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Herr Kramer, in Deutschland war zuletzt kein Wachstum möglich, und der deutsche Markt repräsentiert nicht mal zehn Prozent des Umsatzes. Welche Chancen sehen Sie?
Matthijs Kramer: Deutschland hält noch immer ein hohes Potenzial für unsere Marken bereit. Unsere Kernmarken wie Campari, Ouzo 12, Averna, Skyy Vodka, Frangelico und natürlich Aperol haben sich in den letzten Jahren in Deutschland alle gut entwickelt. Außerdem zeigen auch kleinere Marken wie Wild Turkey Bourbon, Grand Manier und Bulldog Gin starke Markenperformances. Es ist richtig, dass unser Umsatz in Deutschland relativ stabil war. Getrieben wurde diese Entwicklung durch das Abtreten einiger Agenturmarken, was das starke Wachstum von unseren Kernmarken auf Umsatzebene neutralisiert hat. Die Vereinfachung des Markenportfolios war eine bewusste Entscheidung, um die Fokussierung und Leistung unserer Kernmarken noch weiter zu steigern. Wir schauen darum sehr selbstbewusst in die Zukunft, was unser Geschäft in Deutschland betrifft.
Welche Rolle nimmt der Lebensmittel-Einzelhandel dabei ein?
Als Campari Deutschland glauben wir sehr stark daran, dass jede Schnittstelle mit dem Konsumenten relevant ist und bei dem Aufbau eines positiven Markenimages eine Rolle spielt – kurz: Jeder Kundenkontakt muss ein guter Kontakt sein. Wir wollen darum auch im Lebensmittel-Einzelhandel die Kernwerte von unseren Marken qualitativ hochwertig kommunizieren. In manchen Situationen bedeutet dies, dass wir zwar weniger, dafür aber eine durchgängig hohe Qualität an Aktionen oder Inhalten liefern. Uns ist es dabei enorm wichtig, dass jede Aktivierung einen zielgerichteten Mehrwert für uns und unsere Handelspartner hat.
Campari hat sich zuletzt von der Softdrinksparte und seinem Weingeschäft getrennt. Wo liegt jetzt der der Fokus?
Spirituosen sind der Kern unseres Geschäfts und Hauptfokus bei Campari Deutschland. Obwohl wir ein relevanter Player auf dem deutschen Spirituosenmarkt sind (Top 3), ist unser Anteil am gesamten deutschen Spirituosenmarkt vergleichsweise klein. Wir haben darum noch viel Raum, um zu wachsen. Bitter, Aperitifs und Low-Proof-Getränke (geringer Alkoholgehalt; Anm. d. Verfassers) sind momentan im Trend in Deutschland. Das Portfolio von Campari Deutschland passt zu dieser Entwicklung. Deshalb werden wir unsere Aperitif-Marktführung mit Campari und Aperol weiter ausbauen.
Ebenfalls im Fokus steht unser Amari-Portfolio mit Marken wie Averna – feiert dieses Jahr sein 150-Jähriges –, Cynar und Braulio, die alle reich an Traditionen und Geschichte sind.
Allerdings sehen wir nicht nur bei unserem italienischen Markenportfolio enorme Wachstumsmöglichkeiten. Großes Entwicklungspotenzial bieten auch die Marken Skyy Vodka, Wild Turkey Bourbon, Bulldog Gin und die vor zwei Jahren erworbene französische Ikone Grand Marnier.
Stichwort Aperol. Nach der Übernahme durch Campari 2003 konnte man einen Hype um den Aperitif-Cocktail Spritz entfachen. Wie kam der Erfolg damals zustande?
Als die Campari Gruppe Aperol vor 15 Jahren gekauft hat, war es noch nicht das Trendgetränk von heute. Aperol wurde damals eigentlich nur in und um Venetien in Italien verkauft. Der Region, in der Aperol 1919 entstanden ist. Außerhalb von Venetien war die Marke selbst in Italien recht unbekannt, ganz zu schweigen von anderen Märkten, wie beispielsweise in Deutschland.
Viele Leute vergessen, dass Campari Deutschland die Marke Aperol nach dem Kauf 2003 über Jahre konsistent mit viel Geduld und Investments aufgebaut hat, um den heutigen Kultstatus in Deutschland zu erreichen. Spirituosenmarken entstehen nicht über Nacht. Man braucht Zeit, Geduld und ein wenig Glück.
Einer der Hauptgründe für den Erfolg ist unsere Beständigkeit, mit der wir die Marke über Jahre hinweg strategisch aufgebaut haben. Hinzu kommt ein klares Wachstumsmodel, bei dem wir besonderes Augenmerk auf die Erlebbarkeit der Marke legen. Wir bringen also die italienische Leichtigkeit direkt zum Verbraucher. Der letzte und entscheidende Faktor ist die simple aber einzigartige Art, ihn zu servieren: als Aperol Spritz.