Brot- und Backwaren Problemzone Vorkasse - Kein Allheilmittel

Der backende Handel macht sich mit den Backstationen selbst kräftig Konkurrenz. Neue Strukturen sollen die schwächelnde Vorkassenzone auf Vordermann bringen. Die lokale Stärke des Händlers rückt dabei in den Fokus.

Donnerstag, 14. Februar 2013 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Problemzone Vorkasse - Kein Allheilmittel
Runde Sache: Edeka-Kaufmann Jörg Klein setzt auf einen kompetenten Partner in der Vorkasse. (Bildquelle: Hoppen)
Bildquelle: Mugrauer, Hoppen, Regal, Netto
Doch ein Allheilmittel sind Backstationen mit Sicherheit nicht. Das scheint derzeit Aldi Süd erfahren zu dürfen. Über mehrere Jahre hinweg wurden intensiv Ofentypen und Lieferanten getestet und getestet, bis 2009 der Startschuss für die Ausrüstung der Filialen fiel. Doch so ganz zufrieden sind die Mühlheimer wohl nicht: Denn es wird wieder getestet. Zumindest wird in der Branche kräftig gemunkelt, dass Aldi Süd in vier Märkten seiner österreichischen Tochter Hofer vier verschiedene Modelle in der Praxis auf Herz und Nieren prüft – der Testsieger könnte dann möglicherweise auch in deutschen Aldi-Märkten zum Einsatz kommen.

Wer sich vor Ort ein Bild machen will, der sollte sich Richtung Tirol aufmachen und die Hofer-Märkte in Innsbruck, Telfs, Wörgl und Kufstein ansteuern. Unsere Kollegen des österreichischen Fachmagazins Regal haben die Lösungen unter die Lupe genommen (siehe Regal-Ausgabe 11 / 2012). Nach ihren Recherchen stehen zumindest zwei Dinge in Sachen Brot und Backwaren bei Hofer fest: Die Backstation heißt Backbox; auf rund 6 Laufmetern will der Discounter 35 SB-Artikel und 30 frisch aufgebackene Produkte anbieten. Letztere sollen, wie Hofer gegenüber Regal sagte, „in echter Handwerksqualität produziert werden“. In der Filiale in Telfs befindet sich der Backofen in einem abgeschirmten Bereich des Outlets. Die Regale werden von hinten bestückt, der Kunde wählt sich sein Brot oder Brötchen selbst aus. Laut Regal wäre dies eine Lösung, die vor allem in neuen Hofer-Filialen zum Einsatz kommen könnte, da eine nachträgliche Multiplikation schwierig sei und bauliche Maßnahmen erfordern würde.

Anders in Innsbruck : Hier ist laut Regal ein Automatensystem installiert, an dem der Kunde per Knopfdruck sein Produkt wählt und sich die im hinteren Bereich des Marktes aufgebackene Ware aus einem der drei Ausgabeschächte holt. Diese Variante hätte laut Regal den Vorteil, dass der Kunde das Produkt nach der Entnahme nicht einfach wieder in den Schacht zurückschieben könnte. Nachteilig aus Kundensicht sei, dass er sich das Brot nicht selbst wählen könnte. In Wörgl kommt ein in die Abteilung integrierter Backofen zum Einsatz: Ein Mitarbeiter bestückt vor den Augen der Kunden den Ofen und legt die aufgebackenen Produkte anschließend in die Präsentationsboxen. In Kufstein wurde eine ähnliche Lösung gewählt, allerdings ohne den in den Verkaufsraum integrierten Backofen: Stattdessen wird im rückwärtigen Teil des Gebäudes aufgebacken. „Es ist jene Variante, die bei der Vielzahl der aktuellen Hofer-Geschäfte schnell und unproblematisch multipliziert werden könnte“, lautet das Fazit unserer Kollegen von Regal.

Zurück nach Deutschland. Beileibe nicht jeder Kaufmann sieht mit der Einrichtung einer Prebake-Station sein Profil in Sachen Brot und Backwaren geschärft. Jörg Klein, Edeka-Händler mit einem 1.500 qm großem Markt in Bad Honnef-Aegidienberg und „SuperMarkt des Jahres“-Gewinner 2012, hat bewusst darauf verzichtet. Seine Erfahrungen mit einer Backstation, die er vor einigen Jahren in seinem Linzer Markt betrieben hat, fasst er heute so zusammen: „Wir konnten das nicht wirklich.“ Die Qualität der Produkte erfüllte nicht durchgehend seine Vorstellungen, die Station war personalintensiv „und das Brot können Sie ja nur ein Mal verkaufen“ – kurz gesagt: Es rechnete sich nicht für Klein. Bei der Planung seines Aegidienberger Marktes verzichtete er daher gleich ganz auf eine SB-Backstation, plante ein 5,5 m langes SB-Brotregal ein (plus 2,5 m Zwieback & Knäckebrot) – und machte sich auf die Suche nach einem passenden Bäcker für die Vorkassenzone.

Dieser sollte nicht nur höchsten qualitativen (und geschmacklichen) Anforderungen genügen, er sollte auch ladenbaulich zu Kleins Konzept passen. Bei Lohner in Polch wurde der Edeka-Kaufmann fündig. 125 Filialen betreibt das Familienunternehmen im Rheinland, meist in den Vorkassenzonen des LEH. Gemeinsam mit Ladenbauer Aichinger wurde der gut 1.500 qm große Markt um einen rund 100 qm großen Backshop mit einer 12 m langen Theke und einem Gastro-Bereich mit insgesamt 50 Sitzplätzen ergänzt (30 innen, 20 außen). Gut 105 verschiedene Produkte bietet Lohner in Aegidienberg an (darunter 35 Sorten Brot, 14 Sorten Brötchen und 25 verschiedene Teilchen). 6 Vollzeitarbeiter und 12 Aushilfen sorgen für den Service.

Klein legte bei der Planung viel Wert darauf, dass der Backshop auch optisch eine Einheit mit seinem Markt bildet: Die schwarz-silberne Verblendung der Theke wird im Markt an anderer Stelle, etwa im Pasta-Regal, wieder aufgegriffen, gleiches gilt für die abgehängte, verspiegelte Deckenkonstruktion. Markt und Bäckerei samt Gastrobereich bilden eine optische Einheit und sind doch als getrennte Bereiche wahrnehmbar und auch erreichbar. Im Café können die Kunden Snacks, Salate, Kaffee und Kuchen zu sich nehmen. Für Klein hat sich die Entscheidung bezahlt gemacht – betriebswirtschaftlich und als Imagegewinn.

Ganzbrote für die Backstation
Weizenbrötchen sind mit einem Anteil von fast 20 Prozent nach wie vor der Absatz-Renner in den Backstationen des Handels (Quelle: Lieken, auf Basis von Symphony IRI). Insgesamt hält sich, so Lieken, in den Backstationen der Umsatz von Brot und Brötchen in etwa die Waage.
Im Trend liegen ganze Brotlaibe. Bei Harry Brot sieht man vor allem kleinere Gewichtseinheiten im Vorteil: „Der Trend geht zu kleinen 500-g-Laibbroten“, die dem Wunsch der Kunden nach Frische eher entsprächen, da sie einfach schneller verzehrt seien. Diese Gebindegröße würde zudem auch verstärkt kleinere Haushalte zu Prebake-Brot greifen lassen, so die Überzeugung der Schenefelder.
Generell sei zudem der Wunsch der Kunden nach herzhafteren Varianten und stark handwerklich anmutenden Produkten aus der Backstation zu beobachten. Harry Brot bietet neu etwa in der Range Brot Art Dreikornsaaten-Brot sowie Bauernkrustenbrot an (je 500 g).

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Brot und Backwaren: In der Vorkasse rückt Regionalität in den Fokus. (Bildquelle: Mugrauer)
Bild öffnen Runde Sache: Edeka-Kaufmann Jörg Klein setzt auf einen kompetenten Partner in der Vorkasse. (Bildquelle: Hoppen)
Bild öffnen „Die Qualität der Produkte aus der Backstation hat unsere Erwartungen nicht durchgehend erfüllt.“ Jörg Klein, Edeka-Kaufmann (Bildquelle: Hoppen)
Bild öffnen Probe: In vier Märkten (hier die Innsbrucker Filiale) testet Aldi-Tochter Hofer die Backbox. (Bildquelle: Regal)
Bild öffnen „Bäckereien müssen ihr Sortiment den regionalen Kundenwünschen anpassen.“ Franz Pröls, Geschäftsführer Netto Marken-Discount (Bildquelle: Netto)

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