Die gestiegenen Insolvenzen und Ausfallrisiken in Deutschland sind aus Sicht der Creditreform für Lieferanten und Kreditgeber alarmierend. Die Creditreform-Spezialisten haben für das zweite Halbjahr 2024 einen deutlichen Anstieg der Außenstände erkannt.
Wert überfälliger Rechnungen im Einzelhandel: 1,66 Milliarden Euro
Die Zunahme des Forderungsvolumens lässt sich laut Creditreform sowohl auf höhere Rechnungsbeträge infolge von Preiserhöhungen als auch auf die gestiegene Anzahl an zahlungsverzögerten Rechnungen zurückführen. Um den Geldfluss zu beschleunigen, reduzierten viele Lieferanten ihre Zahlungsziele. So wurde 2024 eine durchschnittliche Zahlungsfrist von 31,22 Tagen eingeräumt (Vorjahr: 32,05 Tage).
Im Einzelhandel lag sie 39,39 Tagen im Vergleich zu 36,71 Tagen 2023. Gleichzeitig sank die durchschnittliche Überfälligkeit von Rechnungen im B2B-Geschäft leicht auf 8,41 Tage – ein Zeichen für ein strengeres Kreditmanagement.
Der Wert überfälliger Rechnungen betrug 2024 im Einzelhandel 1,66 Milliarden Euro im Vergleich zu 1,48 Milliarden Euro 2023.
2024 höcste Zahl der Insolvenzen seit 2015
„2024 schnellten die Insolvenzzahlen in Deutschland um rund 25 Prozent nach oben und erreichten den höchsten Stand seit 2015. Lieferanten und Kreditgeber schärfen nun ihren Fokus auf das Forderungsmanagement.“ Das erklärt Patrik-Ludwig Hantzsch, Leiter der Creditreform Wirtschaftsforschung.
Die gesamte Forderungslaufzeit, bestehend aus Zahlungsfrist und Überfälligkeit, verringerte sich im zweiten Halbjahr 2024 um 0,89 Tage auf 39,63 Tage – der niedrigste Wert seit mehr als zehn Jahren. „Kürzere Zahlungsfristen und weniger Überfälligkeitstage sorgen dafür, dass das Geld etwas schneller beim Lieferanten ankommt. Dennoch müssen Waren und Dienstleistungen im Schnitt weiterhin fast 40 Tage vorfinanziert werden. Bei manchen Industriekunden sind so gar Werte jenseits der 40 Tage üblich“, so Janine Stappen, Leiterin des Creditreform-Debitorenregisters Deutschland.
Forderungsmanagemenz wird zu Balanceakt
Die gestiegenen Risiken hätten zudem eine stärkere Differenzierung der Zahlungsfristen zur Folge. So erhielten Großhändler sowie Metall- und Elektrounternehmen kürzere Zahlungsziele, während diese beispielsweise für Chemieunternehmen verlängert wurden. Der durchschnittliche Wert verspätet bezahlter Rechnungen stieg im zweiten Halbjahr 2024 auf 2,034 Euro (Vorjahr: 1,955 Euro).
Besonders hohe Belegwerte wurden weiterhin bei Chemieunternehmen gemessen (3.878 Euro), während Rechnungen an Firmen aus dem Baugewerbe mit durchschnittlich 1.052 Euro deutlich geringer ausfielen. Hantzsch warnt: „Die schwache Konjunktur spiegelt sich im rückläufigen Wachstum der Geschäftstransaktionen. Preissteigerungen verdecken oft die tatsächliche Lage – die Geschäfte laufen in vielen Branchen schlecht, insbesondere in der Industrie. Die gestiegenen Ausfallrisiken machen das Forderungsmanagement für Lieferanten zu einem Balanceakt.“
Nach zwei Jahren Konjunkturflaute drohen mehr Zahlungsausfälle
Die wachsenden Außenstände und die zunehmenden Zahlungsverzögerungen seien ein Warnsignal. Nach zwei Jahren Konjunkturflaute drohten weitere Zahlungsausfälle. „Wenn immer mehr Rechnungen verspätet bezahlt werden, sind die Folgen für Lieferanten und Kreditgeber gravierend. Die gestiegenen Risiken machen eine konsequente Überwachung des Forderungsmanagements unverzichtbar“, so Hantzsch.
Für die aktuelle Studie hat die Creditreform-Wirtschaftsforschung rund 3,9 Millionen Rechnungsbelege aus dem Creditreform-Debitorenregister Deutschland ausgewertet.