Verbrauchervertrauen Das geplatzte Image der (Bio-)Eier-Branche

Bio ist nicht gleich Bio und manchmal nicht besser als konventionelle Lebensmittel - das zeigt der Eier-Skandal.

Montag, 11. März 2013 - Sortimente
Artikelbild Das geplatzte Image der (Bio-)Eier-Branche
Bildquelle: creative collection

Als Bio-Ei gekennzeichnet, aber aus gesetzeswidriger Haltung: Öko-Produkte bieten nach Expertenmeinung nur bedingt mehr Schutz vor Lebensmittelskandalen. Im Bereich der ökologischen Produktion gebe es sicher mehr Kontrollen als in der konventionellen Produktion, aber Vorfälle bei Bio-Produkten wie nun bei den Eiern könnten nicht verhindert werden, so Prof. Michael Kühne von der niedersächsischen Kontrollbehörde Laves. Die Öko-Produktion sei grundsätzlich nicht weniger anfällig wie die konventionelle.

Bei Redaktionsschluss wurde in acht Bundesländern ermittelt. Deutschlandweit laufen Ermittlungen gegen 15 Prozent der deutschen Legehennenhalter. Allein in Niedersachsen haben 150 Fälle ihren Ursprung. Unter den betroffenen Betrieben sind auch Bio-Produzenten. Manche Betriebe sind sogar Naturland-zertifiziert, andere wiederum vermarkten unter dem KAT-Siegel für kontrollierte, alternative Tierhaltung. Von den 5.600 KAT-Mitgliedsbetrieben laufen aktuell gegen 21 Ermittlungen. KAT hat nun für diese Betriebe zusätzliche Sonder-Audits angeordnet und rechtfertigt sich: „Die verschiedenen Kontrollen im Jahr 2012 haben bei den 21 Betrieben keine Anhaltspunkte ergeben, dass gegen die Besatzdichte verstoßen worden ist.“ Bei den Kontrollen könnten nicht alle Legehennen gezählt werden, deshalb würden Plausibilitätsprüfungen vorgenommen. KAT fordert nun eine stärkere Einbeziehung der Brütereien und der Aufzuchtbetriebe in die Kontrollen. Auch die Futtermittelströme seien ein Ansatzpunkt. KAT-Geschäftsführer Caspar von der Crone fordert die Futtermittelindustrie auf, Teil des KAT-Frühwarnsystems zu werden.

Die Skandale mehren sich: Im Frühjahr 2010 waren Öko-Höfe gesperrt worden, an die mit Dioxin belastetes Futtermittel geliefert worden war. 2012 entdecken Prüfer kurz vor Ostern Dioxin in den Produkten eines Bio-Erzeugers aus NRW.

Kontrollen, da sind sich viele Experten einig, gebe es genug, problematisch sei, dass viele angemeldet stattfinden und beim Check der Besatzdichte auf Schätzungen und die Unterlagen des zu kontrollierenden Betriebes zurückgegriffen werde. Kontrolleure sind in jedem Betrieb mindestens ein Mal jährlich, in größeren sogar bis zu sechs Mal. Wenn ein Betrieb wolle und seine Unterlagen „gut präpariere“ - so ein Sprecher der Thüringer Landesanstalt für Landwirtschaft - sei es für die Kontrolleure sehr schwierig eine unzulässige Überfüllung festzustellen. Niedersachsens Agrarminister Christian Meyer (Grüne) nennt das alles „ein differenziertes System der Verdeckung und Verschleierung“.

24. Februar 2013: Die Staatsanwaltschaft Oldenburg ermittelt gegen 150 Unternehmen, 50 Verfahren wurden an Behörden in andere Länder abgegeben. Die Betriebe sollen viel mehr Hennen als erlaubt auf engstem Raum gehalten haben. Betroffen seien laut Medienberichten konventionelle Betriebe und Bio-Höfe.

25. Februar 2013: Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) fordert eine zügige Aufklärung. „Wenn sich die Vorwürfe bewahrheiten, geht es hier um Betrug im großen Stil: Betrug an den Verbrauchern, aber auch Betrug an den vielen Bio-Landwirten in Deutschland, die ehrlich arbeiten.“

25. Februar 2013: Die Oldenburger Staatsanwaltschaft ermittelt laut dem Bio-Verband Naturland auch gegen Betriebe, die ihre Eier mit dem Naturland-Siegel auszeichnen. Dies wird auch von Naturland-Geschäftsführer Steffen Reese offiziell bestätigt.

26. Februar 2013: Bei den Ermittlungen ist auch ein Verfahren gegen den Vorsitzenden des niedersächsischen Geflügelzüchterverbandes Wilhelm Hoffrogge eingeleitet worden. Hoffrogge, der auch Vizepräsident des Zentralverbandes der Deutschen Geflügelwirtschaft ist, lasse laut Verband alle seine Ämter bis auf weiteres ruhen.

26. Februar 2013: Niedersachsen will erste Konsequenzen auf Bundesebene ziehen. Die neue rot-grüne Regierung kündigt eine Bundesrat-Initiative an, um das Vertrauen der Verbraucher in Bio-Produkte besser zu schützen. Agrarminister Christian Meyer betont, Niedersachsen werde auch auf Landesebene den Verbraucherschutz stärken.

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