Interview mit Richard Trechmann „Wir hatten in einigen Bereichen unseren Zauber verloren“ - Interview mit Richard Trechmann: Teil 2

Danone will in Deutschland wieder wachsen. Im Interview mit der LP erklärt Richard Trechman, seit März 2018 Country Manager DACH, wie der Hersteller wieder zum Trendsetter werden möchte und warum Danone mit einer neuen freiwilligen Nährwertkennzeichnung voranprescht.

Donnerstag, 05. Juli 2018 - Molkereiprodukte
Bettina Röttig
Artikelbild „Wir hatten in einigen Bereichen unseren Zauber verloren“ - Interview mit Richard Trechmann: Teil 2
Bildquelle: Martin Hangen

Activia-Joghurt wird sicher einen guten Wert aufweisen. Sie haben aber auch Genussprodukte mit höheren Zuckeranteilen. In wieweit verändern Sie die Rezepturen Ihrer Produkte, um bessere Nutri-Score-Werte zu erreichen?
Gemäß unserer Vision „One Planet. One Health“ haben wir uns grundsätzlich klare Nährwertziele bis 2020 auferlegt, unabhängig von der neuen Kennzeichnung. Dabei geht es um Vorgaben für Zucker, Protein, Calcium, gesättigte Fettsäuren und den Energiegehalt. Vor allem reduzieren wir den Zuckergehalt in unseren Produkten seit vielen Jahren Schritt für Schritt. Die größte Herausforderung dabei: Unsere Verbraucher möchten Produkte, die gut schmecken. Wir benötigen daher immer die richtige Balance.

Wenn Unternehmen freiwillig voranpreschen mit einschränkenden Maßnahmen, melden sich schnell Kritiker, die in den Raum stellen, dahinter müsse ein Eigennutzen stehen, und sei es „nur“, schärferen Regeln seitens der Politik vorzubeugen. Warum haben Sie sich tatsächlich für diesen Weg entschieden?
Wir haben nicht eine Sekunde damit verbracht, uns zu überlegen, ob wir mit der Veränderung von Rezepturen oder anderen Maßnahmen unsere KPIs erhöhen können oder etwas anderes in der Art. Wir sind als Danone zutiefst davon überzeugt. Wir sehen, dass die Verbraucher mehr Transparenz und Orientierung verlangen. Es ist also in unserem eigenen Interesse, diesem Wunsch nachzukommen.

Nutri-Score

kurz erklärt Das Nutri-Score- Modell wurde 2017 von der französischen Regierung auf freiwilliger Basis eingeführt und von Danone und einer Reihe weiterer Unternehmen dann übernommen. Nutri-Score wurde unabhängig von der Lebensmittelindustrie von Wissenschaftlern entwickelt und nimmt eine Gesamtbewertung des Nährwertprofils eines Produktes vor, indem günstige und ungünstige Nährwertbestandteile mit Punkten bewertet und dann miteinander verrechnet werden. Schließlich wird das Ergebnis mit einer fünfstufigen Farbskala dargestellt, die zugleich mit den Buchstaben A bis E hinterlegt ist. Ein Produkt mit einem günstigen, ausgewogenen Nährwertprofil erhält somit eine grüne Einordnung und den Buchstaben A, ein sehr unausgewogenes Produkt enthält eine rote Bewertung und den Buchstaben E.

In Frankreich haben Danone und andere Unternehmen mit dem Nutri-Score gelabelte Produkte auf den Markt gebracht. Welche Erfahrungen haben Sie hier gesammelt?
Es ist noch zu früh für ein Fazit. Erst im Mai wurden die ersten Produkte ausgerollt. Wir haben jedoch in Deutschland eine repräsentative Studie mit Kantar TNS durchgeführt, die die Ergebnisse aus französischen Studien bestätigt. Mit Nutri-Score konnten Verbraucher im Vergleich zu anderen Kennzeichnungssystemen leichter identifizieren, was gesünder ist und was nicht.

Wann folgen die ersten gelabelten Produkte in Deutschland?
Die ersten Produkte kommen Anfang 2019 in Deutschland, der Roll-out erfolgt nach und nach bis 2020.

Der Erfolg eines solchen Modells steht und fällt natürlich mit der Teilnahme weiterer Akteure der Lebensmittelbranche. Wie gewinnen Sie weitere Unternehmen für die Initiative?
Natürlich benötigen wir weitere Partner. Wir haben in den vergangenen Wochen damit begonnen, mit verschiedenen Handelspartnern, NGOs und Verbraucherorganisationen hierzulande zu sprechen. Die Resonanz ist durchweg positiv. Wir gehen daher voran und hoffen auf einen Schneeballeffekt.

Gesundheit ist nur ein Aspekt, auf den Verbraucher heute Wert legen. Ihre Wettbewerber setzen zunehmend auf Themen wie Tierwohl, gentechnik- und glyphosatfrei, um sich zu differenzieren.
Auch wir haben hier schon viel getan. Wir waren die ersten in der Branche, die Tierwohl-Audits eingeführt haben, alle Milchlieferanten eines unserer zwei deutschen Werke füttern ausschließlich gentechnikfrei. Wir müssen unser Engagement aber sicher stärker kommunizieren. Aktuell legen wir mit Nutri-Score und unseren Nährwertzielen 2020 den Schwerpunkt auf Gesundheitsthemen, also den Bereich „One Health“ der Unternehmensvision.

In den vergangenen Jahren ist geradezu ein Hype rund um Start-up-Unternehmen entstanden. In wieweit beschäftigt Sie dies?
Aktuell erleben wir eine sehr aufregende Zeit in der Ernährungsbranche. Wir können tatsächlich von Start-ups lernen in Bezug auf deren Verbraucherverständnis und deren Schnelligkeit, auf Trends zu reagieren. Wenn wir diese Vorzüge mit denen verbinden, die wir als großes Unternehmen mitbringen, können wir noch viel erreichen. Wir sind dabei, die Wände unserer Büros aufzubrechen, haben Start-up-Tage initiiert, lassen unsere Mitarbeiter ihre Lieblingsprodukte mitbringen, um die Außenwelt in unsere Zentrale zu bringen.

Wann sehen wir erste Innovationen?
Schon im September. Im kommenden Jahr folgen in jedem Quartal weitere.

Für welchen Bereich?
Es wird erste Bio-Produkte geben.

Verraten Sie Details?
Ein Produkt wird näher am Kerngeschäft sein, eines weiter weg davon.

Neue Produkte

Viel gelesen in Hersteller

News in Molkereiprodukte