Mehrwertsteuer „Gießkannen-Entlastung“

Das Institut der deutschen Wirtschaft in Köln hat eine einheitliche Absenkung der Mehrwertsteuer auf alkoholfreie Getränke ins Gespräch gebracht, um Geringverdiener zu entlasten. Der Handelsverband Deutschland (HDE) erteilt dieser Idee eine Absage.

Donnerstag, 14. September 2023 - Handel
Lebensmittel Praxis
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Auf viele Grundnahrungsmittel erhebt der Staat sieben statt 19 Prozent Mehrwertsteuer. Ausgenommen sind bisher allerdings die meisten alkoholfreien Getränke. Ein einheitlich niedriger Satz würde den Staat vier Milliarden Euro kosten und vor allem Menschen mit geringem Einkommen zugutekommen, zeigen Berechnungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW).

Der durchschnittliche Haushalt würde mit dieser Maßnahme demnach 100 Euro jährlich sparen. „Der Staat hätte hier die Möglichkeit, die aktuellen Preiserhöhungen etwas zu kompensieren“, sagt IW-Steuerökonom Martin Beznoska. „Gerade Menschen mit geringem Einkommen würden davon profitieren, da hier der Anteil der Getränke am Budget am höchsten ist.“ Aber auch der Gastronomie käme ein einheitlich niedriger Steuersatz zugute: Hier sind viele Betriebe nach den Kostenschocks von Schließungen bedroht. „Durch die Steuersenkungen würde die Nachfrage steigen – und das wiederum käme dem Staat wieder zugute“, sagt Martin Beznoska.

Der HDE hält das für keine gute Idee. Auch das Europäische Parlament hätte betont, dass Nachweise dafür vorliegen, dass ermäßigte Mehrwertsteuersätze häufig ein ineffizientes Instrument zur Verwirklichung sozialer oder ökologischer Ziele sind, da sie für den Staat mit beträchtlichen Kosten verbunden sind, heißt es gegenüber diesem Magazin.

„Wir halten auch nichts davon, den Kundinnen und Kunden über die Höhe der Mehrwertsteuer eine bestimmte Art der Ernährung nahezulegen“, so Stefan Hertel, Leiter Presse & Kommunikation beim HDE.

Das Mehrwertsteuerrecht in Deutschland sei schon kompliziert und die Verwaltung mit Kosten in Höhe von ein bis vier Prozent des Umsatzes der Unternehmen teuer genug. „Wenn jetzt noch zusätzlich zu den bestehenden Differenzierungen neue Absenkungen hinzukommen, steigen diese Verwaltungskosten noch weiter an. Die Ampelkoalition sollte besser über andere Maßnahmen zielgenau die Haushalte entlasten, die nur über geringe Einkommen verfügen und daher von der aktuellen Inflation besonders schwer betroffen sind. Absenkungen der Mehrwertsteuer sind Entlastungen mit der Gießkanne, das ist nicht zielgenau“, so Hertel weiter.

Mehr lesen Sie in der kommenden Ausgabe der Lebensmittel Praxis.

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