Convenience Deutlich erweitertes Convenience-Spektrum

Vor allem convenient soll der Einkauf künftig sein. Ein Experimentierfeld für Handel, Neu- sowie Quereinsteiger.

Sonntag, 26. Mai 2013 - Sortimente
Dieter Druck
Artikelbild Deutlich erweitertes Convenience-Spektrum
Convenience: Der Markt frischt auf (Bildquelle: Shutterstock)
Bildquelle: Hoppen, Shutterstock

Der Trend ist schwer fassbar, aber klar erkennbar und global. Der conveniente Einkauf steht heute im Fokus nahezu aller Handelsunternehmen. Keiner weiß offenbar so richtig, wohin der Weg führt, daher werden unterschiedliche Formate getestet. Convenience hat viele Gesichter. Wohl auch, weil es darum geht, unterschiedliche Kundenansprüche zu befriedigen. So ist Convenience-Retail heute mehr als das, was man in den 80er- und 90er-Jahren dafür hielt. Tankstelle und Kiosk als haben als klassische Impulskanäle Konkurrenz bekommen. Der Bogen spannt sich von Online-Shopping über das One-Stop-Shopping auf der Großfläche bis zur „Akut-Versorgung im Nahbereich“ des Kunden. Letztere ist zum Beispiel erkennbar an der weiter steigenden Zahl der Back-und Snack-Konzepten als Pre-Back-Ecke, als Shop-in-Shop in Supermärkten oder Malls sowie als Stand-Alone-Formate. Der Handel rückt, wie es das Nielsen Convenience World Book beschreibt, mehr und mehr in den Laufweg des Kunden zwischen zu Hause und Arbeitsplatz.

Wenn man den immer wieder bemühten Vergleich mit dem High-Convenienceland England heranzieht, liegt man damit richtig. Eine Untersuchung des Marktforschungsunternehmen The NPD Group Inc. aus Port Washington besagt, dass in UK in den zurückliegenden drei Jahren 46 Mio. mehr Bürger ihren Außer-Haus-Konsum im Supermarkt getätigt haben. Angesteuert werden vor allem kleinere Convenience-Stores, die ein größeres Angebot an Ready-to-eat-Meals und Snacks bereithalten.

Die Lust auf Snacks war für die Kunden der häufigste Anlass, Convenience-Angebote zu suchen, gefolgt vom Frühstücksangebot. Mit Abstand folgen die Produkte fürs Abendessen. Die Marktforscher erwarten, dass das Angebot bei verzehrfertigen, heißen Snacks/Mahlzeiten weiter wachsen wird, mehr Vielfalt bei den Portionsgrößen geboten wird sowie noch mehr Auswahl bei Snacks und Getränken. Hervorgehoben wird das Potenzial des Wachstumssegments Frühstück. Die Wachstumsimpulse kommen jedenfalls aus dem Bereich „unterwegs“ – auch hierzulande.

Zurzeit scheint der Inbegriff des convenienten Einkaufs in Deutschland stark verknüpft zu sein mit den Merkmalen kleine Fläche, Gastronomie/Snacking und Hochfrequenz-Lagen. Kaufkraft sollte als weiteres Attribut hinzukommen. Das neue Test-Format der Rewe, die Verbindung von Supermarkt und Gastronomie/Fast Food, geht in diese Richtung ebenso die Rewe-To-go-Märkte oder die Convenience-Stores von Ahold. Die Niederländer wollen in diesem Jahr noch 10 bis 12 Albert-Heijn-Filialen in Nordrhein-Westfalen ans Netz bringen, davon eine an einem Hauptbahnhof.

Es geht bei den urbanen Convenience-Stores in der Regel um exponierte und vor allem limitierte Standorte, die auch andere aus der Handels- bzw. Gastro-Szene nicht erst seit heute im Blick haben.

David Bosshart, Zukunftsforscher und CEO am Gottlieb-Duttweiler-Institut („Wie wir in Zukunft Lebensmittel einkaufen“), geht von besten Chancen für kleinere Geschäfte aus. Vier Typen des Tante Emma 2.0 haben die Handelsexperten für ein Szenario „Lebensmittelhandel 2025“ entwickelt:

Small Mart: Das ist der lokale Laden. Ihm gehört laut Studie die Zukunft, und er wird als das wahrscheinlichste der vier Szenarien gesehen.

Smart Mart: Technologisch gut vernetzte Kunden holen an Einkaufs- oder Abholstationen seIbst ab.

All Mart: Größere Läden bieten ein umfangreiches, verändertes Sortiment an, das konsequent auf Emotionalität ausgerichtet ist.

Call Mart: Das sind online-basierte Ladenkonzepte, die auf Basis niedriger Logistikkosten die Kunden flexibel beliefern können. Ihnen werden im genannten Zeitraum die geringsten Chancen eingeräumt.


Vor allem fußläufige Nähe zum Kunden, in den Alpenländern spricht man von Quartiersläden, frische Produkte und sozialer Austausch werden als Faktoren angeführt für die guten Erfolgsaussichten von Flächen zwischen 400 und 700 qm. Sie seien nicht nur Notnagel und Stätte für Ergänzungskäufe, sondern böten die Möglichkeit, den täglichen Bedarf zu decken.

Das passe zum veränderten Einkaufsverhalten, wo der Vorratskauf zum Wochenende an Bedeutung verliert und der spontanere Einkauf kleinerer Mengen zunimmt.

Hervorgehoben wird zudem die emotionale Komponente, die Beziehung zwischen Kunde und Kaufmann, die in besonderem Maße mit dem „Tante-Emma-Laden“ in Verbindung gebracht wird. Vielleicht spielt hier die allgemeine Idealisierung des Paralleluniversums „Tante-Emma“ eine Rolle bei der Beurteilung.

enn man auf die Größenordnung und die Lokalität fokussiert, ergeben sich eigentlich Idealbedingungen für den Start von Dayli. Wenn er denn kommt, der „moderne Schlecker-Nachfolger und Hoffnungsträger der Nahversorgung“ mit großem Anspruch auf kleiner Fläche. Bislang lässt das Ganze auf sich warten.

Und es wird spannend, ob sich angesichts der Discountdichte und Drogeriemarktexpansion in Deutschland das Format durchsetzen kann, auch wirtschaftlich. Andererseits könnten Nähe, Zeitfaktor, angepasste Öffnungszeiten und eine vermutlich steigende Immobilität bei älteren Mitbürgern sowie eine stärkere regionale Verankerung für Dayli oder andere Nahversorgerkonzepte, zu denen auch Lieferservice und rollende Supermärkte gezählt werden, sprechen. Dann müssten aber auch vielerorts z. B. genossenschaftlich geführte Dorfläden bessere Überlebenschancen als heute üblich haben. Denn hinter der bekundeten Bereitschaft, mehr für conveniente Einkaufsbedingungen ausgeben zu wollen, stecken oftmals Lippenbekenntnisse.

Persönliche Kundenansprache ist kein Alleinstellungsmerkmal kleinerer Flächen oder Dorfläden, jedoch ein Differenzierungspunkt zum Online-Handel. Aber der holt in diesem Punkt auf, wie eine Umfrage des Instituts für Handelsforschung, Köln, jüngst ergeben hat. Ob man ihn nun in Sachen Lebensmittel auf der Rechnung haben muss oder nicht, ist Anlass für fortlaufende Diskussionen. Unbestritten ist, dass sich Einkaufverhalten und Einkaufsstätten in den kommenden Jahren verändern werden. Die Formate, die heute auf dem Prüfstand stehen zeigen es. Das Spektrum wird erweitert.

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