Brot und Backwaren Reale Back-Prozesse - Niedrigpreise

Aldis Vorstoß bei der Ausrüstung der Märkte mit Backstationen hat an Schwung verloren. Das Thema bleibt aber für die Branche bestimmend. Darüber hinaus bewegen hohe Rohstoffkosten die Gemüter.

Donnerstag, 10. März 2011 - Sortimente
Susanne Klopsch
Artikelbild Reale Back-Prozesse - Niedrigpreise
Schwache Discounter (Quelle: The Nielsen Company)
Preise auf Höhenflug
Es gibt ein weiteres Thema, das die gesamte Branche betrifft: die stetig steigenden Rohstoffpreise. Allein der Weizenpreis legte 2010 im Jahresverlauf um 72 Prozent zu. Nach Angaben der Bundesvereinigung der Deutschen Ernährungsindustrie (BVE) verteuerten sich Agrarrohstoffe seit Mai 2010 um 40 Prozent. Und Gerd Sonnleitner, Präsident des Deutschen Bauernverbands, sagte kürzlich im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa: „Die Zeiten, als Milch, Butter, Eier oder Fleisch eine Inflationsbremse waren, sind vorüber, auch die Zeit der extremen Niedrigpreise beim Discounter." Spekulanten, der Run auf Agrarrohstoffe, die für die Treibstoffherstellung verwendet werden, Missernten oder Bürgerkriege – Preistreiber gibt es viele. „Die Konkurrenz zwischen Brotkorb und Autotank wird sehr hart", sagt Prof. Ulrike Detmers, Mitglied der Geschäftsführung und Gesellschafterin der Mestemacher Gruppe. Ihre Prognose: „Deshalb sind die Perspektiven für die Preise von Brotgetreide eher düster." Auch Frank Kleiner, Vorstand Vertrieb Lebensmitteleinzelhandel Lieken AG, sagt nüchtern: „Wir erwarten in unserem wettbewerbsintensiven Marktumfeld ein schwieriges Jahr." Von weiter volatilen Rohstoffmärkten geht man auch bei Harry-Brot aus, „deshalb wird bei uns die Beschaffungssicherheit in puncto Qualität und Preise oberste Priorität haben."

Bleibt die Frage nach höheren Verkaufspreisen. Thomas Gill, Inhaber der Bäckerei Prünte, ein regionaler Spezialbrotbäcker aus Nordrhein-Westfalen: „Der Verbraucher wird nicht umhin kommen, sich an ein höheres Preisniveau bei Backwaren zu gewöhnen." Prof. Detmers sieht Handlungsbedarf auch für den Preiseinstieg: „Die Preise müssen steigen, damit die gestiegenen Rohstoffkosten bezahlt werden können." Lassen sich diese Preise beim Handel durchsetzen? Kleiner: „Ende 2010 konnten wir höhere Preise im Markt etablieren. Angesichts der weiteren Erhöhungen im Rohstoffbereich führen wir derzeit konstruktive Gespräche mit unseren Kunden."

Doch das ist nicht ohne Risiko, wie gerade Lieken erfahren musste. Mit den Werken Achim und Bernau werden bald zwei Produktionsstätten geschlossen. Und das nicht nur wegen veralteter Maschinen, sondern auch wegen mangelnder Auslastung. Gegenüber der lokalen Presse hatte Thorsten Zierdt von der Gewerkschaft Nahrung, Genuss, Gaststätten (NGG) ausdrücklich darauf hingewiesen, dass auch das „Preisdiktat der Discounter" das Aus vor allem des Achimer Werkes besiegelt habe: So habe Lieken den Vertrag mit Lidl bzw. der Schwarz-Gruppe gekündigt, zum März werde die Belieferung von mehr als 530 norddeutschen Lidl-Filialen eingestellt. Liekens Pressesprecherin Daniela Lützeler wollte dies gegenüber der Lebensmittel Praxis weder dementieren noch bestätigen. Sie sagte lediglich: „Es sind Kunden nicht mehr da, die vorher da waren." Namen werde das Unternehmen nicht nennen.

SB-Angebot aktuell halten
Zum richtigen Mix in Sachen Warengruppe Brot gehört schließlich das SB-Regal. „Wichtig ist im LEH das Sortiment aktuell zu halten und mit Neuprodukten die Trends zu 'rustikal' und 'mediterran' zu bedienen", sagt Lieken-Vorstand Kleiner. Mit der Absatzentwicklung der Marke Lieken Urkorn ist das Unternehmen zufrieden, der Marktanteil bei Schnittbrot konnte laut Kleiner weiter ausgebaut werden. Stagnation gab es allerdings bei Golden Toast. Lieken setzt 2011 den Schwerpunkt auf die Aktivierung des bestehenden Lieken-Urkorn- sowie des Golden-Toast-Sortiments über Media-Kommunikation via TV und Plakat, z.B. für das Lieken Urkorn Fit & Vital Vitaminbrot.

Im „beinharten Wettbewerb um Regalplätze in der Brotabteilung" haben sich die Mestemacher Spezialitäten-Produkte nach Angaben von Mitgesellschafterin Prof. Ulrike Detmers gut geschlagen. Die Gruppe erreichte die für 2010 gesetzten Ziele (den Umsatz von 2009) und plant für 2011 ein Wachstum von 7 Prozent von 112 Mio. auf 120 Mio. Euro. Zum 140-Jährigen in diesem Jahr werden Vollkornbrot und Pumpernickel im Retro-Design angeboten. Die 18. Ausgabe von „Panem et Artes" zeigt ein Werk des chinesischen Malers Ding Yi.

Als stark in der Nische sieht sich Prünte Brot: „Wir erleben zurzeit einen starken Trend zu regionalen Produkten, von dem wir als Marke aus der Region mit den entsprechenden Spezialitäten deutlich profitieren", sagt Inhaber Thomas Gill. Mit Pumpernickel, Vollkornbrot und Spezialbroten beliefert das Familienunternehmen nunmehr in der sechsten Generation den Handel. „Mit unserer Ausrichtung sind wir von modischen Trends weitestgehend unabhängig und sehen uns mit unserem traditionellen und in der Region bekannten Sortimenten gut aufgestellt. Das nutzt auch der Handel zur Kundenbindung."

Bilder zum Artikel

Bild öffnen Reale Back-Prozesse (Bildquelle: Fotolia)
Bild öffnen Schwache Discounter (Quelle: The Nielsen Company)
Bild öffnen Lieber geschnitten (Quelle: The Nielsen Company)
Bild öffnen Frank Kleiner, Lieken Brot- und Backwaren (Bildquelle: Lieken)
Bild öffnen Prof. Ulrike Detmers, Mestemacher-Gruppe (Bildquelle: Mestemacher)
Bild öffnen Hans-Jochen Holthausen, Harry-Brot (Bildquelle: Kämper)

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