Ferkelkastration ohne Betäubung Frist verlängert

Die Große Koalition verschiebt das Verbot der Ferkelkastration ohne Betäubung. Ab Januar sollte Schluss sein mit der betäubungslosen Kastration männlicher Ferkel. Die Übergangsfrist wird nun um zwei Jahre verlängert. Das Bundeslandwirtschaftsministerium will es deutschen Bauern allerdings bald erlauben, bei der Ferkelkastration das Narkosemittel Isofluran anzuwenden.

Montag, 05. November 2018 -
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: Initiative Tierwohl

Eine Sprecherin des Bundeslandwirtschaftsministeriums sagte heute, dass eine Verordnung dazu in Arbeit sei. Man rechne damit, dass „in Kürze“ eine Zulassung für das Mittel in Deutschland vorliegen werde.

Die Landwirte sollen demnach einen sogenannten Sachkundenachweis brauchen, um Ferkel mit Isofluran zu betäuben. In der Schweiz, wo die Betäubung von Ferkeln bei der Kastration schon seit 2009 vorgeschrieben ist, wird der Wirkstoff regulär eingesetzt.

Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung gibt die zusätzlichen Kosten pro Ferkel für die Inhalationsnarkose mit Isofluran mit 4,40 bis 5 Euro an. Das sei nicht der „präferierte Weg“ des Ministeriums, sagte die Sprecherin. Die Landwirte sollten zwischen verschiedenen Wegen wählen können.

Nach Unionsangaben verständigten sich CDU/CSU und SPD am Freitag auf einen Gesetzentwurf, mit dem die Übergangsfrist bis zum vollständigen Verbot der betäubungslosen Ferkelkastration um zwei Jahre verlängert wird. Grund seien fehlende Alternativen, was viele Schweinehalter ihre Existenz kosten könne. Die Koalitionsspitzen hatten sich bereits Anfang Oktober auf eine längere Übergangsfrist geeinigt. Grüne und Verbraucherschützer empörten sich und bestritten, dass es an Alternativen mangele – sie kosteten die Fleischindustrie nur mehr.

Unionsfraktionsvize Gitta Connemann erklärte am Samstag, es gebe derzeit keine marktgängige oder praktikable Alternative zur betäubungslosen Ferkelkastration. Erforderliche Tierarzneimittel seien noch nicht zugelassen, alternative Verfahren würden bislang von Handel und Verbrauchern nicht akzeptiert. „Ohne ein Handeln des Gesetzgebers würden gerade die kleinen Höfe ab dem kommenden Jahr vor einem unlösbaren Problem stehen“, argumentierte sie. Die Ferkelerzeugung werde dann ins Ausland abwandern.

Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter wies diese Argumentation entschieden zurück. „Natürlich gibt es Alternativen, die längst von Wissenschaftlern, Tier- und Verbraucherschützern anerkannt sind – zum Beispiel die Kastration unter Narkose. Die Fleischindustrie stemmt sich gegen die tierschutzgerechten Lösungen, in erster Linie, um Kosten zu sparen“, sagte Hofreiter. Die Grünen-Abgeordnete Renate Künast kritisierte auf Twitter, die Koalition weiche das Tierschutzgesetz auf. Die Große Koalition sei der „Albtraum“ der Tiere.

In Deutschland werden jedes Jahr Millionen männlicher Ferkel wenige Tage nach der Geburt ohne Betäubung kastriert. Diese Methode soll vermeiden, dass Fleisch von Ebern einen strengen Geruch und Beigeschmack bekommt. Die Lebensmittel Praxis hat alle wichtigen Informationen dazu, auch die möglichen Wege aus der Kastration, in der Ausgabe 13/2018 ausführlich beschrieben.

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