Interview mit Elisabeth Wagner-Wehrborn Mit Premium behauptet

Hochpreisige Schweizer Produkte in Deutschland zu vermarkten ist eine Herausforderung. Emmi-Deutschland-Chefin Elisabeth Wagner-Wehrborn über Mehrwert-Konzepte und Vertriebsstrategie.

Donnerstag, 26. April 2018 - Molkereiprodukte
Bettina Röttig
Artikelbild Mit Premium behauptet
Bildquelle: Peter Eilers

Inhaltsübersicht

Frau Wagner-Wehrborn, Sie stehen seit rund sieben Jahren an der Spitze von Emmi Deutschland. Was war Ihr bisher größter Erfolg, was die größte Herausforderung?
Elisabeth Wagner-Wehrborn: Wir haben bewiesen, dass wir Premium bieten können. Unser größter Erfolg war der Aufbau der Marke Kaltbach trotz des starken Schweizer Frankens und entsprechend höheren Preisen. Der Wechselkurseffekt ist immer eine unserer größten Herausforderungen. Eine weitere: Das nachhaltige Kostenmanagement in den Griff zu bekommen. Eine wichtige Maßnahme hierfür und zugleich die für mich schwierigste Entscheidung der letzten Jahre war die Umstrukturierung unseres Außendienstes. Wir hatten 13 eigene Außendienst-Mitarbeiter – zu wenige, um unsere Handelspartner regelmäßig betreuen und unterstützen zu können. So musste ich mich dazu durchringen, den Vertrieb auszugliedern.

2015 haben die Vertriebsspezialisten von Petri den Außendienst übernommen. Was hat der Handel davon? Was haben Sie seitdem erreicht?
Das Außendienst-Team ist 42 Mann stark. Wir haben damit eine sehr viel höhere Frequenz am PoS und können heute dreimal so viele Märkte besuchen. Händler haben feste Ansprechpartner, die sie jederzeit kontaktieren können und die unsere Emmi-DNA verinnerlicht haben. Das Ergebnis ist eine Steigerung der Distribution und der Umsätze, vor allem bei Käse. Kaltbach ist mittlerweile an der Käsetheke die Nummer acht unter den Top-Marken. 2014 war die Marke noch auf Rang 24.

Wie hat sich das Emmi-Deutschland-Geschäft 2017 insgesamt entwickelt?
Als Anbieter von Schweizer Premiumprodukten bewegen wir uns in einem sehr schwierigen Marktumfeld. Die deutschen Verbraucher sind äußerst preissensibel. Wir sind jedoch sehr glücklich mit der Entwicklung im Segment Eiskaffee. Trotz starken Wettbewerbs verteidigen wir seit 2004 die Marktführerschaft mit Caffè Latte. Auch mit unserer Entwicklung an den Käsetheken sind wir, wie eben erwähnt, sehr zufrieden. Die Umsätze der Marken Kaltbach und Scharfer Maxx sind um gut 20 Prozent gewachsen.

Emmi Deutschland ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der Schweizer Emmi- Gruppe. Das Portfolio umfasst die Marken Caffè Latte, Kaltbach und Der Scharfe Maxx. Seit 2011 wurde zudem der Deutschland-Vertrieb für die von Emmi erworbenen weltweiten Markenrechte für Onken-Joghurts übernommen.

Was sind die Treiber der positiven Entwicklung im Käsesegment, abgesehen vom Außendienst?
Dieser ist ein wesentlicher Faktor. Unsere Außendienstler führen pro Jahr zwischen 800 und 1.000 Schulungen für die Käsethekenkräfte durch, erklären Platzierungen und richtige Schneidetechniken. Zudem laden wir Thekenkräfte immer wieder in die Schweiz ein, zeigen ihnen, wie wir unsere Käse fertigen und dass die Qualitätssicherung nicht Maschinen, sondern der Expertise unser Käsemeister unterliegt. So machen wir die Besonderheit unserer Produkte – beispielsweise die Reifung in der Kaltbach-Höhle – erlebbar und generieren Markenbotschafter.

Konnten Sie bei Caffè Latte Marktanteile hinzugewinnen?
Wir konnten sie halten. Das Segment Eiskaffee wird von den Handelsmarken dominiert. Sie kommen auf einen Umsatzanteil von 62 Prozent. Es ist schon ein Erfolg, seinen Marktanteil zu halten und die Marktführerschaft unter den Marken zu verteidigen. Das haben wir, denn die Markentreue ist bei Emmi Caffè Latte sehr stark.


Worauf führen Sie dies zurück?
Bei Eiskaffee besteht eine große Geschmackstreue seitens der Verbraucher. Wir verwenden frisch gebrühten Kaffee, keinen Extrakt, und mischen ihn mit bester Schweizer Milch. Zudem sind wir sehr aktiv im Marketing, um unsere Kernzielgruppe, junge Menschen bis 39 Jahre, zu erreichen. In diesem Jahr fokussieren wir unsere Kommunikation vor allem auf unsere Mexiko-Edition. Wir können hierzu eine stimmige Geschichte erzählen. Es ist zudem wichtig, den Verbraucher mit Caffè Latte in seiner Freizeit in einer guten Stimmung abzuholen. Wir setzen daher einen starken Fokus auf emotionale Bilder, arbeiten viel mit digitalem Marketing und bespielen Soziale Netzwerke oder beliebte Kanäle wie Spotify.

Wie läuft das Geschäft mit Onken?
Das Joghurt-Geschäft in Deutschland ist unglaublich von Promotionen getrieben und der Markt stark umkämpft. Wir glauben jedoch an die Marke Onken und setzen uns insbesondere in den Gebieten Hamburg, Berlin und NRW stark für sie ein.

Macht der Bereich denn auch Spaß oder ist es ein reines Invest?
Wir haben das Produktportfolio von Onken stark reduziert, sind jetzt aber sehr zufrieden mit der Entwicklung der Vollkorn-Sorten – der USP der Marke. Hier werden wir zwei neue, attraktive Varianten auf den Markt bringen.

Tierwohl, frei von Gentechnik oder Glyphosat: Mehrwert-Konzepte werden für Molkereien bedeutender, um dem volatilen Markt etwas entgegenzusetzen. An welchen Themen arbeitet Sie aktuell?
Unsere Schweizer Milchbauern haben sich zu den meisten dieser Themen bereits seit Langem verpflichtet. In der Schweiz gelten die höchsten Tierschutzgesetze, etwa ein Moratorium für GVO in der Landwirtschaft seit 2005. Bio produzieren wir schon seit 20 Jahren. Diese Themen sind selbstverständlich für uns.

Viele deutsche Verbraucher werden dies nicht wissen: Das Ohne Gentechnik-Zeichen finden sie zum Beispiel nur auf wenigen Ihrer Produkte. Vergeben Sie nicht Chancen, wenn Sie diese Aspekte nicht auch kommunizieren?
An den Käsetheken zum Beispiel sprechen wir immer mehr darüber. Bei Caffè Latte steht die Schweizer Milch weniger im Vordergrund als der Genuss oder Produkteigenschaften wie „laktosefrei“ oder „ohne Zusatz von Kristallzucker“. Wir werden jedoch auch die eben besprochenen Vorteile unserer Milch in Zukunft stärker kommunizieren.

Sie haben mit My-Muesli neue Produkte für das Snack-Segment entwickelt. Was umfasst die Kooperation?
Wir fangen erst einmal klein an und haben uns daher auch den Vertrieb aufgeteilt. Emmi Deutschland verantwortet den Vertrieb der zwei Bio-Joghurtsnacks mit Müsli-Topping - zum Start bei Edeka und Rewe in größeren Städten erhältlich. MyMuesli bietet die beiden Frühstücksgetränke über die eigenen Kanäle an, also online und in den eigenen Läden.

Sind die Produkte auch in Convenience-Kanälen erhältlich?
Wir haben einen Löffel integriert, um My-Muesli-Joghurts für den Verzehr unterwegs zu positionieren. Die Joghurts sollten daher im Convenience-Regal vertreten sein, sowohl im Lebensmittel-Einzelhandel als auch in Convenience-Stores. Im To-go-Regal des Lebensmittelhandels sind meist Produkte aus Eigenproduktion, der eigenen Schnippelküche, zu finden. Markenartikel sind jedoch ebenso wichtig, um die Aufmerksamkeit der Kunden darauf zu lenken. Unsere My-Muesli-Produkte eignen sich genau dafür.

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