AfG Die neue Lust einiger Hersteller an Glasflaschen

Glasflaschen haben bei Erfrischungsgetränken im Lebensmittel-Einzelhandel über die Jahre stark an Bedeutung verloren und werden heute vornehmlich in der Gastronomie eingesetzt. Genau diese Exklusivität von Glas nutzen jetzt einige Markenartikler, um sich auch im Lebensmittel-Einzelhandel wieder von den Wettbewerbern abzugrenzen.

Freitag, 11. April 2014 - Getränke
Tobias Dünnebacke
Artikelbild Die neue Lust einiger Hersteller an Glasflaschen
„Glas ist aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit, eine gute und hochwertige Limonade anzubieten.“
Mirco Wolf Wiegert, Geschäftsführer Fritz-Kola
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„Glas ist aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit, eine gute und hochwertige Limonade anzubieten“, sagt Mirco Wolf Wiegert, Geschäftsführer und Mitgründer der Fritz-Kola GmbH. Fritz Kola ist vor allem durch seinen hohen Koffeingehalt (25 mg/100 ml) und ein authentisches „Underdog-Image“ bekannt. Aber noch ein dritter Aspekt unterscheidet die Kola aus dem Norden von Konkurrenzprodukten: Seit der Gründung des Hamburger Unternehmens vor mehr als zehn Jahren wird das Sortiment in Glasmehrwegflaschen abgefüllt – und zwar ausschließlich. Das ist für eine mittlerweile stark distribuierte Marke (Fritz Kola findet man beispielsweise bei Rewe, Edeka und Kaufland) relativ ungewöhnlich, da Glasgebinde in den vergangenen Jahren stark an Bedeutung verloren haben. „Aus unserer Sicht wird es für hochwertige Limonaden immer einen Markt in Glas-Mehrweg geben“, erklärt Wiegert sein Festhalten an dem Gebinde. Unterstrichen wird diese Aussage von der aktuellst en Neuigkeit bei Fritz-Kola: Ab Ende März gibt es die Limo nicht mehr nur in 0,2-l- und 0,33-l-Flaschen, sondern erstmalig auch in der 0,5-l-Glasmehrwegflasche. Eine Verpackung aus Plastik, so Wiegert, führe zu einer Abwertung des Produkts und der Marke. Aber wie sieht das der Verbraucher?

Die Wirtschaftsvereinigung Alkoholfreie Getränke (Wafg) stellte zuletzt fest, dass „sich das Verhältnis von Einweg und Mehrweg bei Verpackungen für alkoholfreie Getränke weitgehend eingependelt hat“. Blickt man auf die Zahlen, scheint die Präferenz der Verbraucher aber doch eindeutig Richtung Einweg zu tendieren. So war 2012 die mit Abstand meistgekaufte Gebindeform bei alkoholfreien Getränken die 1,5-l-PET-Einwegflasche mit einem Marktanteil von 54,2 Prozent. Danach folgt mit 11,2 Prozent die 1-l-PET-Mehrwegflasche. Glas kommt mit 9,4 Prozent erst an dritter Stelle.

Trotzdem: Die Hamburger von Fritz-Kola stehen mit ihrer Präferenz nicht alleine da. Ungeachtet der Markttendenz werden derzeit für eine Reihe von Getränke-Marken Glasgebinde eingeführt, und zwar nicht nur für den Außer-Haus-Konsum, sondern gezielt für den Lebensmittel-Einzelhandel. Da wäre beispielsweise das italienische Premium-Wasser S. Pellegrino (Nestlé Waters), das es bisher nur in Plastik im Handel zu kaufen gab. Ein neuer 6-x-1-l-Mehrwegkasten soll der „führenden Wassermarke in der Gastronomie“ auch im Lebensmittel-Einzelhandel den Premium-Anspruch wählerischer Kunden verkörpern. „Das Feedback der Händler auf die neuen Glasflaschen und Kisten ist ausgezeichnet. Mit den Ergebnissen der Listungsgespräche sind wir deshalb auch überaus zufrieden“, sagt Anna V. Rückert, Senior Brand Manager S. Pellegrino & Acqua Panna. Da die Ware über den Fachgroßhandel vertrieben wird, können auch selbstständige Händler die Glasflaschen und Kiste n beziehen. Auch Rückert glaubt, ähnlich wie Wiegert, dass Glas-Mehrweg für den Endverbraucher eine Zukunft hat. „Glas verfügt über eine Premium-Wahrnehmung, und die Konsumenten kennen unsere Flaschen aus der gehobenen Gastronomie“, sagt Rückert. Genau dieses Erlebnis sollen die Konsumenten nun auch Zuhause nachempfinden. „Daher sprechen wir bei der Einführung in den Handel auch vom ‚Restaurantgenuss für Zuhause’“, erklärt Rückert. Bisher gab es nur eine PET-Flasche von S. Pellegrino, die 2007 im deutschen Handel eingeführt wurde und auch weiterhin im Angebot bleiben soll. „Grundsätzlich wollen wir alle Konsumentenbedürfnisse befriedigen. In manchen Situationen bevorzugt der Kunde PET. Das ist die leichte Convenience-Alternative, die S. Pellegrino bereithält“, sagt Rückert. Trotzdem gibt es natürlich Grenzen: Im Discount soll die Marke nicht vertreten sein. Dafür dürfte allein die Preisstellung sorgen.


Ein drittes aktuelles Beispiel dafür, dass die Getränke-Industrie Glas für den LEH noch lange nicht abgeschrieben hat, ist die Vöslauer Mineralwasser AG. Der österreichische Brunnen führt derzeit auf dem heimischen Markt eine sogenannte 8-x-1-l-Glas „Splitkiste“ ein und möchte dem Mehrwert-Markt damit nachhaltige Impulse geben. Die neu entwickelte Kiste soll eine Antwort auf einen der größten Nachteile von Glas sein: das Gewicht. Mit 14 kg ist sie daher fast 40 Prozent leichter als andere 12-x-1-l-Kisten. Als halbe Kiste mit 7 kg eignet sie sich auch für den Einkauf zu Fuß. „Wir möchten das Leben unserer Konsumenten leichter machen“, sagt Dr. Alfred Hudler, Vorstandsvorsitzender Vöslauer Mineralwasser AG. Aber das dürfte nicht das einzige Kalkül sein. Ähnlich wie die Verantwortlichen bei S. Pellegrino wollen die Österreicher die hochwertigere Anmutung des Gebindes nicht ausschließlich für die Gastronomie reservieren. „Anders als in Deuts chland war Mehrweg bislang in Österreich fast ausschließlich für die Gastronomie relevant und hatte für den Handel wenig Bedeutung. Die Stimmen am Markt haben für uns jedoch deutlich gemacht, dass ein Interesse der Konsumenten an Mineralwasser in Glas-Mehrwegflaschen für zu Hause durchaus vorhanden ist“, sagt Dr. Hudler. Aktuell gilt die Markteinführung nur für Österreich. Die Glasoffensive für Deutschland befindet sich derzeit aber in der Prüfung.

Eine Besonderheit bei den alkoholfreien Getränken stellt True Fruits dar. Der Bonner Smoothie-Hersteller setzt seit der Markteinführung 2006 auf individuelle Design-Glasflaschen. Allerdings: in Einweg. „Mehrweg- bzw. Pfandflaschen machen aus ökologischer und ökonomischer Sicht bei uns noch keinen Sinn. Wir müssten unsere Design-Glasflaschen bei den Supermärkten durch einen persönlich beauftragten Logistiker aus ganz Deutschland abholen und dann reinigen lassen. Das würde zu einer hohen CO2-Belastung führen“, heißt es aus dem Unternehmen. Trotzdem: Dass sich das junge Startup damals die Flasche mit dem markanten Keramikdruck geleistet hat (sie ist nach Angaben von True Fruits etwa fünf Mal teurer als PET) zeigt, dass die Hersteller nach wie vor Spaß an dem Gebinde haben.

Selbstverständlich gibt es auch andere Meinungen zu dem Thema. Für Almdudler, bereits seit 1957 in der Gastronomie mit einer Glas-Mehrweg-Formflasche vertreten, wird im Lebensmittel-Einzelhandel bewusst auf PET gesetzt. „Sowohl der Handel als auch der Konsument bevorzugen unserer Erfahrung nach PET-Ware, denn sie ist leichter, bruchfest und deshalb auch sehr praktisch für unterwegs. Diese Vorteile haben PET Flaschen bei Verbrauchern heute zur beliebtesten Gebindeform im Handel gemacht“, sagt Almdudler Geschäftsführer Gerhard Schilling. Eine ähnliche Meinung vertritt Stephan Maubach, Vertriebsdirektor Handel und Mitglied der Geschäftsleitung der Krombacher Brauerei, die seit Jahren Erfolge mit Schweppes feiert. Der größte Anteil von Glas-Mehrweg werde über die Gastronomie verkauft. Insgesamt macht das Gebinde aber nur einen Anteil von 15 Prozent aus.

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Bild öffnen „Glas ist aus unserer Sicht die einzige Möglichkeit, eine gute und hochwertige Limonade anzubieten.“
Mirco Wolf Wiegert, Geschäftsführer Fritz-Kola
Bild öffnen Wir sind gespannt, in welchem Ausmaß sich der Mehrweg-Markt wiederbelebt.
Dr. Alfred Hudler, Vorstandsvorsitzender Vöslauer

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