Danish Crown Deutschland-Fokus

Statt höherer Schlachtzahlen sollen Nachhaltigkeit und Wertschöpfung Wachstum bei Danish Crown bringen. Jakob Sögaard und René M. Olsen äußern sich im LP-Interview über die weitere Strategie des dänischen Fleischkonzerns Danish Crown.

Dienstag, 14. Dezember 2021 - Fleisch
Jens Hertling
Artikelbild Deutschland-Fokus
Bildquelle: Danish Crown

Herr Sögaard, wie denken Sie über die Lage auf dem deutschen Schweinemarkt?
Jakob Sögaard: Die Landwirte in Deutschland sind enorm herausgefordert: wirtschaftlich, aber auch politisch. Auf die Landwirte kommen enorme Probleme zu.

Welche Ursachen hat das?
Die Preise für Schweinefleisch sind in Deutschland derzeit im Keller. Manche Schweinebauern müssen die Mast aufgeben. Für viele deutsche Schweinebauern hat sich die Schweinemast zum Verlustgeschäft entwickelt. Dafür gibt es unterschiedliche Gründe. Zum einen ist da der Importstopp für deutsches Schweinefleisch durch China nach dem Auftreten der Afrikanischen Schweinepest in Deutschland im September 2020. Auch die Corona-Pandemie hat dazu beigetragen, dass die Preise für Schweinefleisch deutlich gesunken sind. Durch die Lockdowns – Restaurantbesuche und Großveranstaltungen waren zeitweilig nicht möglich – wurde weniger Schweinefleisch konsumiert. Letztendlich werden wir hier eine kleinere Produktion sehen.

Welche Auswirkungen hat das auf Danish Crown (DC)?
Das bedeutet, dass mehr Schweine in Dänemark bleiben werden und wir dort eine größere Produktion sehen werden. Es werden weniger Ferkel nach Deutschland exportiert.

Herr Olsen, wie viele Schweine und Rinder hat Danish Crown 2020 in Deutschland geschlachtet?
René M. Olsen: Wir haben im vergangenen Jahr in Deutschland etwa 3 Millionen Schweine und 200.000 Rinder geschlachtet. Die Anzahl der geschlachteten Tiere ist aber nicht das, was für uns im Vordergrund steht.

Können Sie das näher erläutern?
Wir sehen einen Markt, der sich in Veränderung befindet. Wir haben hier Verbraucher, die sich aktiv mit dem Thema Schweinefleisch auf eine andere Art und Weise beschäftigen als zuvor. Der Fleischkonsum ist seit Jahren stabil rückläufig. Diese Entwicklung werden wir auch in den kommenden Jahren sehen. Wir glauben hier an keine Trendwende. Die Verbraucher werden in Zukunft nicht mehr Schweinefleisch essen, sondern es anders essen. Die Themen Tierwohl und Regionalität spielen eine größere Rolle. Wir wollen deshalb bei DC viel mehr über die Werte reden. Wir wollen die Entwicklung mitprägen und vor allem im Bereich der Nachhaltigkeit Lösungen anbieten und so die Attraktivität sowohl als Abnehmer für die Erzeuger als auch als Anbieter für den Handel und die Konsumenten sichern.

Wie viel Umsatz hat DC Deutschland 2020 erzielt?
Im vergangenen Jahr haben wir 800 Millionen Euro in Deutschland erzielt. Deutschland ist für uns ein sehr wichtiger Markt. Wir haben verschiedene Werke in Deutschland im Schweine- und Rinderbereich. Dazu kommt die Veredelung in Oldenburg, Schüttorf und Dinklage, wo Bacon, Pizzatoppings und Slow-Cooked-Produkte hergestellt werden.

Was kann DC seinen Erzeugern in Deutschland bieten?
Wir können unseren Erzeugern stabile Geschäftsbeziehungen und Planungssicherheit anbieten. Wir setzen dabei auf eine langfristige Zusammenarbeit und denken nicht in kurzen Abständen.

Was ist in Deutschland die größte Herausforderung?
Alle Beteiligten der Wertschöpfungskette müssen die Balance finden, dass alle davon profitieren. In den vergangenen Jahren war aufgrund der Volatilität am Markt eine große Herausforderung. Im Moment sind die Preise für Schweinefleisch im Keller. Wir müssen dafür eine Lösung finden, sonst verlieren wir die Erzeuger, und davon haben alle in der Wertschöpfungskette nichts.

Herr Sögaard, können Sie das dänische Projekt „Gezüchtet ohne Antibiotika“ (GOA) erläutern?
Jakob Sögaard:
Das GOA-Produktionssystem fokussiert auf Vorsorge sowie optimierte Fütterung und Haltungsbedingungen wie unter anderem hohe Stallhygiene. Auf diese Weise lässt sich die Antibiotika‧behandlung für das Gros der Schweine von der Geburt bis zur Schlachtung vermeiden. Wichtig dabei ist, dass erkrankte Tiere behandelt werden. Behandelte Tiere verlieren ihren GOA-Status. Das GOA-Programm wird vom dänischen Schlachtunternehmen Danish Crown umgesetzt. Es wurde 2015 im Rahmen des staatlich geförderten Forschungsprojektes zur nationalen Reduktion des Antibiotikaverbrauchs gestartet.

Welche Erfahrungen haben die Dänen mit ihrem Tierwohllabel gemacht?
Nur wenige Jahre nach dem Start hat das dreistufige staatliche Tierwohlzeichen in Dänemark bereits einen hohen Bekanntheitsgrad erreicht. Das Problem ist, dass es eine nationale Marke ist. Eine Insellösung ist nicht der richtige Weg. Wir können die drei Herzen nur in Dänemark verkaufen. Wenn ein Tierwohlprogramm aufgestellt wird, muss das eine internationale Anerkennung haben.

Herr Olsen, wie denken Sie über Bio?
René M. Olsen: Der Biokonsum hat sich durch Corona grundsätzlich verändert. Die Nachfrage nach Bioware war noch nie so groß wie heute. Der Bioabsatz wird sich weiter rasant entwickeln.

Wie wird sich das auf Deutschland auswirken?
Wir sind im Fleischbereich in Europa der größte Biovermarkter. Wie schlachten fast 4.000 Tiere die Woche. Davon ist ein Teil in Deutschland. Mit der Tochtergesellschaft Friland sind wir der größte Anbieter auf dem deutschen Markt. Mit der allgemeinen Bioentwicklung in Deutschland sehen wir auch eine Entwicklung, an der wir mit unserer Bioware partizipieren.

Wollen Sie Biowurst unter einer eigenen Marke auf den Markt bringen?
Die Entwicklung kann in verschiedene Richtungen gehen. Da werden wir uns jetzt nicht festlegen. Wir haben Partner in allen Bereichen. Hier tauschen wir uns über die Richtung aus. Wir möchten die Entwicklung im Biobereich sehr gern unterstützen. Es muss aber für alle Beteiligten funktionieren.

Wie denken Sie über Veggie?
Im Veggie-Bereich hatten wir bisher wenige Aktivitäten außerhalb von Dänemark. Veggie ist ein Thema, das uns in Zukunft mehr beschäftigen wird.

Herr Sögaard, können Sie bitte kurz auf die neue Nachhaltigkeitsstrategie „Feeding the Future“ eingehen?
Jakob Sögaard:
Das Programm geht in Richtung „Farm to Fork“. Hier soll die komplette Wertschöpfungskette abgedeckt werden. Am meisten können wir bei unseren Erzeugern verändern. Dadurch, dass wir eine Genossenschaft sind, hatten wir die Möglichkeit, unsere Landwirte zu überzeugen, dass wir uns mehr in Richtung Nachhaltigkeit bewegen müssen.

Was ist das Besondere daran?
Die Zeiten sind vorbei, als Danish Crown Wachstum durch das Schlachten einer immer größeren Zahl von Tieren anstrebte. Dreh- und Angelpunkt der neuen „Feeding-the-Future-Strategie“ des Konzerns ist es, den CO2-Fußabdruck der Fleischerzeugung zu verringern und diese Verringerungen als Treiber dafür zu nutzen, die Erträge aus seinen Produkten zu steigern. Die gesamte Wertschöpfungskette ist jetzt klimazertifiziert.

Inwiefern hat diese Strategie Auswirkungen auf den deutschen Markt?
Wir wollen für den deutschen Markt noch mehr nachhaltigere Produkte anbieten. „Feeding the Future“ gilt komplett für DC. Wir haben in Dänemark angefangen und dort die Erfahrungen gesammelt und werden es jetzt weltweit umsetzen. Die Strategie läuft bis 2026. Ein Teil der Strategie hat Auswirkungen für den deutschen Markt. Hier werden die Bereiche Foods und Pork zusammengelegt. Die Division Beef bleibt selbstständig.

Herr Olsen, welche Investitionen stehen in Deutschland an?
René M. Olsen:
Wir sehen einen Arbeitsmarkt, der die größte Herausforderung darstellt. Hier müssen wir uns als Firma dem stellen. Wir müssen einen Weg finden, wie wir als Firma, aber auch als Branche die Attraktivität für künftige Bewerber wieder steigern. Der Wettbewerb um die besten Fachkräfte wird in Zukunft nicht einfacher.

Welche weiteren Investitionen stehen noch an?
Unser CEO Jais Valeur hat gesagt, dass wir vor allem in „Feeding the Future“ investieren wollen. Der Konzern plant Investitionen von etwa 1,5 Milliarden in die Werke. Ein Teil davon wird auch nach Deutschland fließen und in erster Linie für Automatisierung ausgegeben.

Welche Rolle spielt der Bacon in der Ausrichtung von DC?
Der Bacon der Marke Tulip ist unser Herzblut – für dieses Produkt sind wir hier am meisten bekannt. Bacon spielt deshalb eine große Rolle in der Ausrichtung. Mit der Marke Tulip sind wir Marktführer. Hier werden wir auch verstärkt in der Zukunft investieren. Wir sind der größte Anbieter von Bacon in Europa.

Wie hoch ist der Absatz von Bacon in Deutschland?
Der Gesamtmarkt beträgt 24.000 Tonnen. Wir sind Gesamtmarktführer bei Bacon in Deutschland mit 50 Prozent Marktanteil. Bei den Marken erreicht Tulip etwa 70 Prozent Marktanteil.

Ist hier noch viel Potenzial?
Bacon ist ein Wachstumsmarkt. In Dänemark werden statistisch pro Einwohner 1,8 Kilogramm pro Jahr gegessen. Der Absatz in Deutschland hat sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt, ist mit jährlich 300 Gramm Pro-Kopf-Verbrauch im Europavergleich aber auf einem kleinen Niveau. Wir haben die Vision, eine Verdoppelung des Konsums in Deutschland zu erreichen. Das wird dauern, es ist eine Reise, die wir gemeinsam mit unseren Kunden antreten.

Was sind hier die größten Herausforderungen?
Vielen deutschen Verbrauchern ist der Unterschied zwischen Bacon und Schinken nicht bewusst. Wir müssen deshalb den Begriff Bacon in Deutschland mehr verankern. Das ist eine andere Situation als in Dänemark. In Dänemark sind laut Umfragen bei den meisten Konsumenten die folgenden drei Lebensmittel im Kühlschrank: Milch, Butter und Bacon.

Was planen Sie für den Handel?
Wir wollen die Produktvielfalt stärker hervorheben. Damit kann sich der LEH profilieren und Wertschöpfung erzielen.

Danish Crown

Die Danish-Crown-Gruppe führt ihren Ursprung auf die 1887 von 500 Landwirten gegründete erste dänische Schweineschlachtgenossenschaft zurück. Es folgte die Übernahme aller größeren Schlachthöfe in Dänemark. 2010 beschlossen die etwa 9.000 Mitglieder der Genossenschaft eine Änderung der Rechtsform, die der einer deutschen GmbH entspricht. Der Umsatz im Geschäftsjahr 2020/21 lag bei rund 7,8 Milliarden Euro. Die Gruppe beschäftigt rund 26.000 Mitarbeiter. Das Mutterunter‧nehmen verfügt über 81 Produk‧tionsstätten in Europa, davon 15 Schlacht- und Zerlegebetriebe für Schweine sowie sieben für Rinder, zwei Verpackereien für den Einzelhandelsbereich und zwei Verteil- beziehungsweise Frischfleischzentren.

Danish Crown Deutschland

2017 wurde der deutsche Rinderschlachthof Teterower Fleisch übernommen. Er wird seither organisatorisch gemeinsam mit einem bereits Danish Crown gehörenden Rinderschlachthof im norddeutschen Husum betrieben. Ein deutscher Schlachthof für Schweine befindet sich in Essen/Oldenburg sowie ein Vorderteilzerlegebetrieb in Boizenburg. Dazu kommt die Oldenburger Convenience für SB-Frischfleisch sowie die Veredelung in Oldenburg, Schüttorf und Dinklage.

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