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LPextra Regionale Produkte Wandel im Handel

Der Handel reagiert auf die verstärkte Nachfrage nach regional erzeugten Lebensmitteln. Doch was regional ist, ist bei den Händlern eine Frage der Sichtweise.

Montag, 05. Dezember 2011 - Regionale Produkte
Dörte Fleischhauer
Artikelbild Wandel im Handel
Bildquelle: iStockphoto

Die Affinität der Konsumenten zu regionalen Lebensmitteln ist in Deutschland stark ausgeprägt. Branchenexperten erklären dieses Phänomen mit dem Bedürfnis nach Sicherheit, mit Ablehnung der fortschreitenden Globalisierung und mit dem Bedürfnis, nachhaltig zu leben und bewusster zu konsumieren. In der Region sind Warenströme in der Regel kürzer und Lieferbeziehungen überschaubarer. Die Herkunft der Produkte zu ihrem Ursprung ist leichter zurückzuverfolgen. Regionalität hat in der Beliebtheit sogar Bio und fair gehandelte Produkte überholt.

Regionalität ist ein Trend, von dem der Lebensmittelhandel profitiert und dem er deshalb gern entspricht. „Kaum ein anderer Händler in Deutschland bietet bundesweit eine solche regionale Vielfalt, auch im Frischebereich, wie wir“, meint man bei Real selbstbewusst. Man habe festgestellt, dass insbesondere in den neuen Bundesländern die Kundennachfrage nach Produkten aus der Region besonders groß ist. Somit sei in den Märkten der Region Ost der Sortimentsanteil der regionalen Produkte gegenüber anderen Landstrichen am größten. Dieser Umstand zahlt auch auf die Strategie von Konsum Leipzig ein. „Wir legen schon immer großen Wert auf Artikel aus der Region“, sagt Vorstand Petra Schumann. Seitdem gebe es regelmäßig Verkaufsförderungsaktionen mit heimischen Produkten. Was „heimisch“ ist, wird hier eher großzügig gesehen: Als solches gelten Produkte aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Ein Regalschild mit „Ich bin von hier“ weist sie al s solche aus. Bevor die Produkte gelistet werden, wird ihre Akzeptanz durch Marktbeobachtung sowie Probeverkäufe getestet und die Umschlagsgeschwindigkeit überprüft.

Um den Kirchturm herum
Bei Tegut kommen regionale Produkte aus dem Umkreis „150 Kilometer um den Fuldaer Kirchturm“, wie der Geschäftsleiter für Qualität und Umwelt, Andreas Swoboda, erklärt. Man versucht, „durch die Angabe des Produktionsstandorts die Nähe des Betriebs deutlich zu machen“. Kaiser’s Tengelmann sichert die Regionalität durch Produkte aus den drei Vertriebsregionen – Region München, Oberbayern und Region Berlin und Umgebung – ab. Für die Region Nordrhein sei ein Konzept im Aufbau: „Für uns sind regionale Produkte die Produkte, die wir innerhalb unserer jeweiligen Vertriebsregionen beziehen können“, heißt es aus dem Unternehmen.

Konsumentenwünsche nach Produkten aus der Nähe erfüllt Coop mit der Regionalmarke „Unser Norden“. Die wurde 2005 unter anderem „wegen der starken Verbundenheit der Norddeutschen mit ihrer Region“ eingeführt, sagt Anika Spallek. „Unser Norden“ erstrecke sich über alle Warengruppen, inzwischen seien es mehr als 300 Produkte, davon sind rund 30 Bio. „Alle Lebensmittel werden in Norddeutschland produziert, veredelt oder abgepackt. Auch die Rohstoffe stammen überwiegend aus dem Norden Deutschlands, jedoch gegebenenfalls auch aus anderen Bundesländern, wenn der Bedarf eines Rohstoffes nicht in ausreichendem Maße aus der Region gedeckt werden kann.

Regional kann bundesweit sein
Lidl hat im Januar dieses Jahres die Eigenmarke „Ein gutes Stück Heimat“ geschaffen, über die das Produktsortiment für heimische Erzeugnisse aus deutschen Regionen abgedeckt werden soll. Neben solchen rein regionalen Vermarktungen gebe es auch „heimische Produkte“, die in mehreren Regionen erhältlich sind. Heimisch heißt bei Lidl „ausschließlich aus deutschen Anbaugebieten“: Salat und Gemüse kommen vom Niederrhein, aus der Pfalz, aus Franken, aus der Winsener Marsch, dem Oldenburger Land, Dithmarschen und dem Thüringer Becken. Sie seien hier „gepflanzt“, „gewachsen“ und „geerntet“ worden und werden entsprechend ausgelobt. Die bundesweite Vermarktung dieser Lebensmittel erfolge durch alle Märkte.

Gespräche auf Augenhöhe
Regionale Lieferanten können sich und ihre Produkte den Kaufleuten von Edeka Minden-Hannover zweimal im Jahr auf den regionalen Warenbörsen vorstellen. Oft werden die Erzeuger auch von den Händlern ihrer Region für die Börse vorgeschlagen, „als mittelständische Unternehmen am Ort führen sie ja meist regelmäßig Gespräche auf Augenhöhe“, sagt Andreas Laubig (Edeka Minden-Hannover). Außerdem biete man regionalen Partnerfirmen aus Sachsen-Anhalt und seit diesem Jahr auch in Brandenburg an, ihre Neuheiten in einem speziellen Neuheiten-Regal in Edeka-Pilotmärkten zu testen. Komme der Artikel beim Verbraucher an, sei eine exklusive Listung bei Edeka für sechs Monate möglich, danach könnten die Lieferanten ihre Waren auch über andere Handelsunternehmen vermarkten. Geführt werden Lieferanten in einem Umkreis von 30 km um den jeweiligen Markt, ihre Artikel sind durch einen Stempel „Aus maximal 30 km Umkreis“ zu erkennen.

Bei Edeka Südbayern werden regionale Produkte aus Bayern und lokale Produkte ’um den Kirchturm’ unterschieden. Die lokalen Produkte werden hauptsächlich über Fördergemeinschaften vermarktet, welche die vielen kleineren Produzenten bündeln. Das Handelsunternehmen Wasgau hat seine gesamte Unternehmensstrategie auf regionale Erzeugnisse aufgebaut, wie schon das Unternehmensmotto „Wasgau – Qualität aus der Region“ zeigt, das konsequent durchdekliniert wird. Bei den Rohstoffen konzentriere man sich darauf, dass der Ort der Erzeugung innerhalb des Verbreitungsgebietes von Wasgau liege, so der Vorstandsvorsitzende Alois Kettern.

{tab=Buchtipps}Wann ist ein Produkt regional? Was hat die Herkunft von Nahrungsmitteln mit deren Qualität und Produktionsweise zu tun? Der Autor untersucht Regionalisierungen von Nahrungsmitteln, indem er die Produkte selbst in den Mittelpunkt stellt. Anhand von regionsspezifischen Produkten wie der Nürnberger Bratwurst und dem Aischgründer Karpfen und alltäglichen Nahrungsmitteln wie Brot und Milch werden Produktketten zwischen Acker und Esstisch verfolgt. Diese Fallstudien zeigen, wie Herkunft und Nähe zur Ware und wie Regionalität und regionalbewusste Produzenten und Konsumenten „gemacht“ werden.
Ulrich Ermann: Regionalprodukte. Vernetzungen und Grenzziehungen bei der Regionalisierung von Nahrungsmitteln. Stuttgart: Steiner Verlag. ISBN 978-3-515-08699

Nirgendwo ist die regionale Ausprägung und persönliche Beziehung so stark wie beim Essen und Trinken. Regionale Produkte spielen eine sehr wichtige Rolle dabei. Sie schaffen emotionale Beziehungen, stiften regionale Identitäten und sind somit wesentliche wirtschaftliche Faktoren. Die Autoren zeigen, dass meisterliche Handwerksbetriebe ein Garant für stabile Wirtschaftskreisläufe sein können. Regional hergestellte Lebensmittel bringen von der Produktion über die Vermarktung bis zum Einkaufsverhalten regionale und überregionale Wertschöpfung. Damit sichern sie zum Nutzen aller die Region.
Regionales Wirtschaften. Eine Chance für Lebensmittelunternehmen? Herausgegeben von Christian Korunka, Hermann Frank u.a., Wien: Facultas Verlag.
ISBN 978-3-708-90553-2


{tab=Bild}Regionalität hat in der Beliebtheit sogar Bio und fair gehandelte Produkte überholt.

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