Verbrauchervertrauen Skandal bald gegessen?

Ein kriminelles Netzwerk hat die Konsumenten Pferdefleisch verinnerlichen lassen. Und jetzt?

Montag, 11. März 2013 - Fleisch
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Rund 25 g Pferdefleisch soll jeder Deutsche im Schnitt 2012 gegessen haben (2011: 27 g), so der deutsche Fleischerverband. Nach dem Pferdefleischskandal muss die Zahl wohl nach oben korrigiert werden. Denn inzwischen steht fest, dass mindestens 750 t Pferdefleisch über Monate als Rindfleisch ausgegeben und verarbeitet wurden. Von einer Dunkelziffer, die höher liegt, kann angesichts von immer mehr Details und neuen Befunden quasi ausgegangen werden.

Mehr als 4,5 Mio. Fertiggerichte sind betroffen. Das Problem hat sich zu den Fertiggerichte-Herstellern verlagert. Sie, aber auch der deutsche Lebensmittel-Einzelhandel, wurden mit hoher krimineller Energie betrogen. Trotzdem müssen auch sie sich Gedanken machen, wie sie es hinbekommen, dass ihre oft gepriesene „lückenlose Rückverfolgbarkeit“ funktioniert.

Reicht es, sich zumeist nur einen Schritt in der Lieferkette anzusehen? Derzeit betrifft der Skandal bereits mehr als ein Dutzend Staaten, und die Anzahl betroffener Firmen steigt und steigt. Erst vor wenigen Tagen kamen neue Pferdefleisch-Funde in Berliner Lebensmitteln (Döner, Corned Beef) und in Großbritannien hinzu.

Die LEBENSMITTEL PRAXIS hat vor wenigen Wochen fast alle Unternehmen des deutschen LEH angeschrieben und gefragt, ob sie Pferdefleisch, Pferdewurst oder Fleischwaren, die Pferdefleisch enthalten, verkaufen. Viele haben damals unwissentlich falsch geantwortet.

Nun haben mehrere Fertiggerichte mit Fleisch aus ihren Kühltruhen genommen. Damit bestrafen sie Hersteller, die genauso betrogen worden sind, wie sie selbst. Viele Händler sagen ganz offen, dass der Effekt ihrer Meinung nach ein paar Wochen allmählich wieder verschwindet.

Konsequenzen will der Rewe-Konzern ziehen. Rewe und Penny wollen künftig in ihren Eigenmarken-Produkten nur noch deutsches Rindfleisch verwenden, kündigt Manfred Esser, Einkaufsvorstand der Rewe Group an. Mit der Umstellung auf deutsches Rindfleisch werde sofort bei denjenigen Produkten begonnen, die vor kurzem aus den Regalen genommen wurden.

Ob diese Art Marktabschottung auf Dauer in der EU ein gangbarer Weg ist? Die Tendenz jedenfalls, dass immer mehr Firmen und Staaten Schranken einführen und den Freihandel einschränken, ist erkennbar.

Eine bessere Herkunftskennzeichnung wäre ein anderer vorstellbarer Weg. Bisher muss die Herkunft der Zutaten bei verarbeiteten Produkten in der EU nicht angegeben werden. Das könnte man ändern. Bleibt die Frage, interessiert das „Kleingedruckte“ den Konsumenten überhaupt? Und wäre eine Lasagne mit Rindfleisch aus Frankreich schlechter als eine mit Fleisch von deutschen Rindern? Außerdem kann ein Verbraucher dann immer noch nicht erkennen, durch wie viele Länder das Fleisch bzw. das Schlachtvieh zuvor transportiert worden ist.

Der von Bund und Ländern verabredete Aktionsplan soll im Fall von Etikettenschwindel eine Meldepflicht der Unternehmen an die Länderbehörden prüfen. Bisher gilt das nur bei bestehenden Gesundheitsgefahren. Geprüft wird überall viel, aber was wird gemacht? Oder ist auch der Skandal bald einfach nur wieder gegessen?

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