Süßwaren On, off, omni

E-Commerce, gesundes Snacken, Nachhaltigkeit und der Vegan-Trend bringen eine bunte Themenvielfalt in den Süßwarenmarkt. Hersteller setzen unterschiedliche Schwerpunkte.

Donnerstag, 26. Januar 2017 - Süßwaren
Dieter Druck
Artikelbild On, off, omni
Im Test: die neue, verkaufsfördernde Farblehre von M&M‘s.
Bildquelle: Getty Images, Ritter Sport, Mars

An oder aus, on- oder offline oder beides? Sinn, Zweck und Ziele von E-Commerce-Aktivitäten beschäftigen die Süßwarenanbieter, wie andere Foodhersteller, immer stärker. Chancen ja, aber dann doch wieder nicht so richtig.

Generell sehen viele Markenhersteller den Online-Handel als Chance, und dort wird das Potenzial der Zukunft im Lebensmittelhandel gesehen. Andererseits passt der aktuelle Umsatzstatus nicht so ganz in dieses Bild. Wachstum auf ganz niedrigem Niveau.

Dennoch, immer mehr Akteure mischen digital mit, und die Bedeutung wird langfristig steigen. „Es ist schwierig, hier das Potenzial für Süßwaren einzuschätzen. Wir sind aber trotzdem schon auf diesen Kanälen aktiv und gewappnet, sobald die Nachfrage über diesen Bereich deutlich steigen sollte“, erklärt Michael Hähnel, Vorsitzender der Geschäftsleitung Bahlsen Business Unit D-A-CH. Andere Hersteller erwarten, dass sich aufgrund der Ladendichte in Deutschland und dem Kaufverhalten der Bundesbürger kurzfristig nichts großartig ändern wird. USA, England und Frankreich sind in diesem Fall die meist genannten Vorzeigemärkte für E-Commerce-Aktivitäten.

Forscher plant da schon Mondelez: „Wir gehen global gesehen davon aus, dass E-Commerce künftig unser am schnellsten wachsendes Geschäftsfeld werden wird“, sagt Heike Hauerken, Unternehmenssprecherin von Mondelez International Deutschland. Bis 2020 sollen weltweit knapp 1 Mrd. Euro Umsatz aus klassischen E-Commerce-Transaktionen stammen.

„Wir sehen ein großes Potenzial, allerdings ist das Online-Geschäft mit der Kategorie Süßware hierzulande noch nicht so ausgeprägt“, analysiert Gunnar Frettlöhr, Sales Director Germany bei Wrigley. Impulse auszulösen sei beispielsweise eine große Herausforderung. „Daher arbeiten wir vom Multichannel-Kunden bis hin zum Pure Player mit vielen Online-Händlern zusammen, optimieren die Basis und identifizieren gemeinsam Potenziale sowie Impulskontaktflächen.“

Zusammenarbeit mit Start-ups
Neue Konzepte sollen das Einkaufserlebnis off- wie online revolutionieren. Ein Beispiel liefert hierzulande das Kooperationsprogramm „Shopper Futures“ von Mondelez für Start-ups. Fünf Marken aus dem eigenen Portfolio wurden gemeinsam mit Gründern und Handelspartnern drei Monate lang für die Zukunft des Einkaufens getestet. Daraus gehen Pilotprojekte hervor, die zeigen, wie künftig Impulskäufe von Süßwaren entlang der Shopper Journey bis zum stationären oder Online-PoS forciert werden können.

Der „elektronische Weg“ zeigt sich auch bei der Kundenansprache direkt am stationären PoS. Beispielsweise entwickelt sich das Smartphone als Instrument für neue Medien- und Kommunikationskonzepte. Das heißt nicht, dass die Pappe (sprich Displays) damit verbrannt ist. „Süßwaren sind nach wie vor ausgeprägte Impulsartikel, und nicht alle Kunden sind digital-affin“, bewertet Frank Brinker, Marketing Direktor Storck Deutschland, die momentane Situation. Auf jeden Fall arbeiten die großen Markenartikler daran, über neue digitale Medien und neue Technologien kaufanregend am PoS zu agieren. Auch hier geht es letztlich wieder um die Vernetzung von Online und Offline entlang des Kaufentscheidungsprozesses bis zum PoS.

Die gute alte Pappe ist oftmals immer noch die richtige Ansprache, „sofern sie emotional gestaltet ist“, unterstreicht auch Hähnel. Es gehe um die jeweilige Zielgruppe und das Wissen um deren bevorzugte Form der Ansprache. Bei einer deutlich jüngeren Zielgruppe sei eine ausgeprägte digitale Ansprache sinnvoll. Das wurde bereits bei Einführung von Pick-up-Minis oder mit dem Virtual-Reality-Game im Rahmen des „Dschungelcamps“ umgesetzt. Auch seien die Gegebenheiten im Handel zu berücksichtigen. „Um alles abzudecken, kommunizieren wir daher 360 Grad, und da zählt der PoS dazu“, sagt Hähnel.

Dabei ist die direkte Sinneswahrnehmung, ohne elektronische Heranführung, gar nicht zu verachten. Eine aufmerksamkeitsstarke Präsentation, wie das Colorworks-Display

für den Lose-Verkauf von M&M‘s von Mars zieht Blicke an, sowohl von Kunden als auch von Händlerkollegen. Seit September 2016 wird das bisher einmalige M&M’s-Colorworks-Display für den deutschen Markt getestet. Ein sechsmonatiger Probelauf ist beim neuen Globus in Rüsselsheim-Bauschheim im Gange. Ebenso laufen bereits Praxiseinsätze in den Nachbarländern Niederland, Belgien und Frankreich. Das Display bietet Shoppern die Möglichkeit, lose M&M’s-Ware der Sorte Peanut in ihrer Lieblingsfarbe zu kaufen. Aus insgesamt zwölf Farben kann der Shopper wählen und die gewünschte Menge in einem Becher selbst abfüllen. Nach Ablauf der Testphase wird über einen möglichen Roll-out entschieden.


Mehrfach im Markt platziert
Für Wrigley steht bei allen Aktionen der Markenkern im Fokus. „Die Marke muss am PoS mit ihren Kernelementen dargestellt werden. Dies hat oberste Priorität vor jeglicher Aktionsmechanik“, sagt Sales Director Gunnar Frettlöhr. Nur die Wiedererkennung der Marke innerhalb von 1 Sekunde könne die Aufmerksamkeit des Shoppers erregen und damit einen Impuls auslösen.

Besondere Wirkungen zeigen darüber hinaus über den ganzen Markt verteilte Mehrfachfachplatzierungen mit „Korbstationen“. Die Testergebnisse von Wrigley an exponierten Punkten (Mehreinkauf bezogen aufs gesamte Kaugummi-Segment):

Eingangsbereich: + 6 Prozent, Kühlregal: + 7 Prozent, Hauptgang: + 8 Prozent, Kasse: + 13 Prozent. In ähnlicher Weise forciert auch Mars den Ansatz der Mehrfachplatzierung im Supermarkt. Beispielsweise wird über noch nicht genutzte Kontaktpunkte am PoS mit den Riegelmarken das Thema „On-the-Go“ vorangetrieben.

Einen hohen Wirkungsgrad attestiert Manner auch klassischen Verkostungen. Deren Zahl wurde im vergangenen Jahr verdoppelt und auch 2017 nochmals erhöht.

Eine besondere und sicherlich emotionale Ansprache erreicht beispielsweise Ritter Sport mit der mobilen Schokowerkstatt, die meist Großflächen ansteuert. Die Event-Promotion spricht Kinder und Jugendliche im Alter von 7 bis 18 Jahren an. In der Werkstatt entwickeln die Besucher mit einer Vielfalt unterschiedlicher Zutaten eigene Schokokreationen. Dabei erfahren sie alles über Kakao sowie andere Zutaten und bekommen zum Schluss ein Schokomeister-Zertifikat. Das alles passt zu den Ergebnissen verschiedener Studien, die einen sich Trend vom reinen Versorgungs- hin zum Erlebniskonsum prognostizieren.

Ein anderer, übergreifender Aspekt ist vegan. Medial getrieben, steht das Merkmal im Fokus, allerdings mit bislang geringer Umsatzrelevanz bei Süßwaren. Somit sind vegane Süßigkeiten erst einmal eine Nische, in die sich große Marken sicherlich nicht vorrangig zwängen werden. Andererseits passt der Ansatz auch zum bewussten Genuss von Süßwaren in Kombination mit individuellen Verzehrsgewohnheiten. Diester Trend ist demnach nicht zu vernachlässigen.

Bewusste Nascher
„Die Konsumenten sind heute umfassender informiert und treffen bewusster Entscheidungen, was sie essen. Sie wissen, was sie vertragen und was nicht“, argumentiert Michael Hähnel bei Bahlsen. Dies verlange vom Hersteller eine ehrliche Kommunikation über Produkte und Inhaltsstoffe sowie Produktlinien, die Allergien und Intoleranzen berücksichtigt. Bahlsen wird beispielsweise neben laktosefreiem Süßgebäck in diesem Jahr glutenfreie Kekse launchen.

Positive Vegan-Erfahrungen hat beispielsweise Manner im vergangenen Jahr gemacht. 2016 war vegan ein Schwerpunkt, der „von den Verbrauchern sehr gut angenommen wurde“. Deshalb wird der Ernährungsaspekt auch in den kommenden Monaten erneut aufgegriffen und in die Kommunikation eingebunden.

Ritter Sport hat im Herbst des vergangenen Jahres die ersten veganen Sorten eingeführt und besetzt neben den laktose- und glutenfreien Varianten damit ein weiteres Segment im Tafelschokoladenmarkt mit einem ernährungsrelevanten Produktmerkmal. Bei Wrigley ist nach eigenen Angaben der überwiegende Teil der Produkte bereits frei von tierischen Inhaltsstoffen. Derzeit wird geprüft, inwieweit diese Produkteigenschaft in Richtung Verbraucher kommuniziert werden soll. Und dann gibt es ja noch den Biotrend bei Süßem. Die Bewertungen bewegen sich wie so oft zwischen ja, nein und dennoch.

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Bild öffnen Im Test: die neue, verkaufsfördernde Farblehre von M&M‘s.
Bild öffnen Kreativ im Handel: mobile Schokowerkstatt von Ritter Sport.

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