Corona Erste Hilfe für kleine Unternehmer

Ein Albtraum, gerade für kleine Unternehmer: Die Corona-Krise lässt ihre Umsätze massiv einbrechen, die Insolvenz droht. Wo bekommen sie Hilfe zum wirtschaftlichen Überleben?

Montag, 30. März 2020 - Handel
Heidrun Mittler
Artikelbild Erste Hilfe für kleine Unternehmer
Bildquelle: Getty Images

So hat sich Anja P. den Frühling nicht vorgestellt: In ihrem Auftragsbuch stehen zwar viele Posten, aber sie sind restlos durchgestrichen. Seit zwei Jahren betreibt die junge Frau ein Catering-Unternehmen mit zwei Mitarbeitern. Dabei kooperiert sie mit dem ortsansässigen Supermarkt, bei dem sie zuvor viele Jahre an der Fleischtheke gearbeitet hat.

In Zeiten von Corona aber ist die 700-Jahr-Feier der Stadt abgesagt, der Angelverein lässt das Angrillen ausfallen und die Kirchengemeinden haben die Kommunions- und Konfirmationsfeiern verschoben. Was tun, wenn kein Geld reinkommt, die Kosten aber weiterlaufen? Lange kann sie das nicht durchhalten, dann ist sie pleite.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmeier hat angekündigt: „Wir lassen niemanden allein.“ Auch die Bundesregierung hat wiederholt schnelle Hilfe versichert. Doch wo kann Anja P. diese beantragen? Hier wichtige Adressen, an die sich alle in Anjas Situation wenden können (Angaben bis Redaktionsschluss, 24. März).

Kurzarbeit: Sobald mindestens zehn Prozent der Belegschaft betroffen sind, kann ein Unternehmen Kurzarbeit beantragen. Die Sozialversicherungsbeiträge, die die Jungunternehmerin üblicherweise zahlt, soll die Bundesagentur für Arbeit vollständig erstatten. Sie muss den Antrag auf Kurzarbeit bei der Bundesagentur für Arbeit stellen. Auf deren Homepage gibt es nicht nur Informationen, sondern auch zwei Erklärvideos. Da die örtlichen Arbeitsagenturen derzeit überlastet sind (vor allem die Telefonanlagen), empfiehlt es sich, den Antrag online zu stellen oder das ausgefüllte Formular in den Hausbriefkasten zu werfen.

Wie hoch das Kurzarbeitergeld ausfällt, kann man über die Lohnsoftware errechnen. Hier hilft der Steuerberater weiter. Wichtig: Das Unternehmen selbst zahlt erst einmal das Kurzarbeitergeld aus!

Arbeitgeber können Kurzarbeitergeld nur für die Arbeitnehmer beantragen, die auch versicherungspflichtig in der Arbeitslosenversicherung sind. Derzeit wichtig: Beschäftigte, die in angeordneter Quarantäne sind, haben Anspruch auf Entschädigung, der sich nach dem Verdienstausfall bemisst.

Soforthilfe vom Bund
Der Bund stellt eine Soforthilfe für Kleinstunternehmen zur Verfügung. Danach kann ein Unternehmen mit bis zu zehn Beschäftigten eine Einmalzahlung bis zu 9.000 Euro erhalten. Die Formulare werden gerade erstellt und sind dann auf der Seite des Bundeswirtschaftsministeriums zu finden.
Steuern stunden und mindern:
Die Bundes- und Länderfinanzbehörden haben sich auf Maßnahmen geeinigt, die schnell für Erleichterung sorgen: Die Höhe von verschiedenen Steuern kann herabgesetzt werden. Betroffen sind Einkommensteuer- beziehungsweise Körperschaftsteuer-Vorauszahlungen und der Messbetrag für Zwecke der Gewerbesteuer-Vorauszahlungen. Sogar bereits geleistete Vorauszahlungen können erstattet werden.
Noch eine Möglichkeit ist, Beiträge zinslos zu stunden. Betroffenen wird so ein Zahlungsaufschub gewährt. Das betrifft vor allem Einkommen-, Körperschaft- und Umsatzsteuerzahlungen.

Bei der Stundung ist jedoch Vorsicht angesagt, warnt Sven Janken, Steuerberater bei Ebner Stolz in Bonn: „Der Unternehmer sollte unbedingt im Hinterkopf behalten, dass er die Steuer zu einem späteren Zeitpunkt zahlen muss.“ Außerdem könne ein erhebliches Haftungsrisiko für die Geschäftsführung bestehen, wenn die gestundete Steuer später nicht zurückgezahlt werden kann. Was also tun? „Bevor ein Unternehmer zur Stundung greift, sollte er zunächst versuchen, auf andere Weise die Liquidität seines Unternehmens sicherzustellen, zum Beispiel über die Anpassung von Steuervorauszahlungen“, empfiehlt Janken.

Noch ein Tipp vom Steuerberater: Mit dem Finanzamt kann auch eine Tilgung der Steuerschulden in monatlichen Raten vereinbart werden.
Unterstützung gibt es von verschiedenen Finanzämtern. Beispielsweise haben die Finanzverwaltungen folgender Bundesländer online bereits Antragsformulare für Steuererleichterungen bereitgestellt: Bayern, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern, Thüringen und Brandenburg.

Gewerbesteuer: Außerdem können die Gemeinden (eine Ausnahme machen die Stadtstaaten) die Gewerbesteuer stunden. Und man kann bei der Gemeinde beantragen, dass die Vorauszahlung der Gewerbesteuer gesenkt wird.

Entschädigung möglich
Infektionsschutzgesetz: Wenn das Gesundheitsamt eine Quarantäne oder ein Tätigkeitsverbot ausspricht, erleiden Unternehmen in vielen Fällen einen Ausfall, ohne dass der Geschäftsführer oder die Mitarbeiter selbst krank sind. In diesem Fall kann es eine Entschädigung nach dem Infektionsschutzgesetz geben. Bei Selbstständigen kann der Verdienstausfall anteilig entschädigt werden, außerdem in gewissem Umfang Betriebsausgaben und Aufwendungen für die private soziale Sicherung. Dieser Punkt ist noch nicht endgültig geklärt, zurzeit verweisen Bundesregierung und die Länder auf die Hilfsprogramme. Dazu sollte man Rat vom Steuerberater oder Anwalt einholen.

Krankenversicherung: Selbstständige, die freiwillig in einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sind, können eine Ermäßigung des Beitrages beantragen. Die Krankenkassen stellen dazu entsprechende Formulare bereit.

Liquidität sichern
Das Bundesministerium für Wirtschaft hat einen Dreistufenplan aufgelegt. Dabei vergibt die KfW Bankkredite. Außerdem können die Bürgschaftsbanken Geld besichern, welche die Hausbanken vergeben.

Insolvenz und ihre Fristen: Das Bundesministerium für Justiz und Verbraucherschutz arbeitet an einer Änderung der Insolvenzordnung. Diese soll in der nächsten Woche vom Bundesrat beschlossen werden. Als Vorbild nutzt sie die Regelungen, die bei verschiedenen Hochwasserkatastrophen getroffen wurden. Üblicherweise muss ein Unternehmen innerhalb von drei Wochen Insolvenz beantragen, wenn es in eine ernsthafte finanzielle Schieflage gerät. Diese Frist wird voraussichtlich bis zum 30. September ausgesetzt.

Das Ministerium will verhindern, dass Betriebe nur deshalb Insolvenz anmelden, weil die angekündigten Hilfen nicht rechtzeitig ankommen.

Pfändungen: Kontopfändungen und weitere Vollstreckungen von den Finanzbehörden sind bis zum 31. Dezember 2020 ausgesetzt, wenn der Steuerschuldner erheblich von der Corona-Krise betroffen ist.

Weitere Infos: Die Bundesteuerberaterkammer hat eine hilfreiche Sammlung veröffentlicht, die noch zahlreiche weitere Informationen und Quellen zur Verfügung stellt.

Besonders hilfreich ist der Anhang mit Links und Kontakten: https://www.bstbk.de/de

Checkliste der Sofortmaßnahmen

  • Steuer-Vorauszahlung erstatten oder stunden lassen mithilfe des Steuerberaters oder direkt beim Finanzamt.    
  • Zahlungsaufschub für Körperschaftssteuer, Einkommen- und Umsatzsteuer beantragen: Steuerberater oder direkt beim Finanzamt.    
  • Gewerbesteuer herabsetzten oder stunden lassen. Gemeindeverwaltung oder mithilfe des Steuerberaters.     
  • Prüfen, ob Entschädigung nach Infektionsschutzgesetz möglich. Hilfe beim Anwalt und/oder Steuerberater einholen.     
  • Krankenversicherungsbeitrag herabsetzen. Direkt mit der Krankenkasse sprechen.     
  • Soforthilfe beantragen. Informationen dazu gibt es beim Bundeswirtschaftsministerium (www.bmwi.de), eventuell Unterstützung beim Steuerberater einholen.    
  • Kreditrahmen erweitern. Mit der Hausbank sprechen und bei Bedarf die KfW-Bank ansprechen.    

 

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