Stevia Zwischen Wunsch und Wirklichkeit

Die in den Medien bejubelte „Wundersüße“ Stevia weckt Hoffnungen bei Verbrauchern, Herstellern und Handel. Aber sie polarisiert gleichzeitig. Einige Hersteller preschen vor, andere warten erst einmal ab.

Mittwoch, 22. Februar 2012 - Sortimente
Dieter Druck
Artikelbild Zwischen Wunsch und Wirklichkeit
Gesundheit im Fokus.
Bildquelle: fotolia
Für weitere Unsicherheit sorgt vor allem die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) als unbedenklich erklärte tägliche Aufnahmemenge ADI (Acceptable Daily Intake). Als Basis für die Empfehlung diente der EFSA eine nahezu 20 Jahre alte Studie aus Japan, kritisiert Kienle. „Und die geben keinen höheren ADI-Wert als 0 bis 4 mg Stevioläquivalente pro kg Körpergewicht an. Der Europäischen Lebensmittelbehörde und der Europäischen Kommission sind hier aufgrund der Rechtslage die Hände gebunden. Es muss nochmals eine Langzeitstudie an Ratten durchgeführt werden mit einer deutlich gesteigerten Dosierung, so dass ein aussagekräftiger ADI-Wert ermittelt werden kann, der unseren Ernährungsgewohnheiten entspricht“, fordert Kienle. Bis dahin müssen Getränke- und Lebensmittelhersteller mit dem aktuellen Grenzwert leben und ihn gewährleisten.

Eine weitere Herausforderung für Produktentwickler ist der Lakritz-Beigeschmack des Süßstoffs, der die einsetzbare Menge begrenzt. „Die meisten Hersteller von Erfrischungsgetränken ersetzen nicht mehr als 30 Prozent der Süßung durch Stevia. Der Rest kommt weiterhin von Zucker oder anderen Süßungsmitteln. Da stellt sich natürlich die Frage, wie groß der Mehrwert für die Verbraucher ist und ob es sich hier nicht eher um einen einfachen Marketing-Gag handelt“, sagt der Geschäftsführer eines führenden Herstellers in der AfG-Branche.

Hier ist die Aromenindustrie gefragt. Es sei wichtig, Produkte „maßzuschneidern“, damit ein optimales sensorisches Ergebnis erzielt werde, betont Matthias Saß aus dem Bereich Forschung und Entwicklung des Aromenproduzenten Wild. Dazu Kienle: „Meiner Meinung nach geht das so lange gut, bis der Verbraucher dieses Spiel durchschaut hat. Solche Hilfsgriffe mögen lebensmitteltechnologisch machbar sein, der Verbraucher hat dazu aber möglicherweise eine ganz andere Meinung.“

Und er hat akuten Informationsbedarf. So erhalten die Ernährungsservice-Mitarbeiter der Edeka Südwest seit Einführung der ersten Produkte Kundenanfragen zum Einsatz von Stevia, zu den Vorteilen und vor allem zu Unterschieden gegenüber anderen Süßungsmitteln, erklärt Gabriele Voigt-Gempp. Die Ernährungsexpertin hat erste Rezepte mit Stevia entwickelt und die rund 800 Ernährungsservice-Mitarbeiter mit dem Thema vertraut gemacht.

\\ Weitere Informationen zum Thema Stevia finden Sie online unter www.lebensmittelpraxis.de/sortiment

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