Brot- und Backwaren Problemzone Vorkasse

Der backende Handel macht sich mit den Backstationen selbst kräftig Konkurrenz. Neue Strukturen sollen die schwächelnde Vorkassenzone auf Vordermann bringen. Die lokale Stärke des Händlers rückt dabei in den Fokus.

Donnerstag, 14. Februar 2013 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Problemzone Vorkasse
Bildquelle: Mugrauer, Hoppen, Regal, Netto

Regionalität als Mittel gegen den Wettbewerbsdruck durch die Backstationen des Discounts? Was schon in anderen Warengruppen für Kundenbindung und Umsatz sorgt, rückt derzeit verstärkt bei Brot und Backwaren in den Fokus des LEH: Das einträgliche Nebeneinander von Bäcker in der Vorkassenzone, Backstation im Markt und SB-Brotregal ist nämlich etwas gestört.

Gut 15.000 Backstationen gibt es nach Schätzungen des Verbands Deutscher Großbäckereien (VDG) hierzulande. Und es werden immer mehr. Aldi Nord etwa rüstet auf, Netto Marken-Discount hat allein im vergangenen Jahr 200 Märkte bestückt und will in diesem Jahr noch drauflegen. Betrug der Umsatzmarktanteil der Prebake-Station im LEH (incl. Aldi; nach LVP; Nielsen) im ersten Halbjahr 2005 noch 5,6 Prozent, waren es im ersten Halbjahr 2012 schon 11 Prozent.

Doch gerade die flächendeckende Ausbreitung der Backstationen im Handel bereitet demselben nun Probleme. ImGegensatz zu den Handwerksbäckern, die immer noch kein richtiges Rezept gegen den Kundenschwund Richtung LEH und SB-Bäckern wie Backwerk oder Back-Factory gefunden haben, kann der Handel aufgrund seiner Struktur weitaus flexibler reagieren und baut um. So etwa gab Tegut Ende 2012 seine 55 Bäckereicafés an lokale Bäcker ab; die Rewe gab 46 Shops der Glockenbäckerei, vornehmlich solche in Nordrhein-Westfalen,an lokale Bäcker oder Bäckereiketten ab.

Im Dezember 2012 kündigte die Edeka Minden-Hannover die Neuausrichtung ihrer Tochter Schäfer’s Brot- und Kuchen-Spezialitäten an. Diese soll in eine Produktions- und eine Vertriebsgesellschaft gegliedert werden. Die Backshops in den Edeka-Märkten sollen an die Edeka-Kaufleute übertragen werden, die eigenständigen Schäfer’s-Verkaufsstellen von selbstständige Partner weitergeführt werden. Schäfer’s-Vertriebsgeschäftsführer Ralf Hartwig nannte neben den anziehenden Rohstoff- und Energiepreisen ausdrücklich die „flächendeckende Ausbreitung von Backstationen in den Supermärkten und insbesondere bei den Discountern“ als wesentliche Triebfedern für den Umbau.

„Keiner kennt die Kundenwünsche besser als unsere Einzelhändler vor Ort“, begründete Mark Rosenkranz, Sprecher des Vorstandes der Edeka Minden-Hannover, den Schritt der Genossen. Er sprach davon, das „Backwaren-Sortiment für unsere Kunden noch regionaler auszurichten“.

Regionalität ist auch für Franz Pröls, Geschäftsführer Netto Marken-Discount, ein Erfolgsfaktor bei der sukzessiven Ausrüstung der Netto-Märkte mit Backstationen. Die Edeka-Tochter hat sich lange Zeit gelassen damit. Und will nun Qualitäts- und Frische-Maßstäbe im Handel setzen. Dabei muss der Ausbau des Frische-Sortiments laut Pröls keineswegs zu Lasten des Bäckers in der Vorkassenzone oder des SB-Regals gehen. Pröls verweist auf die Erfahrungen in den 200 Netto-Märkten, die 2012 umgerüstet wurden: „Die Vorkassenbäcker entwickeln sich nachweislich sehr gut: Voraussetzung für eine positive Verbraucherresonanz ist, dass die Bäckereien ihr Sortiment entsprechend den regionalen Kundenwünschen anpassen.“

Unberührt von der Integration der Backstation bliebe auch das klassische SB-Regal mit verpackten Produkten. „Einzig das SB-Regal mit frischen, losen Backwaren ist in den Filialen mit Backstationen vom Kannibalisierungseffekt betroffen und wird an diesen Standorten nicht fortgeführt“, sagt der Netto-Chef. Er stellt klar: „Eine flächendeckende Integration von Backstationen in unsere Filialstandorte ist nicht geplant.“ Der Kunde kann, je nach Standort, zwischen 15 bis 25 Produkten wählen. Hohe Maßstäbe in der Branche setzt laut Pröls das von Netto gewählte Bake-off-Verfahren: Die vorgegorenen Teiglinge werden tiefgefroren angeliefert und in den Filialen im Ofen unter Beschwadung gebacken. Entsprechend der Kundenfrequenz würden Mitarbeiter die Öfen bestücken und die fertig gebackenen Produkte zur Selbstbedienung in die Regale legen.

Netto will die im vergangenen Jahr begonnene Ausrüstung der Filialen in diesem Jahr sukzessive fortsetzen. Wie viele Backstationen in diesem Jahr hinzukommen sollen, wollte Pröls nicht sagen. In der Branche wird jedoch von bis zu 1.000 gesprochen – das wäre dann ein wirklich ambitioniertes Ziel.

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Brot und Backwaren: In der Vorkasse rückt Regionalität in den Fokus. (Bildquelle: Mugrauer)
Bild öffnen Runde Sache: Edeka-Kaufmann Jörg Klein setzt auf einen kompetenten Partner in der Vorkasse. (Bildquelle: Hoppen)
Bild öffnen „Die Qualität der Produkte aus der Backstation hat unsere Erwartungen nicht durchgehend erfüllt.“ Jörg Klein, Edeka-Kaufmann (Bildquelle: Hoppen)
Bild öffnen Probe: In vier Märkten (hier die Innsbrucker Filiale) testet Aldi-Tochter Hofer die Backbox. (Bildquelle: Regal)
Bild öffnen „Bäckereien müssen ihr Sortiment den regionalen Kundenwünschen anpassen.“ Franz Pröls, Geschäftsführer Netto Marken-Discount (Bildquelle: Netto)

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