Protein-Drinks Aus der Nische heraus

Der Trend zu Milchgetränken mit hohem Proteingehalt ist ungebrochen. Sie entsprechen dem Zeitgeist und verkaufen sich gut.

Dienstag, 03. Mai 2022 - Sortimente
Wibke Niemeyer, Dr. Friederike Stahmann, Elke Häberle
Artikelbild Aus der Nische heraus
Bildquelle: Getty Images

„Weil ich viel Sport treibe, benötigt mein Körper viel Eiweiß. Ich möchte dies in Form von Lebensmitteln zu mir nehmen, nicht mit Pulver oder Tabletten.“ Diese Antwort aus einer Konsumentenbefragung des Schweizer Milchverarbeiters Emmi bringt es auf den Punkt: Verbraucher legen nach wie vor viel Wert auf einen fitnessorientierten und aktiven Lebensstil, zu dem eine ausgewogene und ebenso bewusste Ernährung gehört. Beim Blick ins Kühlregal im Lebensmitteleinzelhandel finden sich daher immer mehr Molkereiprodukte mit dem Zusatz „High Protein“. Für Hersteller wie Ehrmann, Müller, Karwendel und Emmi ist es längst keine Nische mehr.

Im Proteinsegment sind neben Quark und Desserts auch Milchmischgetränke beliebt. Diese Produktkategorie hat zu einem kräftigen Absatz- und Umsatzschub im Kühlregal geführt. Um 58,6 Prozent im Umsatz und um 30,7 Prozent in der Menge ging es nach aktuellen Untersuchungen des Marktforschungsinstituts NielsenIQ nach oben. Verglichen wurden die jeweiligen Kalenderwochen 10/2020 bis 9/2021 sowie 10/2021 bis 9/2022.

„Vor dem Hintergrund dieser Wachstumsraten ist High Protein für die weiße Linie ein ganz spannender Bereich, mit dem auch wir uns intensiv beschäftigen“, berichtet Katharina Enzmann, Marketingleiterin bei Emmi Deutschland, auf LP-Anfrage. Mit dem Caffè Latte High Protein hat Emmi bereits im vergangenen Jahr ein Produkt in diesem Segment gelauncht. In diesem Jahr seien hingegen keine Neuprodukte in der Kategorie für den deutschen Markt geplant, sagt Enzmann. „Der Emmi Caffè Latte High Protein ist eines der wachstumsstärksten Produkte innerhalb unserer Range, das sowohl in der Distribution als auch Rotation stetig weiterwächst. Daher werden wir auch in diesem Jahr den Ausbau dieses Artikels weiter forcieren“, begründet sie.

Bei Karwendel ist das Potenzial von proteinreichen Produkten in der weißen Linie aus Sicht von Gernot Döffinger noch lange nicht erschöpft. „Wir gehen davon aus, dass neue innovative Anwendungsformen weiterhin für eine positive Entwicklung des Trends sorgen werden“, wagt der Marketingleiter eine Prognose.

Auch die Molkerei Alois Müller behält den Markt nach Aussage von Andreas Wagner stets fest im Blick und schließt neue Produkte für die Zukunft daher nicht aus. „Die vier Sorten in den Geschmacksrichtungen Banane, Schoko, Coco-Schoko und Vanille sind mittlerweile fester Bestandteil unseres Sortiments“, sagt der Produktmanager. Im April 2022 habe die Verpackung ein neues Design erhalten, „das die funktionalen Benefits optisch noch stärker in den Vordergrund rückt“. Neue Produkte seien aktuell jedoch keine geplant.

Schoko, Vanille und Banane gehören zu den Klassikern unter den Sorten, die sich am Markt behaupten. Die Familienmolkerei Ehrmann baut ihr Sortiment aus und hat dieses Jahr mit dem „Ehrmann High Protein Drink Pistacia“ eine limitierte Edition lanciert, die nach Aussage von Susanne Bagaméry, Leiterin des Produktmanagements, Impulskäufe generieren soll. „Wir wollten bewusst eine etwas ausgefallenere Sorte anbieten, die den Mutigen auf der Suche nach Abwechslung ebenfalls etwas bietet.“ Aus ihrer Sicht sind High-Protein-Drinks jedoch eher eine „gute Ergänzung, aber noch keine tragende Säule“.

Vegane Drinks als Alternative
Unter den etablierten Herstellern herrscht ein dynamischer, starker Wettbewerb im Proteinsegment. Doch die Konkurrenz schläft nicht und stellt die Milchwelt auf den Kopf. „No Milk Is Better“ – so lautet die Philosophie des Hamburger Food-Start-ups Unmilk. Gründerin Jennifer Schäfer ist überzeugt davon, „dass pflanzliche Ernährung gesünder, nachhaltiger und insgesamt besser ist“. Nach der Gründung 2020 und dem Markteintritt mit veganen Protein-Shakes folgte der Launch von Haferdrinks und einem Haferdrink-Pulver zum Selbstanmischen. Das Start-up ist im stationären Handel sowohl bei Rewe Süd und Nord als auch bei Budni und Rossmann sowie teilweise bei Edeka und nun auch bei den Online-Lieferdiensten Flink und Gorillas gelistet.

Mit Protein-Drinks auf Basis von Hafer und Erbsenprotein trägt Unmilk nach eigener Aussage „nicht nur zu einer gesünderen Ernährung bei, sondern auch zu umweltfreundlicher und nachhaltiger Produktion“. Produziert werde ausschließlich in Deutschland, so Schäfer. Das Besondere an der Verwendung von Erbsenprotein: Die Erbse benötigt wesentlich weniger Anbaufläche, Kohlenstoffdioxid und Wasser im Vergleich zu Kuhmilch- oder Mandelmilchprotein. Konkret: „Die Herstellung unseres Erbsenproteins braucht 21-mal weniger CO2, 10-mal weniger Wasser und 8-mal weniger Anbaufläche“, nennt Schäfer Zahlen.

Während es mittlerweile zahlreiche Alternativen zu Kuhmilch gibt, ist die Auswahl an gesunder, veganer Sportnahrung noch extrem klein. Protein-Shakes und -Riegel enthalten noch immer Proteine aus Milch beziehungsweise Molke und deutlich mehr Zucker sowie Süßstoffe. Unmilk versucht, auf solche Zusätze zu verzichten. Die Zutatenliste der Protein-Drinks fällt dementsprechend verhältnismäßig gering aus. Die Prote‧in-Drinks von Unmilk sollen laut Schäfer nicht als Milchersatz, sondern vielmehr als Proteinquelle vor oder nach dem Sport oder für zwischendurch dienen. „Wenn wir deutschlandweit eine echte Alternative zur Kuhmilch werden wollen, bedeutet das auch, dass Plant-based mindestens genauso leicht und gut verfügbar sein muss wie im aktuellen Status quo die Kuhmilch“, sagt sie. Die größte Herausforderung: ein gesundes Wachstum erreichen und sich gegen große Player durchsetzen. „Der sind wir aber dicke gewachsen“, zeigt sie sich ambitioniert.

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