HDE Überregulierung befürchtet

Mit großer Sorge reagiert der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) auf das Votum des Agrarausschusses im Europäischen Parlament (EP) zur Bekämpfung von „unfairen Handelspraktiken (UTP)“ zu Beginn dieser Woche in Straßburg. Die EP-Vorschläge schränkten die Verhandlungsfreiheit der Lebensmittelhändler ein und seien keine Hilfe für die Landwirte, betont HDE-Präsident Josef Sanktjohanser (Foto) in einer Pressemitteilung. LP-Brüssel-Korrespondent Thomas A. Friedrich erläutert die Hintergründe.

Freitag, 05. Oktober 2018 - Handel
Lebensmittel Praxis
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Bildquelle: LP-Archiv

Die Verhandlungsfreiheit der Händler einzuschränken, helfe den Landwirten nicht, so der HDE. Der Handel beziehe EU-weit nur etwa fünf Prozent seiner Ware direkt von den Erzeugern. In 95 Prozent der Fälle gebe es gar keine direkten Vertragsverhältnisse führt der HDE an. „Der Handel hat ein großes Interesse an stabilen Lieferverhältnissen und lebensfähigen Landwirtschaftsbetrieben“, betonte Sanktjohanser. Die vorgesehene EU-Gesetzgebung sei hierbei nicht hilfreich. „Die vom EU-Parlament vorgeschlagenen Maßnahmen verschaffen multinationalen Großkonzernen einen Wettbewerbsvorteil und treffen am Ende die Kunden des Handels. Denn wenn der Lebensmitteleinzelhandel nicht mehr effektiv mit seinen Zulieferern verhandeln kann, dann wird die Ware letztlich zu höheren Preisen als bisher eingekauft und teurer an den Endverbraucher verkauft werden müssen“, so HDE-Präsident Josef Sanktjohanser. 


Der HDE fürchtet, dass die jetzt vom EP-Agrarausschuss mit großer Mehrheit beschlossenen EP-Vorschläge die Verhandlungsmacht großer Lebensmittelkonzerne gesetzlich eher noch befördern würde. „Internationale Lebensmittelgiganten sind in Verhandlungen mit Handelsunternehmen nun wahrlich nicht auf Welpenschutz angewiesen. Diese Vertragsbeziehungen müssen aus dem Regelungsbereich herausgenommen werden“, so der HDE-Präsident.


Umstritten ist der im Kommissionsvorschlag gemachte Geltungsbereich für den Mittelstand. Demnach adressiert die EU-Kommission Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) mit bis zu 250 Beschäftigten und einen Jahresumsatz von bis zu 50 Millionen Euro.
"Wir wollen nicht Nestlé oder Ferrero vor den Supermärkten schützen", betonte der italienische christdemokratische EU-Abgeordnete Herbert Dorfmann in der EP-Aussprache. Bei den Handelsbeziehungen mit den Supermärkten gehe es in der Regel nicht um einzelne Landwirte, sondern um deren Zusammenschlüsse wie Vermarktungsgenossenschaften, so Dorfmann. Die Beschränkung auf KMU mache keinen Sinn, weil von unfairen Praktiken in erster Linie die Zusammenschlüsse der Landwirte betroffen seien.

Der grüne agrarpolitische Sprecher im EU-Parlament, Martin Häusling, warnte davor alle Genossenschaften über einen Kamm zu scheren. „Arla zum Beispiel ist ein multinationales Unternehmen, das nicht geschützt werden muss“.

Die Vertretung des Lebensmitteleinzelhandels in Brüssel, (EuroCommerce), zeigte sich von den EP-Beschlüssen der Agrarpolitiker ebenso bestürzt. Die jetzt auf dem Tisch liegenden Vorschläge seien dazu geeignet, die ohnehin heute schon übermächtigen multinationalen Lebensmittelkonzerne in eine noch stärkere Stellung gegenüber dem Handel zu bringen.

Das EU-Parlament wird in seiner Gesamtheit Ende Oktober über den UTP-Richtlinienvorschlag abstimmen. Das Gesamtpaket soll noch unter österreichischer EU-Ratspräsidentschaft vor Jahresende verabschiedet werden.

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