TK-Fleisch Herkunft und Transparenz sind Dreh- und Angelpunkt

TK-Fleisch-Anbieter haben gelitten. Im Pferdefleisch- Skandal entzogen die Konsumenten einer ganzen Branche ihr Vertrauen.

Freitag, 05. September 2014 - Fleisch
Christina Steinheuer
Artikelbild Herkunft und Transparenz sind Dreh- und Angelpunkt
„Bei TK-Geflügel herrscht in Sachen Herkunftsgarantie Nachholbedarf.“ Carsten Zwolski, Stolle/Plukon
Bildquelle: Belz

Rote Zahlen wegen schwarzer Schafe. Das war während des Pferdefleischskandals für einige Wochen der Fall, und zwar nicht nur bei den schwarzen Schafen selbst, sondern bei weiten Teilen der Fleischbranche. Doch das blaue Wunder blieb aus. Nach einigen Monaten waren die alten Um- und Absatzzahlen von TK-Fleisch-Artikeln bzw. TK-Fleisch-Convenience-Artikeln in weiten Teilen des deutschen Handels wieder so wie vor dem Etikettierungsbetrug.

Dennoch leiden die Hersteller bis heute unter massiven Imageschäden und Vertrauensverlusten. Die meisten beschäftigen sich mit Themen wie lückenloser Rückverfolgbarkeit, Transparenz und einer nachvollziehbaren Herkunftskennzeichnung. Die Wege, die sie beschreiten, sind jedoch sehr unterschiedlich. Drei TK-Fleisch-Anbieter beleuchtet die LP genauer. Eines ist allen gemeinsam: Ein „Weiter so“ wie vor dem Pferdefleisch-Skandal kann nicht die Lösung sein. Dafür sind der Druck der Öffentlichkeit inklusive der sozialen Netzwerke und jener der Medien zu groß. Die Warengruppe TK: Schaut man sich das TK-Sortiment im deutschen Lebensmittel-Einzelhandel (gemeint sind Super- und Verbrauchermärkte, Discounter und Drogeriemärkte) genauer an, stellt man fest, dass nach TK-Fisch (rd. 1,14 Mrd. Euro) und nach TK-Pizza (rd. 1,1 Mrd. Euro) TK-Bratfleisch (rd. 0,77 Mrd. Euro) laut Nielsen aktuell die dritthöchste Umsatzbedeutung hat und noch vor TK-Backwaren (rd. 0,62 Mrd. Euro), TK-Gemüse (rd. 0,61 Mrd. Euro), TK-Fertiggerichten (rd. 0,5 Mrd. Euro) und TK-Kartoffelprodukten (rd. 0,34 Mrd. Euro) liegt. Weit abgeschlagen folgen TK-Früchte (rd. 0,12 Mrd. Euro).

Im Jahresverlauf, beginnend bei Kalenderwoche 14/2013 und endend bei Kalenderwoche 13/2014, verlor TK-Bratfleisch zwar 2,6 Prozent im Absatz (so Nielsen), legte allerdings im gleichen Zeitraum im Umsatz um 1,2 Prozent auf o,77 Mrd. Euro zu (siehe Grafik oben). TK-Bratfleisch rangiert somit in der Warengruppe TK von seiner Umsatzbedeutung auf Rang 3 und in seiner Absatzbedeutung auf Rang 5.

Ähnlich wie im Frischfleisch-Bereich verhält es sich auch bei TK mit den Kategorie-Treibern: Geflügel boomt, Convenience ist gefragt, und das Themenfeld Transparenz/Rückverfolgbarkeit/Herkunft gilt es zu bespielen. Trotz aller Schwierigkeiten drängen neue Player auf den Markt.

Bewegung im Markt: Aus Wildeshausen zum Beispiel die Rowi Fleischwarenvertrieb GmbH. Das Unternehmen ist bislang auf den Frischfleisch-Bereich fokussiert, speziell auf die muslimischen Zielgruppen. Ab Januar/Februar soll jedoch auch ein TK-Halal-Sortiment von Rowi im LEH erhältlich sein.

Zudem gibt Vion im TK-Bereich Gas. Der niederländische Konzern übernahmen Mitte August die komplette FVZ Convenience GmbH mit dem Produktionsstandort Holzwickede und integrierte ihn in die eigene Foodservice-Sparte. Dazu hat der bisherige Minderheitsgesellschafter Westfleisch seinen Anteil von 49 Prozent an Vion verkauft.

FVZ ist in der Branche für seine Convenience-Artikel aus Fleisch bekannt. Nach eigner Aussage war das Unternehmen Marktführer bei TK-Schnitzel und Haxen und gilt als Erfinder des sogenannten Backofenschnitzels. Außerdem habe man als erstes Unternehmen in Deutschland moderne amerikanische Gartechnologien zur Herstellung von Spare Ribs eingesetzt. Vion will mit der Übernahme sein drittes Kerngeschäftsfeld (Convenience, inklusive TK) neben den Frischfleischaktivitäten Schwein und Rind stärken, so Bernd Stark, COO Foodservice Vion Food: „Mit den Marken FVZ und Salomon Food World können wir national und international unsere Marktposition stärken.“ Beide Marken werden unter dem Dach von Vion Foodservice in Großostheim (Bayern) geführt.

Geti Wilba setzt auf Convenience: Gerade im Bereich Fleisch, egal ob Frischfleisch oder TK, sind die Verbraucher durch die diversen Lebensmittelskandale in der Vergangenheit verunsichert. Bei Geti Wilba, einem TK-Spezialisten für Hühnerfleisch, Wild und Fertiggerichte, stellt man inzwischen fest, dass die Endverbraucher zwar weniger, dafür aber besseres Fleisch verzehren. „Der Anspruch an die Qualität steigt. Dies gilt selbstverständlich auch für TK-Gerichte mit Fleisch“, so CEO Martin Thörner. Deshalb müssten dem Konsumenten qualitativ hochwertige Produkte angeboten werden, auf die er sich verlassen könne. Zur Sicherung der Rohstoffbasis unterhält Geti Wilba strategische Partnerschaften mit Unternehmen in Österreich, Ungarn und Polen, an denen man beteiligt ist. Der demografische Wandel (mehr Single-Haushalte und ein stetiges Wachsen der älteren Bevölkerung), so Thörner, sollte als Herausforderung angenommen werden.


Um den genannten Entwicklungen gerecht zu werden, setzt Geti Wilba v. a. auf Convenience. Aktuell führt das Unternehmen gerade ein auf diese Trends und Herausforderungen abgestimmtes TK-Wild-Convenience-Sortiment mit Produkten unterschiedlicher Convenience-Stufen im Handel ein: Wild-Komplettgerichte für die Pfanne, Wildbraten mit Sauce als Teilfertiggericht sowie eine Wildsuppe im Kochbeutel. Mit dem Kochbeutel hat das Unternehmen gute Erfahrungen gesammelt: Seinen stärksten Artikel, Hühnerfrikassee, bietet Geti Wilba ebenfalls in der Form an. Convenience-Kompetenz schöpft das Unternehmen auch aus seinem Großversorger-Engagement. Denn Geti Wilbas Geschäftsaktivitäten verteilen sich je zu etwa einem Drittel auf Industrie, LEH und den GV-Bereich.

Plukon betont deutsche Herkunft: Die seit 2012 zur Plukon Food Group gehörende Gebrüder Stolle GmbH zählt zu den großen Herstellern von TK-Geflügel in Deutschland. Das 70 bis 80 Artikel umfassende Kernsortiment besteht aus tiefgekühlten Convenience-Gerichten und Geflügelteilstücken. Angeboten werden schwerpunktmäßig Hähnchenschenkel, Hähnchenbrustfilets und Hähnchenflügel, die den Verbrauchern sowohl ungewürzt als auch gewürzt, vorgegart oder paniert zur Verfügung stehen. Stolle setzt jährlich rund 62.000 t TK-Ware ab, 2013 im Wert von 140 Mio. Euro.

Um sich von der Konkurrenz abzuheben und um der gestiegenen Erwartungshaltung der Verbraucher hinsichtlich Deklaration, Herkunft und Rückverfolgbarkeit nachzukommen, setzt Stolle auf ein Konzept, das die deutsche Herkunft betont: „Tiefgekühltes Geflügel zu 100 Prozent aus deutscher Aufzucht und Schlachtung“. Carsten Zwolski, Produktmanager bei Stolle: „Mit diesem Konzept beschreiten wir als einer der ersten Geflügelhersteller einen neuen, zukunftsorientierten Weg. Gehört die Herkunftsgarantie bei vielen Frischgeflügel-Produkten längst zum Standard, herrscht im TK-Bereich noch deutlicher Nachholbedarf. Deshalb sind wir diesen konsequenten Schritt gegangen und bieten vor dem Hintergrund der ab April 2015 geltenden Lebensmittelinformationsverordnung mit unserer Herkunftsgarantie den Verbrauchern Orientierung und Sicherheit beim Einkauf.“ Chicken Nuggets und Hähnchenbrustfilet-Teilstücke sind die ersten Produkte, die unter dem neuen Konzept vermarktet werden. Die Einführung weiterer Produkte ist in Vorbereitung.

Ökofrost stellt Tierwohl ins Zentrum: Transparenz und Tierwohl stellt Ökofrost in den Mittelpunkt seiner Strategie. Das Unternehmen generiert rund 10 Mio. Euro Jahresumsatz, etwa 1,3 Mio. Euro entfallen davon auf Fleisch-Artikel. Zum Sortiment zählen Hackfleisch von Rind, Lamm, Geflügel, Schwein, gemischtes Hack, Hähnchen-Geschnetzeltes, Hähnchen-Keulen, Hähnchenbrustfilets, Putenschnitzel, Hähnchen und Suppenhühner. Ökofrost ist nach eigener Aussage der einzige deutschlandweit liefernde Spezialgroßhändler für Bio-TK.

In der Warengruppe Fleisch führt das Unternehmen 13 Monoprodukte und 11 Convenience-Produkte, teils unter den hauseigenen Marken Bio Cool und Biopolar (17) und teils unter der Marke Ökoland. Für die Marke Biopolar hat Ökofrost in diesem Jahr eine Transparenz-Initiative gestartet. Diese steht unter dem Motto: „Das Ganze verstehen. Bio ist besser. Mit Licht und Schattenseiten.“ Bio sei zwar nicht perfekt, aber aus Sicht von Ökofrost derzeit die beste Alternative. Die Transparenz-Initiative soll dem Kunden beim Einkauf eine mündige Entscheidung erleichtern. Dazu soll Einblick in die Herstellungsprozesse gegeben werden. Beleuchtet werden Aspekte wie Tierwohl, Umwelt, Soziales und Transparenz. Umgesetzt ist das Ganze schon beim Biopolar-Lachs. Biopolar-Geflügel- sowie Hackfleischprodukte sind in Vorbereitung. Ziel ist es, die Ergebnisse im Januar 2015 auf den Verpackungen, im Web und in der Presse zu veröffentlichen.

Von den ca. 4,5 Mio. Packungen, die Ökofrost jährlich absetzt, sind rd. 350.000 Packungen Fleisch-Artikel bzw. Fleisch enthaltende Convenience-Produkte. Etwa 80 Prozent liefert das Unternehmen an den Bio-Fachhandel. Davon wiederum geht der größte Teil an die Bio-Supermarktketten in ganz Deutschland. Ökofrost stellt fest, dass seine Kunden bei TK-Gerichten generell mehr Wert auf Transparenz und Herkunftsnachweise legen, vor allem bei TK-Fleisch. Die Verbraucher würden bei Bio-Fleisch bzw. bei der Aufzucht von Tieren unter ökologischen Gesichtspunkten zunehmend kritischer.

Der Fachhandel und die Branche reagieren darauf und befassen sich eingehend mit Themen wie dem Töten männlicher Küken bei der Aufzucht von Legehennen für die Eierproduktion (Stichwort „Bruderhähnchen“) oder der Frage nach der geeigneten Rasse für Puten. Im Gegensatz zum konventionellen Bereich arbeite die Bio-Branche hier bereits seit einigen Jahren intensiv an Lösungen zur nachhaltigen Verbesserung des Tierwohls.

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