbeschichtung, die eine gute Recyclingfähigkeit bei den Entsorgern ermöglichen.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist in letzter Konsequenz der Endkonsument, der die theoretisch nachhaltigen Verpackungen durch eindeutige und klar verständliche Lösungen auch dem dafür vorgesehenen Entsorgungssystem zuführen können muss. „Wir betrachten alle Verpackungen unter Nachhaltigkeitsaspekten und haben zu einem Großteil bereits Materialien eingespart“, sagt Dr. Stryck bezüglich der Umstellung auf nachhaltige Verpackungen. Welche Verpackung als „nachhaltig“ angesehen werden kann, hängt von der entsprechenden Zielsetzung ab: „Hier bewegen wir uns in einem Spannungsfeld und müssen die verschiedenen Zieldimensionen bewerten. Bei unseren TK-Produkten arbeiten wir beispielsweise bereits komplett mit wiederverwertbaren und für den Verbraucher einfach zu entsorgenden Monomaterialien.“

Das Hindernis: Rohstoffmangel
Alle Hersteller haben angegeben, dass der akute Rohstoffmangel die Entwicklung bei nachhaltigen Verpackungen eher bremst. „Das Problem der höheren Kosten ist unverändert. Es war, ist und bleibt schwierig, weil die Bereitschaft, sich an Mehrkosten für nachhaltige Verpackungen zu beteiligen, nur bedingt gegeben ist. Insofern sind wir als Anbieter gefordert, alle Effizienz-Register zu ziehen, um voranzukommen“, sagt Stephan Holst von Bell Deutschland.

08.04.2022 - Fleisch Jens Hertling

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