Wiederverwertung Neue Richtwerte

Recyclingfähigkeit der Verpackung ist entscheidend für Nachhaltigkeit. Weltweit agierende Unternehmen nutzen ihre Größe, Kosten deckend Biokunststoffe zu entwickeln und in der Praxis einzusetzen.

Mittwoch, 15. September 2010, 08:58 Uhr
LEBENSMITTEL PRAXIS

Das Votum war eindeutig: 80 Prozent der vom EHI Retail Institute Befragten Manager aus Handel und Industrie bewerten Nachhaltigkeit bei Verpackungen als relevantes Thema („Nachhaltige Verpackungskonzepte im Handel 2009“). Vor allem bei der Produktverpackung haben demnach nachhaltige Aspekte Gewicht. Doch welche Faktoren machen eine Verpackung zu einer nachhaltigen? Auch das wollte das EHI wissen, denn eine einheitliche Definition gibt es noch nicht: Nach Einschätzung der 2009 Befragten sind vor allem Aspekte wie Reyclingfähigkeit bzw. -quote, oder die Ökobilanz ebenso wichtig wie das Verpackungs-Gewicht. Zielsetzung müsse dabei sein, ein Optimum an Produktschutz mit angemessenen Kosten und einem für das jeweilige Produkt effizienten, passenden Verpackung zu kombinieren.

Solange es keine einheitliche begriffliche Definition von Nachhaltigkeit gibt, fokussieren die Hersteller auf unterschiedliche Parameter. Recyclingfähigkeit bzw. der Einsatz recycelter Werkstoffe ist dabei ein allgemein anerkannter Richtwert für Nachhaltigkeit. So sagten 84,7 Prozent der von TNS Infratest im Auftrag der Initiative Die Dosenköche Befragten auf die Frage Was macht eine Lebensmittelverpackung nachhaltig?: Die Verpackung muss einfach und vollständig recycelt werden können. Diese Voraussetzung erfüllt die Lebensmitteldose nach Einschätzung von Andreas Momm, Sprecher der Initiative: „Dank der magnetischen Eigenschaften von Weißblech können Dosen schnell, kostengünstig und sortenrein der Wiederverwertung zugeführt werden.“ 2008 wurden 93,6 Prozent der Weißblechdosen recycelt.

Bei Stahl lag die Recyclingquote europaweit bei 71 Prozent. Die Produktion von Lebensmitteldosen aus Recycle-Material spare, so Momm, 75 Prozent Energie, der CO2-Austoß ist bis zu 80 Prozent geringer als bei der Herstellung mit neuem Stahl. Mit ihrer Initiative „Wir handeln für weniger CO2“ wollen Die Dosenköche zudem auf einen aus ihrer Sicht weiteren nachhaltig wirkenden Faktor für die Büchse hinweisen: Da diese die Produkte sicher vor Luft und Licht schützen würde und keine Kühlung brauche, seien Klima- und Ökobilanz (auch CO2-Fußabdruck) insgesamt besser als bei frischen oder tiefgekühlten Produkten. Für den Handel sei das Gebinde zudem leicht zu lagern und zu verräumen. Die Dosenköche zählen die in der Büchse verpackten Produkte zu den „frischen“, da das Füllgut meist direkt nach der Ernte eingefüllt werde.


Die gute Recyclingfähigkeit von Weißblech und Stahl rücken auch die Hersteller von Getränkedosen in den Mittelpunkt ihrer Kommunikation. Die Wiederverwertungsrate liegt in Deutschland bei 90 Prozent, was nach Angaben von Ball Packaging Europe 95 Prozent der Energie spare, die zur Herstellung von Neumaterial benötigt werde. Gleichzeitig investiert die Ball Coporation, Muttergesellschaft von Ball Packaging Europe, etwa 5 Mio. Euro in Energiespar-Programme für die Getränkedosen-Produktion, auch in Deutschland. So wurde im Werk Weißenthurm durch den Einsatz neuer Technologien der Stromverbrauch seit 2003 um knapp 40 Prozent gesenkt. Energie-Informationssysteme, die in allen europäischen Werken installiert wurden, sollen helfen, den Verbrauch weiter kontinuierlich zu senken.

Die durch das Einwegpfand hervorgerufene Absatzdelle scheint derweil überwunden: Im ersten Halbjahr 2010 stieg der Absatz im Vergleich zum Vorjahr nach Angaben des Hersteller-Verbandes BCME (Beverage Can Makers Europe) um mehr als ein Drittel. Vor allem während der Fußball-Weltmeisterschaft griffen die Deutschen zu Bier und Softdrinks in der Metallhülle. „Wir gehen davon aus, dass die Nachfrage und der positive Trend anhalten werden und rechnen mit etwa 1 Mrd. verkaufter Getränkedosen bis Jahresende“, prognostiziert Uwe Stoffels, BCME-Sprecher.

Auf ganz neue Lösungen setzt Procter & Gamble (P&G): Für die Verpackungen der weltweit vertriebenen Marken Pantene, Covergirl und Max Factor sollen erneuerbare und umweltschonende Kunststoffe auf Zuckerrohrbasis verwendet werden. „Durch einen innovativen Prozess wird Zuckerrohr in Polyethylen hoher Dichte, so genanntes HDPE, verwandelt, ein gebräuchliches Verpackungs-Material“, heißt es in einer Pressemitteilung der deutschen Division in Schwalbach. P&G wird die aus Zuckerrohr gewonnen Kunststoffe von Braskem SA. beziehen, ein Unternehmen, das in Brasilien mit nachhaltigen Methoden Zuckerrohr anbaut. Damit werde der Einsatz von Erdöl reduziert. Die neuen Verpackungen sollen in den nächsten Jahren sukzessive weltweit eingeführt werden und dürfen voraussichtlich erstmals 2011 in den Verkauf gebracht werden. „Diese Innovation ist vom Verbraucher getrieben“, heißt es in der Pressemitteilung. Bei Gesprächen mit Frauen rund um den Globus habe man festgestellt, dass diese zwar Wert auf Schönheit legen, aber möglichst nicht auf Kosten der Umwelt. (sk)

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Dosen-Rolle: 11 t wiegt der Weißblech-Coil, dem Rohmaterial der Getränkedose. Deren Recyclingquote liegt bei mehr als 90 Prozent.

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