Landwirtschaft Proteste gehen weiter

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied (Foto), zieht nach dem ersten Protesttag gegen die geplante Streichung des Agrardiesels ein positives Fazit. Doch es geht den Landwirten um mehr: Weniger Auflagen, mehr Anerkennung, verlässliche politische Rahmenbedingungen und auskömmliche Preise. Die Demos gehen deshalb weiter. Am Donnerstag auch vor den Logistikzentren der Lebensmittelhändler.

Dienstag, 09. Januar 2024 - Handel
Lebensmittel Praxis
Artikelbild Proteste gehen weiter
Bildquelle: DBV

Lange Konvois von Traktoren und Lastwagen ziehen sich durch zahlreiche Städte, zig Autobahnauffahrten sind bundesweit zeitweise blockiert: Die Aktionswoche der Bauern gegen die Agrarpolitik der Bundesregierung hat am Montag in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Gemessen an den Teilnehmerzahlen fanden vor allem in Großstädten größere Demonstrationen statt. Hunderte Traktoren und andere Zugmaschinen sorgten aufgrund ihrer Größe für beeindruckende Bilder, viel Aufmerksamkeit - und etliche Verkehrsbehinderungen. Vordergründig geht es um die geplanten Kürzungen der Bundesregierung beim Agrardiesel, doch der sei „nur der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen“ gebracht hätte. Immer mehr Auflagen bei Düngung, Pflanzenschutz und Tierwohl sowie unplanbare politische Rahmenbedingungen, die sich zudem in immer kürzeren Zeitabständen änderten, sorgen für Frust in der Landwirtschaft.

Der Präsident des Deutschen Bauernverbandes, Joachim Rukwied, sieht den ersten Protesttag als vollen Erfolg an: „Das war ein erfolgreicher Start in unsere gemeinsame Aktionswoche. Landwirte haben heute mit rund 100.000 Traktoren in ganz Deutschland ein deutliches Zeichen in Richtung Bundesregierung gesetzt, die Steuererhöhungspläne gänzlich zurückzuziehen. Die Demos liefen geordnet ab. Das zeigt, dass es unseren Landwirten um die Sache geht. Auch der Rückhalt in weiten Teilen der Bevölkerung für unser Anliegen wurde heute auf den Straßen deutlich sichtbar.“ Weitere Aktionen würden in den nächsten Tagen folgen, bevor es am nächsten Montag zur großen Abschlusskundgebung in Berlin kommen soll.

Je nach Region wollen die Landwirte das Gespräch mit den Bürgen in den Innenstädten suchen und den jeweiligen Bundestagsabgeordneten Resolutionen übergeben. In Münster plant der Westfälisch-Lippische Bauernverband am Mittwoch auf dem belebten Marktplatz einen Info-Stand aufzubauen, um für die Position der Landwirte zu werben. Dessen Präsident Hubertus Beringmeier fordert zwar weiterhin die komplette Rücknahme der Agrardieselstreichung, sagt aber auch: „Es muss gesichtswahrend für alle Seiten ausgehen.“

Bundesagrarminister Cem Özdemir hat Verständnis für die Bauernproteste geäußert, wirbt aber auch um Akzeptanz für die bereits abgeschwächten Pläne zur Streichung von Subventionen. „Dass viele Landwirte immer noch sagen, das reicht ihnen nicht, kann ich nachvollziehen. Das ist ihr gutes Recht“, sagte der Grünen-Politiker am Montag in Berlin. Andererseits sei es so, dass man angesichts der Probleme bei der Haushaltssanierung schwierige Kompromisse finden müsse. Er würde es sich auch anders wünschen, aber so sei nun einmal die Haushaltslage, die er nicht ändern könne.

Nach Angaben des Bundesverbandes Güterkraftverkehr Logistik und Entsorgung (BGL) waren bei den Protesten einige Tausend Lkw-Fahrer dabei. Der BGL schätzt die Zusatzkosten durch den CO2-Aufschlag auf die Lkw-Maut zum 1. Dezember 2023 auf etwa 3,75 Milliarden Euro im laufenden Jahr. Hinzu kämen geschätzt 1,44 Milliarden Euro durch die Erhöhung der CO2-Abgabe zum Jahreswechsel von 30 auf 45 Euro je Tonne Kohlendioxid, die sich beim Tanken bemerkbar macht.

Nach der Blockade fast aller Autobahnauffahrten in Mecklenburg-Vorpommern hat der Landesbauernverband weitere Protestaktionen gegen die Spar- und Steuerpolitik der Berliner Ampel-Koalition angekündigt. An diesem Donnerstag wollen die Landwirte mehrere Lebensmittel-Logistikzentren im Land ansteuern, wie der Verband am Montag mitteilte. Die Details würden noch geklärt, sagte eine Sprecherin. Es werde wahrscheinlich Traktorkorsos geben.

Der Handelsverband Berlin-Brandenburg hat verärgert auf Blockaden von Landwirten am Montag reagiert und rechnet mit Einschränkungen für den Lebensmittelhandel. Das Gewerbegebiet in Großbeeren - ein wichtiger Logistikstandort südlich von Berlin - sei lahmgelegt, sagte der Sprecher des Verbandes, Nils Busch-Petersen, am Montagnachmittag. Es könne sein, dass am Dienstag 200 Supermärkte keine Waren bekämen. Das Gewerbegebiet sei komplett „abgeriegelt“, die Unternehmen kämen nicht aufs Gelände, sagte der Sprecher. „Wir sind ziemlich sauer. So funktioniert ordentlicher Protest nicht.“

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