Finanzminister Christian Lindner hat skeptisch auf Forderungen nach weiteren staatlichen Entlastungen angesichts der hohen Inflation reagiert. „Der Staat wird nicht auf Dauer alles ausgleichen können“, sagte der FDP-Politiker am Mittwoch in Berlin. Man könne wirtschaftliche Härten abfedern und Strukturbrüche verhindern. „Aber das alles hat den Charakter eines Stoßdämpfers.“ Verluste von Wohlstand könnten nicht komplett kompensiert werden.
Wichtig seien aber etwa Einmalzahlungen für Haushalte, die bei den Lebenshaltungskosten besonders betroffen seien. Darüber hinausgehende steuerliche Maßnahmen wie die geforderte Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel sehe er kritisch und halte er auch nicht für notwendig, sagte Lindner. Dauerhaft steigende Weltmarktpreise könnten nicht mit öffentlichen Mitteln ausgeglichen werden. Nicht ganz so deutlich positioniert äußerte sich Wirtschaftsminister Robert Habeck (Die Grünen) bei der Vorstellung des Konjunkturbarometers am heutigen Mittwoch. Direkt auf die von vielen seiner Parteikollegen geforderte Mehrwertsteuersenkung auf Lebensmittel angesprochen, wich Habeck mehrfach aus: Er wolle die bisherigen Entlastungspakete zunächst wirken lassen.
Das Bundeskabinett hatte zuvor wegen der stark gestiegenen Energiepreise ein milliardenschweres Entlastungspaket für die Bürgerinnen und Bürger beschlossen. Unter anderem soll die Energiesteuer auf Kraftstoffe befristet gesenkt werden. Erwerbstätige sollen eine Pauschale von einmalig 300 Euro brutto bekommen. Das Kindergeld soll einmalig um 100 Euro pro Kind angehoben werden. Ab Juni soll außerdem für drei Monate ein 9-Euro-Monatsticket im Nah- und Regionalverkehr gelten.
Für die Wirtschaft gibt es dagegen wenig konkrete Hilfe: Ende dieser Woche sollen wieder Großbürgschaften beantragt werden können. Ab nächster Woche wolle man wieder ein KfW-Programm auflegen, um gerade den energieintensiven Betrieben die notwendige Liquidität zu verschaffen, stellte Habeck in Aussicht. Er setzt weiter auf die immer noch starke Wirtschaftskraft in Deutschland, da sich in den Auftragsbüchern der Unternehmen noch ein Überhang an abzuwickelnden Arbeiten von über 100 Milliarden Euro befinde.
Die Bundesregierung sieht dennoch angesichts der Folgen des Ukraine-Kriegs deutliche Risiken für die Konjunktur in Deutschland. Sie rechnet in diesem Jahr mit einem schwächeren Wirtschaftswachstum. In der am Mittwoch vorgelegten Frühjahrsprojektion wird nur noch ein Wachstum des Bruttoinlandsprodukts von 2,2 Prozent erwartet, für 2023 ein Wachstum von 2,5 Prozent. Im Januar hatte die Bundesregierung im Jahreswirtschaftsbericht noch mit einem Wachstum von 3,6 Prozent in diesem Jahr gerechnet.
Eine baldige Entspannung bei den hohen Verbraucherpreisen erwartet die Bundesregierung nicht. Für das laufende Jahr wird mit einer Inflationsrate von 6,1 Prozent gerechnet. Dabei liege die Kerninflation, also ohne die Bereiche Energie und Lebensmittel, nur bei 2,8 Prozent, erklärte Bundeswirtschaftsminister Habeck. Daran könne man erkennen, wir stark sich aktuell die Preissteigerungen in diesen beiden Bereichen bemerkbar mache.