Convenience Die neue Welt der schnellen Mahlzeit

Der Markt für Convenience-Food ist im Wandel. Eine Chance für Vollsortimenter, Discountern etwas entgegenzusetzen. Handelsunterunternehmen machen mit Eigenmarken Druck.

Dienstag, 09. Juni 2015 - Sortimente
Dieter Druck
Bildquelle: Hoppen, GfK 2015 / *Weiße Linie ohne H-Produkte (inkl. Riegel, Hefe, Säfte, Dessertsaucen)

Kaum Freizeit, zu viele Aufgaben, Hektik, wenig Zeit, Tagesabläufe ohne festgelegte Essenszeiten – da ist Convenience gefragt. Schnelle und einfache Gerichte bewegen sich demzufolge weiter auf dem Wachstumspfad. Laut einer Studie von Mafowerk zum Fertiggerichtekonsum, decken die Befragten im Durchschnitt 28 Prozent ihres wöchentlichen Gesamtbedarfs an Mahlzeiten mit unterschiedlichen Fertiggerichten.

Gleichzeitig erfährt die „gekühlte Frische“ insgesamt eine steigende Nachfrage. Auf Basis des Consumerpanels ermittelte die GfK 2014 für die Frische einen Marktanteil von 42 Prozent (Vorjahr 41 Prozent) an den Fast Moving Consumer Goods (FMCG). Das Interesse des LEH an der Frische steige, weil dies ein Frequenzbringer sei, heißt es in Nürnberg. Nicht zu vergessen die vergleichsweise hohe durchschnittliche Wertschöpfung (Faktor: 3,9).

2014 Jahr wurden mit gekühlter Convenience 1,77 Mrd. Euro umgesetzt (Consumer Scan, GfK). Damit legte der Markt seit 2010 um 20 Prozent wertmäßig zu. Und nahezu alle Segmente verzeichnen Wachstum.

In dem heterogenen Feld spielt die gekühlte Pasta mit einem Umsatzanteil von rund 16 Prozent eine Hauptrolle. Der Markt (LEH gesamt) mit frischen Teigwaren wuchs laut Nielsen im vergangenen Jahr um 3,7 Prozent im Wert (frische Pasta: plus 4 Prozent) auf rund 360 Mio. Euro (Pasta: 117,5 Mio. Euro). Und die Dynamik setzt sich im 1. Quartal fort. Auch bei Steinhaus in Remscheid-Lennep. „Die Überarbeitung des Sortiments zeigt Wirkung“, konstatiert Marketingleiter Oliver Frielingsdorf. Basis des Verpackungsrelaunches waren u.a. Erkenntnisse aus einer Verbraucherstudie mit Rheingold Salon. „Convenience heißt im Kern: schnell, einfach und gut“, erläutert Frielingsdorf. Das werde dem Kunden auch über das neue Verpackungskonzept signalisiert, „denn Kunden suchen nicht allein Premium“. Daher habe Steinhaus eine neue Segmentierung und Positionierung der Pasta-Range vollzogen. Die Umstellung startete im vergangen Oktober mit Pasta Rustica. Die Linie vermittelt vor allem italienische Werte und „wie handgemacht“. Wie auch bei den anderen Sortimentslinien geben große Sichtfenster den Blick frei auf das Produkt. Weitere Signale gehen von der jeweiligen Produkt- und Zutatenabbildung aus. Durch den Einsatz von Kartonreitern in Verbindung mit einem Schlauchbeutel wurde zudem Verpackungsmaterial eingespart. Die vorangegangen Ergebnisse eines Verpackungstest bestätigen sich am PoS. Im ersten Quartal verzeichnete die Linie ein wertmäßiges Plus von 30 Prozent gegenüber dem vorangegangenen.

Im November folgte die Handelseinführung der vier Varianten unter „Creazioni di Pasta“, „für Verbraucher, die einen modernen individuellen Lebensstil führen“. Moderne Rezepturen einer leichten mediterranen Pasta-Küche, frische Zutaten, hoher Conveniencegrad und schnelle Zubereitung sind besondere Eigenschaften dieser Range. Auch das klassische Pasta-Sortiment erhielt eine neue Optik und mit „Pasta Classica“ einen neuen Namen. Die Range biete klassische Rezepturen und „Pastagenuss für die ganze Familie und jeden Tag“. Gleichzeitig wurde die Optik der frischen Pasta-Saucen dem Classica-Auftritt angepasst. Pasta und Saucen werden idealerweise zusammen platziert. Im Mai wurden die Linie um die neuen Tortelloni-Varianten Salami und Tomaten-Mozzarella erweitert.

Auf Wachstumskurs ist auch Rana im deutschen Markt. Das Segment der gekühlten, gefüllten Pasta wuchs im Zwölfmonats-Zeitraum bis Ende März 2015 um 9 Prozent auf 77,3 Mio. Euro (IRI; LEH exklusive Aldi, Lidl, Norma). „Dieses Wachstum ist mitgetragen von Rana“, unterstreicht Geschäftsführer Frank Lippert.

Die Distribution ist im vergangenen Jahr deutlich vorangekommen. Von 39 auf 67 Prozent kletterte im genannten Zeitraum die gewichtete Distribution. Weitere Wachstumsimpulse resultierten aus dem Ausbau von Sortimenten und eine verstärkte Rotation in bestehenden Märkten. Und bei größerer Kontaktstrecke ergäben sich auch mehr Kaufimpulse, erläutert Lippert. Das sei essenziell, weil Frischpasta immer noch überwiegend impulsiv gekauft wird. Bei der Zahl der Verwender ist noch viel Luft nach oben. Nur 28 Prozent der deutschen Haushalte kaufen mindestens einmal im Jahr frische gefüllte Pasta.


Rana ist jetzt ebenso bei ungefüllter Pasta in Deutschland präsent. Das Besondere: Die frischen Zutaten sind bereits im Pasta-Teig verarbeitet. Seit der KW 15 sind die „Gourmet-Sorten“ Tagliatelle Steinpilze sowie Tagliatelle Tomaten und Basilikum im Handel.

Zum gleichen Zeitpunkt wurde die gefüllte Pastalinie Duetto eingeführt. Das sind zwei verschiedene Ravioli-Sorten in einer Packung, wie beispielsweise Ravioli mit Spargel-Stückchen kombiniert mit Ravioli gefüllt mit originalem Parmigiano Reggiano.

Bereits seit Mitte November ist die Marke mit insgesamt fünf Variantenebenfalls im Segment der gekühlten Saucen vertreten. Das ist der Kern, auf den man sich in Frankfurt zunächst einmal konzentrieren wird. „Natürlich sind wir hier angetreten mit dem Ziel, neue Impulse im Markt zu setzen“, sagt Lippert. Eine deutlich andere Qualität und der Becher im ansonsten beutelgeprägten Umfeld werden als differenzierende Merkmale genannt. Der transparente Kunststoffbecher ist wiederverschließbar und kann in der Mikrowelle erhitzt werden.

Laut interner Marktforschung sind das für Verbraucher relevante Attribute. Für den 200-g-Becher (zwei Portionen) werden je nach Sorte zwischen 1,99 und 2,49 Euro unverbindlich empfohlen. „Das ist in Deutschland sicherlich kein leichter Markt. Aber wir bewegen uns bereits auf einem wettbewerbsfähigen Niveau“, sagt Lippert. Im Heimatmarkt Italien sowie in Großbritannien und Frankreich z. B. verfügt die Marke über eine große Saucenkompetenz.

Weiter voran gekommen im deutschen LEH ist auch die Marke Hilcona, so Rico Grünenfelder, Senior Product Manager Marke Retail. Treibende Kräfte seien stärkere Abverkäufe innerhalb des Kernsortimentes Tortelloni nach dem Relaunch im vergangenen Jahr sowie die Einführung der Pfannen-Pasta. Nielsen ermittelte für die Kernprodukte eine um 39 Prozent höhere Rotation gegenüber dem 1. Quartal 2014 (proportionaler Durchschnittsabsatz, Verbrauchermarkt groß). Und die Pfannenpasta repräsentierte im vergangenen Jahr 70 Prozent des LEH-Umsatzes aller Neuprodukte in der Kategorie Nudeln / Pasta. Eine Untersuchung bei kaufenden Haushalten habe gezeigt, dass die Qualität mit 84 Prozent und die Zubereitung mit 77 Prozent (Top2Box) sehr gut bewertet wurden und dadurch zu einer hohen Zufriedenheit und einem hohem Wiederkauf von 75 Prozent führen. „Durch die TV-Kampagne in Kombination mit der PoS-Aktion ’Gratis testen’ konnten wir neue Konsumenten von dem Produkt überzeugen“, unterstreicht Grünenfelder. Neue Produkte innerhalb der Range Pfannen-Pasta kündigt Hilcona für den Oktober 2015 an. „Der Handel muss das Pasta-Sortiment noch weiter segmentieren und durch Marken und Innovationen wie zum Beispiel Pfannen-Pasta Attraktivität und Abwechslung steigern, um die Verwendungshäufigkeit seiner Konsumenten zu intensivieren“, ist der Senior Product Manager Marke Retail überzeugt.

Eine feste Größe im Markt sind die Maultaschen. Sie bringen rund 30 Prozent des LEH-Umsatzes mit gekühlten Teigwaren. Marktführer ist Bürger. Das Unternehmen nennt bezogen auf die Menge einen Anteil von 75,6 Prozent (Nielsen Company 2014). Im Hauptabsatzgebiet Baden-Württemberg sind es inzwischen 92 Prozent. Ziel ist, die Maultasche auch in anderen deutschen Regionen zu etablieren und voranzubringen. Man sei hier auf einem guten Weg und verbuche durchweg zweistelliges Wachstum in Nielsen Nord, Ost und West. heißt es in Ditzingen. Das zeige, welches Potenzial hochwertigen Convenience- / Snack-Produkten und regionalen Spezialitäten innewohne. Die im Frühjahr von Bürger eingeführten Neuprodukte folgen den angesagten Trends. Das sind: Maultaschen-Frischkäse-Spinat (vegetarisch), Maultaschen vegan, die Maultaschen- „Schnizzl“ für die Pfannenzubereitung sowie die „Kleinen Monster“ (Mini-Maultaschen für Kinder).

Die jüngsten Entwicklungen bei Bürger beziehen sich u. a. auf die Ansätze Single-Packs und To-go. Stark im Kommen sei das Produktmerkmal vegan / vegetarisch. Es wird zurzeit mit einem individuellen Label auf den Produkten ausgelobt. Als Nischenprodukte, aber dennoch im Fokus stehend, werden glutenfreie Produkte bewertet. Bürger beschäftigt sich mit der Erweiterung dieses Angebotes. Vergleichbar dem Trockensortiment, wäre auch im Kühlregal ein „glutenfreier Block“ wünschwert, um die Produkte besser herausstellen zu können.


Eine neue Kategorie im deutschen Chilled Food Regal hat Uplegger aufgemacht. Unter der Marke „Wir ♥ Frucht“ werden Fruchtdesserts ohne Zuckerzusatz angeboten. Hersteller ist das französische Unternehmen Charles & Alice, das nach eigenen Angaben nur sonnengereifte Früchte naturbelassen verarbeitet. Den derzeit im deutschen Markt angebotenen Fruchtmussorten würden in der Regel Zucker und andere Zusätze hinzugegeben, heißt es bei Uplegger. Laut Marcus Kühn, Head of Business Development, gelten Charles & Alice in ihren Land als Spezialisten unter den Fruchtdessertproduzenten. Die Herausforderung besteht sicherlich darin, diese erklärungsbedürftigen Produkte mit ihren besonderen Merkmalen dem deutschen Verbraucher nahe zu bringen. „Darin liegt aber auch das Potenzial. Es handelt sich um ein neues, spannendes und vielseitiges Produkt“, erklärt Kühn. Gestartet wurde in Berliner Märkten. Hier läuft auch aktuell eine Verkostungstour, die im Anschluss deutschlandweit ausgebaut werden soll. Weitere PoS-Aktivitäten sind in der Planung. Dann noch die Frage der richtigen Platzierung: Eine vorab durchgeführte Verbraucherbefragung erbrachte das Ergebnis, dass die Kunden diese Produkte in der Kategorie „Gesunde Joghurts“ suchen.

Als richtigen Ort für Ultrafrische hat Deutsche See Fischmanufaktur in einer Kundenbefragung eindeutig die Obst- und Gemüseabteilung identifiziert. Außerdem passe hier das Umfeld in puncto Frischeanmutung besser als das Mopro-Regal, das mit relativ lange haltbaren Molkereiprodukten nicht zu vergleichen sei, sagt Christian Kamphoven, Produktmanagement Deutsche See. Auch würden hier stärker Impulskäufe ausgelöst.

Dabei seien die Verhaltensmuster der Konsumenten allerdings nur schwer zu pauschalisieren. Qualität, Frische und der Trend zu einer bewussteren Ernährung, z. B. vegane Produkte, prägen aus Sicht von Kamphoven derzeit das Marktgeschehen. Vegane bzw. vegetarische Produkte werden sich weiter etablieren. Das spiegelten bereits jetzt die Neuprodukte wider. Beispielsweise bringt Deutsche See unter Beeck Extra Frisch fünf neue ultrafrische Salatkreationen auf den Markt, davon sind vier vegetarisch. Vegane Salate werden Anfang Juli folgen. „In dem Bereich Ultrafrische sehen wir großes Potenzial, das wir in Zusammenarbeit mit Handelspartnern erschließen wollen“, sagt Kamphoven. Einige interessante Sachen seien bereits in der Entwicklung.

Dass der Handel auf Differenzierung durch kurze Restlaufzeiten setzt, zeigt das Beispiel Edeka mit dem Ausbau der ultrafrischen Linie unter der Eigenmarke Deli. Von den Eigenmarken geht aktuell eine starke Dynamik aus, die sich in teils zweistelligen Zuwachsraten niederschlägt. Einigen scheint die Zeit reif dafür, andere halten Ultrafrische für überbewertet und das Handling für eine zentrallagerorientierte Handelslogistik schwer zu realisieren. Aber die Voraussetzungen und sicherlich die Intention des Handels sind heute anders und passender als vor zehn Jahren, als nur jeder irgendwie dabei sein wollte. Auch das veränderte Konsum- und Einkaufsverhalten trägt dazu bei, dass neue Frischeinszenierungen in den Märkten angegangen werden.

 

Das kennzeichnet Kunden und Markt

Das Ernährungsumfeld ändert sich und daraus ergeben sich gute Perspektiven für Convenience-Produkte in den verschiedensten Angebotsformen. Einige Stichpunkte aus verschiedenen Studien.

  • Demografischer Wandel, veränderte Familienstrukturen, höhere Erwerbstätigkeit bei Frauen und mehr Mobilität sowie Flexibilität werden sich auf das Ernährungs- und Einkaufsverhalten auswirken.
  • Vor allem jüngere Familien-Lebenswelten empfinden heute verstärkt Zeitknappheit / -stress. Laut einer GfK-Studie sind das in dieser Gruppe 48,6 Prozent. (vor Jahren: 44 Prozent Zeit spielt eine große Rolle).
  • Out-of-Home-Angebote und Lieferservice lassen die Zahl der Shoppingtrips sinken. Das wirkt insbesondere auf Impulskäufe aus. Gekühlte Convenience wird aber überwiegend spontan gekauft.
  • Junge Familien kochen gerne schnelle und einfache Gerichte (57 Prozent treffen diese Aussage; 53 Prozent bei der Grundmenge „alle Haushalte“).
  • Gesundheitsbewusste Verbraucher greifen häufiger zu Fertigerichten mit naturbelassenen Zutaten.
  • Verbraucher werden laut Nestlé- Zukunftsstudie in den kommenden Jahren verstärkt darauf achten, Produkte zu kaufen, die ihren
  • eigenen Werten entsprechen.
  • Der Verbraucher stellt höhere Anforderungen an Hersteller und Handel. Er hinterfragt künftig stärker, wie sich die Anbieter auf seine individuelle Bedürfnisse einstellen.

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