TK-Produkte Vegan läuft an

Lange Zeit verharrten vegane oder vegetarische TK-Produkte in ihrer Nische. Doch das verändert sich. Wer seinen Kunden ein breites Sortiment anbietet und dieses geschickt platziert, hat gute Abverkaufschancen.

Freitag, 25. Februar 2022 - Sortimente
Andrea Kurtz
Artikelbild Vegan läuft an
Bildquelle: Peter Rees

Der Tiefkühl-Star von Lebensmittel Praxis und dem Deutschen Tiefkühlinstitut (dti) erwies sich als Trendbarometer. Seit 2015 wird bei den Inkognito-Besuchen der Redaktion sichtbar, wie die einstigen Nischenprodukte – meist Gemüsebratlinge oder auch mal ein rein vegetarisches Fertiggericht – mehr, innovativer und trendiger werden. Berichteten noch 2017 Kaufleute aus ländlichen Räumen, dass Veganes gar nicht nachgefragt würde, so zeigte sich beim Wettbewerb 2021, das die Produkte in den Truhen und Schränken längst große Räume einnehmen – unabhängig davon, ob der Markt in der Stadt oder auf dem Land liegt. „Der Mega-Trend hin zu einer bewussten und vermehrt pflanzlichen Ernährung hält immer stärker Einzug in die TK-Abteilungen des Handels“, bestätigt Dr. Sabine Eichner, Geschäftsführerin des dti. „Getrieben wird die Entwicklung vor allem durch jüngere Konsument:innen, die sich gezielt vegetarisch und vegan ernähren möchten.“

Rund 55 Prozent aller Deutschen bezeichneten sich 2020 als Flexitarier und verzichteten immer häufiger auf Fleisch, hat das dti ermittelt. 2021 ernährten sich 12 Prozent bereits komplett vegan oder vegetarisch. „Das Angebot entwickelt sich entsprechend dynamisch“, so Dr. Eichner. „Allein 2020 ist der Markt für pflanzenbasierte TK-Alternativen um 101 Prozent auf 31,9 Millionen Euro gewachsen.“ Zum Vergleich: Insgesamt wuchsen vegane und vegetarische Alternativen in Deutschland von 272,8 Millionen Euro auf 374,9 Millionen Euro (plus 37 Prozent). 

Zartes Pflänzchen mit Potenzial
Doch noch ist das Pflänzchen zart. Eine Online-Studie von Globus und dem dti mit mehr als 50.000 Teilnehmern bestätigte zwar die hohe Käuferreichweite von Tiefkühlprodukten, die von 83 Prozent der Kund:innen gekauft werden. Fleischersatzprodukte werden hingegen deutlich weniger eingekauft, hier liegt die Käuferreichweite noch bei 25 Prozent. 22 Prozent der Kunden, die bereits vegetarische und vegane Lebensmittel kaufen, kaufen solche auch in der TK-Abteilung. Weitere 42 Prozent können sich vorstellen, dies künftig zu tun; dementsprechend liegt hier ein hohes Käuferpotenzial, so das dti. „Im aktuellen Jahresverlauf sind die Umsätze im Gesamtmarkt für vegane und vegetarische Produkte in der TK-Truhe um rund 50 Prozent gewachsen“, heißt es bei Iglo. Diese Marke sei mit den beiden Submarken „Green Cuisine“ (pflanzliche Fleischalternativen) und „Veggie Love“ (moderne vegane Gemüsegerichte) Wachstumstreiber und für rund 70 Prozent des Gesamtwachstums verantwortlich. Allein die Submarke „Green Cuisine“ verzeichnete bislang im laufenden Jahr ein Umsatzplus von 81 Prozent und dokumentiert damit im TK-Segment laut Nielsen einen Marktanteil von über 50 Prozent, so Iglo.

Achtung: Platzierungsfehler
In der Tiefkühlabteilung fehle es allerdings oft noch an Orientierung für die Verbraucher, da die Kategorie der pflanzenbasierten TK-Alternativen gegenüber dem Frische-Bereich noch recht jung ist, erläutert das dti. „In den TK-Abteilungen herrscht häufig noch Unklarheit, wo und wie das vegane und vegetarische Angebot optimal platziert werden soll und welche Produkte dazuzählen“, berichtet Dr. Eichner. „Aktuell sehen wir das vegetarisch-vegane TK-Sortiment noch in der Nische und nicht im Mainstream angekommen“, bestätigt Sabine Ahrens, Vertriebsleitung LEH & Discount bei Schne-Frost. „Allerdings ist seitens des Handels inzwischen auch die Bereitschaft spürbar, dieses Segment in eine eigene Platzierung zu überführen.“

Die Mehrheit der Konsumenten (69 Prozent) wünscht sich, so die Globus-dti-Studie, die Platzierung der veganen und vegetarischen Alternativen in einem eigenständigen Block. Dazu zählen Produkte, die pflanzliche Alternativen in den Bereichen Fertiggerichte sowie im Fisch- oder Fleischsegment darstellen. Auch Gemüsekomponenten, die einen Hauptbestandteil einer Mahlzeit bilden, wie beispielsweise Gemüse-Burger, sollten in diesem Block platziert werden. Innerhalb dieser übergeordneten Blockplatzierung werden kleinere Markenblöcke empfohlen. Der Block sollte entsprechend den Kundenwünschen auch mit „Vegetarisch/Vegan“ beschildert werden, um die Warengruppe leichter zu finden. „Bereits umgesetzte Beispiele von einzelnen Händlern zeigen, dass eine klare Orientierung am PoS hinsichtlich des veganen und vegetarischen Angebots – entsprechend dem gelernten Äquivalent im Chilled-Bereich (gekühlt) – in jedem Fall auch im TK-Segment umsatzfördernd ist“, bestätigt Markus Mischko, Geschäftsführer Sales bei Iglo. „Zudem dokumentieren damit die Händler auch Modernität, sodass die Wertschätzung der entsprechenden TK-Abteilung eine Aufwertung erhält.“

„Wir sehen aktuell verschiedene Platzierungskonzepte von veganer Blockbildung bis Integration in Markenblöcke“, erläutert auch Hinnerk Ehlers, Geschäftsführer von Frosta. Da werde noch experimentiert. „In der Kühlung, so meine Beobachtung, scheint sich ein Veggie/Vegan-Block bereits weitestgehend etabliert zu haben“, sagt er. „Vielleicht ist das die Blaupause für die Tiefkühltruhe.“
 
Ausnahme: Pizza und Eiscreme
Eine Ausnahme bilden dabei Pizza und Eiscreme. Verbraucher würden Alternativprodukte aus Soja oder nur mit Gemüse fest dem jeweiligen Segment zuordnen, wo sie auch weiterhin platziert werden sollten. Und: Gemüse-Pfannen und Gemüse-Fertiggerichte, die ihrem Ursprung nach veggie sind, werden eher weniger im Vegetarisch/Vegan-Block gesucht, sie bedienen aber gleichwohl die gleichen Nachfragegruppen. Zu empfehlen ist daher eine Platzierung in direkter Nachbarschaft.

„Angesichts der Umorientierung vieler Verbraucher hin zu mehr flexitarischer Ernährung wächst das Thema sehr dynamisch aus der Nische heraus und findet im Mainstream seinen Platz“, fasst Mischko für viele Branchenvertreter zusammen. Außerdem sei das Segment noch markenorientiert. „Im Vergleich zum Chilled-Bereich gib es in TK verhältnismäßig wenige Start-ups, sodass die etablierten TK-Marken dort das Wachstum bestimmen“, so Mischko. „Zuletzt war Iglo – als Ankermarke – für 75 Prozent des Marktwachstums verantwortlich.“ Auch Iglo baut daher seine vegane Range weiter aus.

„Zu unseren beliebtesten Frosta-Gerichten gehören schon seit vielen Jahren das Hühnerfrikassee, die Bratkartoffel Hähnchen Pfanne, das Bami Goreng und die Hähnchen Paella“, berichtet Frosta-Mann Ehlers. Diese brachten die Bremerhavener zuletzt nun als rein pflanzliche Varianten auf den Markt, „damit alle, die ihren Fleischkonsum reduzieren möchten, nicht auf ihre Lieblingsgerichte verzichten müssen“, sagt Ehlers. „Wir sind die Ersten, die es geschafft haben, Gerichte mit einer Fleischalternative anzubieten, die ohne Zusatzstoffe, Aromen und sonstige Zusätze auskommen.“

Hersteller erweitern Sortimente
Frosta nennt das „Vegan+“. Die Fleischalternative setzt sich aus Erbsenprotein, Erbsenfasern, Kartoffelstärke, Wasser, Salz und Sonnenblumenöl zusammen. Für die im Hühnerfrikassee enthaltene Schlagsahne wurde eine eigene Hafercreme entwickelt. „Wir glauben, dass fleischfreie und auch vegane Ernährung langfristig wachsen wird“, so Ehlers. „Qualität wird sich auch in diesem Sortiment durchsetzen. Einfach Fleisch raus, Soja und Aroma rein, das reicht eben nicht.“

„Die Kategorie Fleischersatz im Bereich TK ist jedoch noch deutlich kleiner und neuer als im gekühlten Bereich“, gibt Anja Grunefeld, General Manager DACH bei Livekindly, zu. „Umsatz und Absatz kommen noch lange nicht an gekühlt heran und machen gerade mal 3 Prozent aus.“ Die Konsumenten müssten erst „lernen“, dass es pflanzliche Alternativen auch in TK gibt. Im Zuge dessen sei noch viel „Aufklärungsarbeit“ nötig. Für noch mehr Nachhaltigkeit sowie eine bessere Sichtbarkeit im TK-Regal wird Livekindly das Packaging von Plastikbeuteln auf umweltfreundlichere Papierkartons mit coolem Design und aufmerksamkeitsstarkem Branding umstellen.

IRI: Ganz starke Dynamik

„Der Bereich Fleischalternativen – ob nun vegetarisch oder vegan – erfährt nicht zuletzt durch den Veganuary einen starken Schub und liegt im Trend“, so Daniel Schieren, Marktanalyst bei IRI. Insgesamt wuchsen vegetarische & vegane Tiefkühl-Fertiggerichte/Teilfertiggerichte im Gesamtjahr 2021 umsatzseitig um plus 73,8 Prozent im LEH (Absatz: plus 105,4 Prozent).

Stärkster Wachstumstreiber: die Discounter (plus 79,2 Prozent im Umsatz) sowie die Verbraucher-märkte mit plus 69,1 Prozent (Umsatz).

Im Vergleich der Markenhersteller vs. Handelsmarken machen vor allem die Handelsmarken Boden gut; deren Marktanteil steigt auf 45,5 Prozent.

Das vegane Segment legt leicht überdurchschnittlich zu (plus 79,7 Prozent im Umsatz; plus 130,9 Prozent im Absatz).
Beim Segment Vegetarisch wachsen die Tiefkühl-Fertiggerichte/Teilfertiggerichte umsatzseitig um plus 63 Prozent und um plus 69 Prozent im Absatz.

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