Dale Pues Voller Einsatz

Dale Pues: Das heißt in Nicaragua OK oder „Gut, so machen wir‘s“. Nach diesem Motto steuert auch Ritter Sport seine Kakao-Aktivitäten vor Ort, gerade auch angesichts der unsicher gewordenen politischen Entwicklung. Ein Besuch auf der eigenen Plantage im Südosten des Landes.

Donnerstag, 13. September 2018 - Süßwaren
Andrea Kurtz
Artikelbild Voller Einsatz
Von Anfang an: Drei eigene Baumschulen gibt es auf El Cacao.
Bildquelle: Ritter Sport, Andrea Kurtz

Inhaltsübersicht

Anfang März jedenfalls war alles gut. Auf El Cacao, der Plantage, die Ritter Sport 2011 in Nicaragua kaufte und seitdem konsequent im Agroforst-System aufbaut, wurde die erste nennenswerte Ernte eingefahren. 25 Quadratkilometer – rund 3.200 Fußballfelder – groß ist das Gelände, es liegt im Südosten des Landes, der Atlantik und das Städtchen El Rama sind nicht weit. Rund 1.200 Hektar sind für den Kakaoanbau vorgesehen; der Rest soll als Naturschutzgebiet erhalten bleiben oder entfällt auf Infrastruktur wie Straßen. Auch einzelne Kleinbauern leben auf dem Gelände, es gibt auch eine Schule und eine Kirche sowie ein altes hölzernes zentrales Gebäude. Von dort aus startete das Team von Ritter Sport die Bewirtschaftung. „Damals gab es noch keine befestigte Straße bis zur Plantage, die letzten Meter haben wir zu Fuß, auf dem Pferd, später dann auf dem Motorrad zurückgelegt“, berichtet Ritter-Sport-Geschäftsführer Andreas Ronken.

Inzwischen braucht man von Managua aus normalerweise rund sieben Stunden, 300 Kilometer auf der Landstraße und dann noch einmal 36 Kilometer auf einer Art Piste.

Auf El Cacao selbst entstand auch ein neues Zentrum. Neben dem Wasserturm mit dem Logo des Unternehmens befindet sich auf einer Anhöhe der offene Ess- und Versammlungsbereich mit Bar, Großbildschirm, Küche, Waschräumen.

Neues Zentrum der Plantage
Hier gibt es drei mal täglich Essen, typisch nicaraguanisch mit Reis, Bohnen, Eiern, Fleisch oder Fisch und vor allem Früchte satt: Melonen, Bananen, Mangos, Papayas und und und. Alkohol gibt es nicht, der ist auf der ganzen Plantage verboten, dafür steht auf der Bar immer köstlicher Kaffee bereit. Umgeben ist dieser zentrale Comedor von einigen Zwei-Zimmer-Ziegelbungalows, die von Gästen genutzt werden und einem größerem Haus mit Terrasse. Hier wohnt Plantagen-Chef Volker Schuckert.

Das ‚Hotelito‘, ein quadratisches Areal auf der anderen Seite des Comedor, mit Innenhof und Bänken wird von den einheimischen Führungskräften bewohnt, die nicht jeden Tag nach Hause fahren können. Ebenfalls in unmittelbarer Nähe: Personalbüro und Krankenstation.

30 Prozent über Mindestlohn
Unterhalb der Anhöhe sieht man schon die große Baumschule; auf dem gegenüberliegenden Hügel sind die Werkstätten, der Fuhrpark, das Gebäude für die Nacherntebehandlung, das Labor und eine Art Bushaltestelle. Dazu ist jetzt noch ein Gebäude gekommen, in dem sich die Fahrer aufhalten oder die Mitarbeiter duschen können.

Auf diesem Areal kommen morgens um 5 Uhr 15 die derzeit rund 300 Arbeiter an, die auf El Cacao fest angestellt sind. Auch viele Frauen sind darunter. Sie stammen aus der Gegend und fahren mit den Sammeltransporten per LKW oder auf den Betriebs-Motorrädern. Sie werden in Gruppen eingeteilt und dann geht es auf die einzelnen Parzellen oder in die Trocknung.

Ritter Sport zahlt den Mitarbeitern mindestens 30 Prozent mehr als den nicaraguanischen Mindestlohn von ca. 150 US-Dollar im Monat; außerdem gibt es 30 Tage Urlaub und Sozialleistungen wie Betriebsrat, Altersvorsorge oder Krankenversicherung. In einem Land, wo ein Bier für 70 Cent zu haben ist, ist das nicht die Welt, aber eine solide Basis. Die Arbeit beginnt morgens um kurz nach fünf und geht bis 14 Uhr. So haben die meisten am Nachmittag Zeit, um ihre eigenen kleinen Landwirtschaften zu bewirtschaften. „Manche kommen zu uns und bitten, neben dem offiziellen Urlaub, noch um weitere Freistellung“, erzählt Volker Schuckert. „Das gewähren wir gern, denn so bleibt uns ein fester Mitarbeiterstamm treu.“


Das sind überhaupt die Grundprinzipien, nach dem Ritter Sport seine Mitarbeiter führt: Verlässlichkeit ist das eine, Förderung und Weiterbildung das andere. Deswegen wollen die Schwaben die Arbeiter auf der Plantage so qualifizieren, dass sie mehr machen können, als nur Kakaofrüchte zu ernten und zu öffnen.

So müssen die eigens für den Standort entwickelten Öffnungs- und Trocknungsmaschinen bedient und gewartet werden, die Prüfung im Labor ist nötig, die neuen Pflänzchen müssen fachgerecht veredelt werden. Das passiert in der Baumschule, in der die zwölf heimischen Sorten, die am besten mit der Landschaft kompatibel sind, auf einen starken Unterbaum aufgepfropft werden.

Baumschule: Gut 122.000 Pflanzen
Nach zwei Monaten kommen die kleinen Bäumchen ins Feld, gemeinsam mit anderen heimischen Bäumen und Pflanzen, die für Schatten, gute Erde oder nötige Insekten sorgen – so wie es das Agroforst-System vorsieht. Für 122.000 Pflanzen hat die Baumschule Platz; 86 Prozent davon schaffen es, ein Kakaobaum zu werden. Nach rund drei Jahren werfen die Bäume die erste nennenswerte Ernte ab; vorher sind die Früchte, die aus den zartrosa Blüten entstehen, zu klein. Die Blüten wachsen direkt am Stamm, duften ganz leicht, ein bisschen wie Jasmin, und da Kakao das ganze Jahr über geerntet werden kann, gibt es gleichzeitig Blüten und Früchte.

Die ungefähr Football-großen Früchten in allen Farben von gelb über grün bis rot und rosa kommen nach der Ernte in die Halle zur Nacherntebehandlung, wo sie zunächst geöffnet werden.

Eigens entwickelte Maschinen
Auf die inzwischen patentierten großen Maschinen zur Öffnung und zu Trocknung ist Ritter Sport stolz, denn wenn aus den rund 1.000 Tonnen Kakao, die in diesem Frühjahr geerntet wurden, die ab 2025 geplanten 2.500 Tonnen pro Jahr werden, muss die maschinelle Verarbeitung greifen. „Meist werden die Früchte hier per Hand geöffnet und getrocknet, das reicht für unsere Kapazitäten nicht aus“, berichtet Schuckert. So können maschinell in Zukunft sechs Tonnen pro Stunde getrocknet werden. Bisher wird nach der Öffnung die Pulpe in Handarbeit von den einzelnen Kakaobohnen entfernt und alles auf großen hölzernen Tragen getrocknet. Vier bis fünf Tage dauert die Fermentierung; rund fünf bis sechs Tage dann die Trocknung.

Die Menge von 2.500 Tonnen entspräche dann rund 30 Prozent des Kakaos, den das Unternehmen benötigt. „Der Kakao, der von hier kommt, wird anders schmecken, vielleicht auch farblich etwas anders aussehen“, erläutert Schuckert mit Verweis auf die eigene Pflanzenzucht, die auf eine Mischung aus zwölf Sorten setzt. Der Verbraucher werde das bei den Standardsorten nicht bemerken; dafür sorgt die hauseigene sensorische und qualitative Kontrolle.

Den übrigen Kakao kauft Ritter Sport unter anderem auch in Nicaragua, beispielsweise von einer Kooperative im Hochland bei Matagalpa. „Ich bin glücklich, dass ich in einem Familienunternehmen arbeite, in dem ich so etwas wie El Cacao machen kann – auch wenn sich dies erst in 20 Jahren auszahlt“, betont Andreas Ronken. Die Familie Ritter engagiert sich seit 1968 in dem mittelamerikanischen Land und war froh, dass sie dort von verschiedenen Besitzern ein zusammenhängendes Areal kaufen konnte, um die Vision von Aufzucht, Anbau und Ernte aus einer Hand verwirklichen zu können. Der als wirtschaftsfreundlich geltende Staatschef Daniel Ortega hatte bisher für die nötige Stabilität gesorgt. Unterstützung allerdings gab es nicht von Regierungsseite, sondern der Wirtschaftsförderung.

Engagement der Familie Ritter
„Wir sind das einzige Unternehmen, das nur Schokolade herstellt“, sagt Ronken. „Schon deswegen müssen wir unsere Verantwortung ernst nehmen.“ Der Schritt zu eigenen Plantage sei folgerichtig gewesen, denn Ritter Sport wolle nicht nur den Produktionsprozess transparenter machen, sondern auch die Qualität des Kakaos verbessern. Ob er stolz auf die Plantage sei? „Mit Stolz kann ich persönlich nichts anfangen, aber alle, die sich für El Cacao einsetzen, können stolz sein“, sagt er. Natürlich gebe es im Unternehmen in Waldenbuch Zweifler, gerade angesichts der Investitionen von bis zu sechs Millionen Euro pro Jahr seit 2012. Deswegen werden alle Aktivitäten auf El Cacao auch transparent kontinuierlich präsentiert. „Wir tun etwas Gutes, das kommunizieren wir in alle Richtungen“, sagt Ronken energisch. „Nachhaltigkeit ist wie Zähne putzen: Tue ich das nicht, habe ich irgendwann ein Problem.“

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Testet den Geruch: Ritter-Sport Kakao-Experte Marcus Schmidt.
Bild öffnen Von Anfang an: Drei eigene Baumschulen gibt es auf El Cacao.
Bild öffnen 105 Tage: So lange reift eine Kakaofrucht. Gleichzeitig trägt ein Baum Blüten.
Bild öffnen Per Hand: Die Bohnen werden den maschinell geöffneten Früchten entnommen.
Bild öffnen Ein kleiner Football: Für etwa eine Tafel Schokolade reichen die Bohnen einer Frucht.
Bild öffnen Mit Logo: Das weithin sichtbare Zentrum von El Cacao.

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