Die grünlich schimmernden Kaffeebohnen liegen im Wasser: Koffein, aber auch andere Bestandteile lösen sich so heraus. Koffein wird aus diesem Wasser wieder herausgefiltert, und eine neue Charge Rohkaffeebohnen kommt in das gesättigte Wasser. Dieses Mal löst sich nur das Koffein. Der Schweizer-Wasser-Prozess braucht Zeit. Und alles, was viel Zeit benötigt, ist teuer.
Das Start-up The Good Caf setzt für seine Marke No Coffee trotzdem auf diese Methode. „Wir richten uns an eine gesundheitsbewusste Zielgruppe“, erklärt Andreas Kühn, Mitgründer des Erfurter Unternehmens. Wie Koffein aus der Bohne herausgelöst wird, sei dieser Zielgruppe besonders wichtig. Der Slogan „Nur mit Wasser entkoffeiniert“ funktioniere deshalb für die Marke sehr gut, bestätigt Kühn. Wichtiger sei jedoch, dass der Geschmack stimme. „Mit der Schweizer-Wasser-Methode bekommen wir das beste Ergebnis in die Tasse“, sagt Kühn. Zu kaufen gibt es den Decaf in minimalistisch gestalteter Verpackung bisher in Bio-Märkten und bei Tegut. Umsätze macht das – nach eigener Aussage – vom ersten Tag an profitable Start-up bisher hauptsächlich online. „Entkoffeinierter Kaffee ist ein absolut erklärungsbedürftiges Produkt“, sagt Kühn. Das scheint sich zu ändern. Denn auch die großen Kaffeemarken sehen Wachstumspotenzial und erweitern ihr entkoffeiniertes Angebot im Regal.
Während laut NielsenIQ in den vergangenen 52 Wochen der Absatz von Röstkaffee um 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr gesunken ist, hält sich entkoffeinierter Kaffee auf Vorjahresniveau und wächst um 4,4 Prozent im Umsatz. „Der Markt für entkoffeinierte Kaffees wächst insgesamt, insbesondere entkoffeinierte ganze Bohnen zeigen ein dynamisches Wachstum von 20 Prozent“, sagt Armin Geiger, Vertriebsleiter bei Dallmayr. Im Jahr 2024 machten entkoffeinierte Produkte 6 Prozent des Gesamtumsatzes von Dallmayr aus. Beim italienischen Röster Lavazza sind die Decaf-Angebote laut Unternehmen um 8 Prozent im Umsatz gewachsen. Im Februar 2025 verzeichnete Lavazza einen Zuwachs von 15 Prozent, was auch mit der gerade erweiterten Reihe an entkoffeinierten Produkten zusammenhängen dürfte.
Entkoffeinierter Kaffee ist bei jungen Menschen besonders beliebt. 16- bis 25-Jährige trinken im Durchschnitt pro Tag 0,3 Tassen entkoffeinierten oder teilentkoffeinierten Kaffee zu Hause. Das entspricht 20 Prozent ihres gesamten Heimkonsums. So die Zahlen der Kaffee-Konsum-Studie des Deutschen Kaffeeverbands, die im März veröffentlich wurde. „Wir beobachten schon länger einen Trend zur bewussten Wahl von entkoffeiniertem Kaffee, sowohl bei den älteren Zielgruppen als auch neuerdings bei den jüngeren Jahrgängen“, bekräftigt Geiger die Zahlen des Kaffeeverbands.
Methode gewinnt an Relevanz
Die Diskussion, ob Decaf wirklich unbedenklich ist, gewinnt dabei für das Segment an Bedeutung. Im Januar warnte die Krankenkasse AOK in ihrem Gesundheitsmagazin vor entkoffeiniertem Kaffee, da beim Prozess Chemikalien eingesetzt werden, „die möglicherweise krebserregend sind“. Die Krankenkasse benennt konkret das Lösungsmittel Dichlormethan, das zum Beispiel auch der Kaffeeröster Dallmayr nutzt. „Umfangreiche Studien und Bewertungen haben ergeben, dass es bei korrekter Handhabung des Dichlormethans keine gesundheitlich bedenkliche Wirkung am Menschen gibt“, sagt Till Robert, Leitung Rohkaffee-Einkauf bei Dallmayr. Dallmayr prodomo entcoffeiniert ist laut Unternehmen die Nummer eins unter den entkoffeinierten Röstkaffees.
Lavazza setzt auf eine dritte Methode: das CO₂-Verfahren. Ungeröstete Kaffeebohnen werden mit Wasserdampf behandelt, um die Poren zu öffnen. Anschließend wird flüssiges Kohlendioxid unter Druck eingesetzt, um das Koffein zu extrahieren. Vorteil zum Schweizer-Wasser-Prozess: Das Aroma bleibt in der Bohne. Nachteil: Es ist die teuerste der drei vorgestellten Methoden.